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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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rosarote Brille. Das sorgte Pat, weil kein Krieg gewonnen war, wenn entweder sie oder er sich ansteckten, fromme Gründe hin oder her.
    Karen schmollte trotz dieser Bedenken weiter. Er vermutete, dass sie genau wusste, wie vernünftig er argumentierte, es jedoch schlicht nicht a nerkennen wollte. Diese Welt war nichts für sie. Kein Gramm Eigennutz steckte in ihrem Leib. Eine Frau wie Karen war dazu geboren, sich hinzugeben und um die Bedürfnisse ihrer Nächsten zu kümmern. Wäre sie in einem anderen Umfeld aufgewachsen, hätte sie es wahrscheinlich ins Kloster geschafft.
    »Also was jetzt?« Sie zeigte sich nicht kompromissbereit. Falls sie beide überhaupt je die gleiche Meinung geteilt hatten, so war es damit unmissverständlich vorbei.
    »Wir behalten sie in diesem Zimmer und nirgends sonst«, gebot er, um mit gleicher Münze zurückzuzahlen, »und wenn du hineingehst, ziehst du eine von diesen an.« Er zeigte ihr eine Packung Mundschutze. »Sobald du wieder draußen bist, wäschst du dir hiermit die Hände.« Damit meinte er keimtötende Seife, die er in einem Plastikspender in der anderen Hand hielt.
    Karen nickte und zupfte ohne Widerspruch einen Mundschutz heraus. Nachdem sie ihn angelegt hatte, kehrte sie ins Zimmer zurück. Er tat es ihr gleich und folgte. Das Kind wartete bereits und lächelte, als es die beiden wiedersah. Es war schwierig, sich nicht von ihm vereinnahmen zu lassen. Es war ein äußerst liebenswertes Mädchen, und nachdem Karen sie saubergemacht hatte, konnte Pat seinen Blick kaum von ihr abwenden, so niedlich und arglos wirkte sie. Das mahagonifarbene Haar sowie die dunklen Schokoladenaugen, die ihn mit reiner Unschuld anblickten. Hätte Pat noch an Gott geglaubt, wäre sie ihm wie eine Art Wunder vorgekommen, ein Zeichen dafür, dass noch nicht alles verloren war.
    Genau dies hielt er für den wichtigsten Punkt: Karen hatte eindeutig noch nicht so weit gedacht, und Pat wollte dafür sorgen, dass sie gar nicht erst auf die Idee kam. Dieses kleine Mädchen war nicht nur die wunderliche Überlebende einer tödlichen Epidemie, sondern barg in mehrerlei Hinsicht Hoffnung für die Zukunft. In ihren Adern mochte die Lösung für diesen gigantischen Schlamassel fließen. Warum hatte sie überlebt? Aus welchem Grund hatte sich ihr Immunsystem nicht von dem Erreger austricksen lassen? Ihr Organismus war anders veranlagt, und daraus konnte der verbliebene Rest der Menschheit Mut schöpfen. In diesem Mädchen mochte das Heilmittel stecken, der Schlüssel zum Überleben einer Spezies. Auf der Grundlage ihres Blutes ließ sich wahrscheinlich ein Antivirus züchten.
    Gerade lief die Kleine durch das Zimmer, nahm Gegenstände in die Hand und stellte sie wieder ab. Sie hielt eine Flasche fest, an der sie alle paar Sekunden wie an einem Schnuller nuckelte, wobei sie kaum wirklich etwas von der Flüssigkeit darin aufsaugte.
    »Mirtis«, sagte sie und streckte einen Zeigefinger aus.
    Pat sah Karen an. Es war ihr erstes Wort, seit sie sie gefunden hatten.
    »Mirtis«, wiederholte sie. Trauer senkte sich über ihre dunklen Augen.

25
    Sie kehrten dem Haus an der Lisburn den Rücken. Lark wollte fort sein, wenn der unvermeidliche Schuss auf der Terrasse fiel. Es war allerdings Abend geworden, und im Dunkeln schien es nicht ratsam, Helden zu spielen. So suchte sich das ungleiche Paar einen leidlich sicheren Parkplatz auf halbem Weg in Richtung M1 in einer kürzlich eröffneten Unterführung. Sie wappneten sich gegen die Nacht, indem sie zu schlafen vorgaben, um so vielleicht das Morgenrot frühzeitig hervorzulocken.
    Beim tatsächlichen Sonnenaufgang glaubte Geri nicht, überhaupt geschlafen zu haben. Sie war zu hellhörig gewesen, selbst während sie die Augen geschlossen hatte. Zumindest vorübergehend musste sie aber weggetreten sein, da sie von sanftem Morgenlicht geträumt hatte, das Balsam für ihre steifen Glieder war.
    Der Traum unterschied sich von ihrem ersten. Sie war allein mit Lark, und der Landrover fuhr als Schiff durch ein Meer brennender Leiber. Die Tankstelle fiel ihr wieder ein, auch wie sie laut in Flammen aufgegangen war. Giftige, schwarze Dämpfe verdreckten wie schwarze Tinte die blaue Farbpalette des Himmels, während die Toten wie hypnotisiert auf sie zukamen. Der Traum ließ das alles von Neuem ablaufen, aber mehr steckte bestimmt nicht dahinter.
    »Bist du wach?«, fragte sie Lark, obwohl sie wusste, dass er es war. Sein Spiegelbild in der Windschutzscheibe entlarvte ihn, denn seine

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