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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Dunklen fällst, wird sie es sein, die dich betrauern muss.« Bei diesen Worten erbleichte Nadja ein wenig, doch Adrik zuckte mit keiner Wimper. Ich musste zugeben, dass er aus dem richtigen Holz geschnitzt war.
    Nadja biss sich unruhig auf die Unterlippe und sah nervös von mir zu Adrik.
    »Du willst ihn vielleicht nicht enttäuschen, aber du solltest dich fragen, wie es für dich wäre, ihn zu begraben«, sagte ich. Das war natürlich hart, aber ich wollte beiden bewusst machen, worum sie mich baten.
    Sie zögerte, dann drückte sie den Rücken durch. »Er soll kämpfen«, sagte sie. »Er soll bleiben. Wenn Ihr ihn fortschickt, steht er in einer Woche sowieso wieder vor dem Tor.«
    Ich seufzte und wandte mich an Adrik, der ein breites Grinsen aufgesetzt hatte. »Kein Wort zu den anderen Schülern«, sagte ich. »Ich will nicht, dass sie alle Flausen in den Kopf bekommen.« Ich stieß einen Finger in Nadjas Richtung. »Und du bist für ihn verantwortlich.«
    »Danke, moj Soverenij «, sagte Adrik und verneigte sich so tief, dass ich glaubte, er würde gleich umkippen.
    Schon war ich dabei, meine Entscheidung zu bereuen. »Bring ihn wieder in die Schule.«
    Ich sah ihnen nach, während sie auf den Hügel gingen, hinter dem sich der See verbarg, dann klopfte ich den Staub von meiner Kefta und begab mich in einen der kleineren Trainingsräume, wo ich Maljen im Kampf gegen Pawel entdeckte. Maljen hielt sich in letzter Zeit immer seltener im Kleinen Palast auf. Seit seiner Rückkehr aus Balakirew bekam er eine Einladung nach der anderen – zu Jagden, zu Festen, zum Forellenangeln, zum Kartenspielen. Alle Adeligen und Offiziere schienen darauf zu brennen, Maljen bei der nächsten Gelegenheit zu sich zu bitten.
    Manchmal war er nur einen Nachmittag fort, manchmal einige Tage. Das erinnerte mich an die Zeit in Keramzin. Damals hatte ich ihm nachgeschaut, wenn er losgeritten war, und danach täglich am Küchenfenster Ausschau nach ihm gehalten. Um ehrlich zu sein, fiel es mir leichter, die Tage ohne ihn zu verbringen. Wenn er sich im Kleinen Palast aufhielt, hatte ich Schuldgefühle, weil ich so wenig Zeit für ihn hatte, und ich fand es grässlich, wenn die Grischa ihn bewusst übersahen oder so herablassend zu ihm sprachen, als wäre er ein Lakai. Deshalb ermutigte ich ihn, die Einladungen anzunehmen, obwohl ich ihn sehr vermisste.
    Es ist besser so , redete ich mir ein. Maljen hatte viele Freunde und Bewunderer und als Fährtensucher eine große Zukunft gehabt, bevor er von der Fahne gegangen war, um mir zu helfen. Dass er vor Türen Wache hielt oder, während ich an einer der zahlreichen Sitzungen teilnahm, in düsteren Zimmerecken stand und pflichtbewusst meinen Schatten spielte, war eine Vergeudung seiner Begabungen.
    »Ich könnte ihm den ganzen Tag zuschauen«, sagte jemand hinter mir. Ich erstarrte. Es war Zoja. Sie schien nicht mal bei der schlimmsten Hitze zu schwitzen.
    »Stinkt er nicht mehr nach Keramzin?«, fragte ich und musste an ihre bösen Worte von damals denken.
    »Die unteren Schichten haben einen herrlich rauen Charme. Gibst du mir Bescheid, wenn du genug von ihm hast?«
    »Wie bitte?«
    »Oh – sehe ich das falsch? Ihr beiden scheint so … eng miteinander zu sein. Aber ich nehme an, du hast dir jetzt höhere Ziele gesteckt.«
    Ich fuhr zu ihr herum. »Was hast du hier zu schaffen, Zoja?«
    »Ich bin zum Training gekommen.«
    »Du weißt genau, was ich meine. Was hast du im Kleinen Palast zu schaffen?«
    »Ich bin eine Soldatin der Zweiten Armee. Ich gehöre an diesen Ort.«
    Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Höchste Zeit für offene Worte. »Du magst mich nicht, und das hast du mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit gezeigt. Also: Warum hast du dich mir angeschlossen?«
    »Hatte ich eine Wahl?«
    »Der Dunkle wäre glücklich, wenn er dich an seiner Seite wüsste.«
    »Soll ich etwa gehen?« Sie bemühte sich um ihren gewohnt hochnäsigen Tonfall, aber ich konnte ihre Angst spüren. Das freute mich im Stillen sehr, obwohl ich auch leise Skrupel hatte.
    »Ich möchte wissen, warum du unbedingt bleiben willst.«
    »Weil ich nicht in der Finsternis leben will«, sagte sie. »Weil du unsere größte Chance bist.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Zu billig.«
    Sie errötete. »Soll ich dich etwa anflehen?«
    Sollte sie? Ich hätte nichts dagegen gehabt. »Du bist eitel. Du bist ehrgeizig. Du hättest alles getan, um die Aufmerksamkeit des Dunklen zu bekommen. Was hat sich geändert?«
    »Was

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