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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Sorge. Es wird nicht wieder geschehen.«
    Seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Er knallte die Tür hinter sich zu.
    Ich stand da und starrte die geschlossene Tür an. Dann griff ich nach der beinernen Klinke.
    Das kannst du kitten , dachte ich. Das kannst du wieder einrenken . Aber ich stand nur wie versteinert da, während Maljens Worte in mir nachhallten. Ich schlug die Zähne in meine Unterlippe, um den Schluchzer zu unterdrücken, der meine Brust erbeben ließ. Gut so , dachte ich, während die Tränen über meine Wangen strömten. So merken die Diener nichts . Zwischen meinen Rippen flammte ein Schmerz auf, als würde ein harter, scharfer Splitter unter dem Brustbein sitzen und gegen mein Herz drücken.
    Ich hörte die Schritte des Dunklen nicht. Ich bemerkte ihn erst, als er neben mir stand. Mit seinen langen Fingern strich er mir die Haare aus dem Nacken und fasste dann nach dem Halsreif. Seine Lippen fühlten sich kalt an, als er mich auf die Wange küsste.

Am nächsten Morgen in aller Frühe entdeckte ich David auf dem Dach des Kleinen Palastes. Er installierte dort seine riesigen Spiegelschüsseln und hatte sich im Schatten einer Kuppel eine provisorische Werkstatt eingerichtet. Schon jetzt lagen überall glitzernder Abfall und verworfene Skizzen herum. Sie flatterten in der lauen Brise und ich sah Nikolajs gekritzelte Anmerkungen auf den Rändern.
    »Wie läuft es?«, fragte ich.
    »Besser«, antwortete er, ohne den Blick von einer der Schüsseln zu lösen. »Ich denke, die Krümmung stimmt. Wir können sie bald ausprobieren.«
    »Wann genau?« Wir erhielten immer noch widersprüchliche Berichte über den Aufenthaltsort des Dunklen. Und er würde sich erst in Marsch setzen, wenn seine Armee vollzählig war.
    »In einigen Wochen«, sagte David.
    »So lange noch?«
    »Du kannst sie auch übermorgen haben. Die Frage ist nur, ob sie dann richtig funktionieren«, knurrte er.
    »Ich muss wissen …«
    »Ich habe dir alles erzählt, was ich über Morozow weiß.«
    »Darum geht es nicht«, sagte ich. »Jedenfalls nicht direkt. Wenn … wenn ich den Halsreif abnehmen wollte – wie müsste ich das tun?«
    »Das geht nicht.«
    »Natürlich nicht sofort. Aber nachdem wir …«
    »Nein«, sagte David, ohne mich anzusehen. »Der Halsreif ist nicht wie andere Kräftemehrer. Man kann ihn nicht einfach abnehmen. Man müsste ihn zerbrechen, seine ganze Struktur zerstören. Und das hätte katastrophale Folgen.«
    »Wie katastrophal?«
    »Das ist schwer zu ermessen«, sagte er. »Aber ich bin mir sehr sicher, dass die Schattenflur danach im Vergleich wie ein Scherenschnitt wirken würde.«
    »Oh«, sagte ich leise. Dann würde es sich mit dem Schuppenarmband genauso verhalten. Die Veränderung, die mit mir vorging, war nicht aufzuhalten. Ich hatte gehofft, dass meine Visionen eine Nachwirkung des Nitschewo’ja -Bisses wären und sich mit fortschreitender Heilung abschwächen würden. Aber ich hatte mich wohl getäuscht. Und selbst wenn, wäre ich durch den Halsreif für immer mit dem Dunklen verbunden. Ich fragte mich erneut, warum er die Meeresgeißel nicht selbst getötet hatte, um mich noch enger an sich zu binden.
    David griff nach einem Tintenfässchen und spielte damit herum. Er sah elend aus. Nicht nur elend , dachte ich. Sondern auch schuldbewusst. Schließlich hatte er den Reif unabänderlich um meinen Hals geschlossen.
    Behutsam entwand ich ihm das Tintenfässchen. »Der Dunkle hätte jemand anderen gefunden, wenn du dich geweigert hättest.«
    Er zuckte halb mit den Schultern, halb nickte er. Ich stellte das Fässchen ganz hinten auf den Tisch, damit seine nervösen Finger nicht mehr herankamen, und wollte gehen.
    »Alina?«
    Ich drehte mich nach ihm um. Er war rot geworden. Die Strähnen seiner wirren Haare tanzten in der warmen Brise. Seine schreckliche Frisur schien sich langsam auszuwachsen.
    »Ich habe gehört … dass Genja an Bord des Schiffes war. Mit dem Dunklen.«
    Ich dachte plötzlich mitfühlend an Genja. David war also nicht vollkommen ahnungslos gewesen.
    »Stimmt«, sagte ich.
    »Geht es ihr gut?«, fragte er hoffnungsvoll.
    »Das weiß ich nicht genau«, gestand ich. »Zum Zeitpunkt unserer Flucht war sie wohlauf.« Aber wenn der Dunkle wusste, dass sie uns unbehelligt hatte fliehen lassen, konnte er ihr inzwischen alles Mögliche angetan haben. Ich zögerte. »Ich habe sie angefleht mitzukommen.«
    Er zog ein langes Gesicht. »Und sie ist geblieben?«
    »Sie glaubte wohl, keine andere

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