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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Ätheralki am Samowar gemeinsam Tee trinken sah und hörte, wie Fedjor beim Frühstück mit Pawel diskutierte oder wie Nadjas kleiner Bruder beim Frühstück ein Gespräch mit der älteren und eindeutig desinteressierten Paja anzuknüpfen versuchte. Aber ich hatte das Gefühl, alles aus weiter Entfernung mit anzusehen.
    Seit unserem Streit hatte ich mehrmals versucht, mit Maljen zu reden. Er fand immer eine Ausrede dafür, sich zu entfernen. Wenn er nicht jagte, spielte er Karten im Großen Palast oder becherte mit seinen neuen Freunden in einer Schenke in der Unterstadt. Ich wusste, dass er mehr trank als früher. An manchen Morgen hatte er trübe Augen, außerdem Schnitte und blaue Flecken, als hätte er sich geprügelt. Trotzdem war er stets pünktlich und immer höflich. Er schob weiter Wache, stand schweigend vor den Türen und folgte mir in ehrerbietigem Abstand über das Palastgelände.
    Im Kleinen Palast war es sehr einsam geworden. Ich war von Menschen umgeben, hatte jedoch das Gefühl, dass sie nicht mich sahen, sondern nur noch das, was sie von mir brauchten. Ich hatte Angst, wankelmütig oder zweifelnd zu wirken, und an manchen Tagen meinte ich, durch den ständigen Druck der Verantwortung und der Erwartungen zermalmt zu werden.
    Ich nahm an Sitzungen teil. Ich trainierte mit Botkin. Ich übte stundenlang am Seeufer, um den Schnitt besser handhaben zu können. Ich überwand sogar meinen Stolz und stattete Baghra einen zweiten Besuch ab. Vielleicht, so hoffte ich, würde sie mir wenigstens bei der Weiterentwicklung meiner Macht helfen. Doch sie wies mich ab.
    All das reichte nicht. Das Schiff, das Nikolaj am See bauen ließ, führte mir vor Augen, wie sinnlos unsere Bemühungen waren. Der Dunkle sammelte irgendwo seine Kräfte und baute seine Armee auf, und wenn er kam, würden ihn weder Geschütze noch Bomben, weder Soldaten noch Grischa aufhalten können. Nicht einmal ich. Wenn die Schlacht zu unseren Ungunsten verlief, würden wir uns in den Kuppelsaal zurückziehen und auf Verstärkung aus Poliznaja warten. Die Türen waren mit Grischa-Stahl verstärkt worden und die Fabrikatoren versiegelten Risse und Löcher, damit die Nitschewo’ja nicht eindringen konnten.
    Allerdings glaubte ich nicht, dass es überhaupt so weit kommen würde. Meine Versuche, den Feuervogel zu verorten, hatten einen toten Punkt erreicht. Und wenn David nicht dafür sorgen konnte, dass die Schüsseln funktionierten, hätten wir beim Marsch des Dunklen auf Rawka nur die Wahl, alles zu evakuieren. Zu fliehen und auf der Flucht zu bleiben.
    Der Gebrauch meiner Macht spendete mir nicht den üblichen Trost. Immer wenn ich in den Werkstätten der Materialki oder am See das Licht aufrief, empfand ich die Leere an meinem rechten Handgelenk wie einen Makel. Trotz meines Wissens über die Kräftemehrer, ihre zerstörerische Kraft und die dauerhafte Veränderung, die sie in mir bewirkten, wollte ich den Feuervogel unbedingt finden.
    Maljen hatte Recht – ich war wie besessen. Nachts im Bett stellte ich mir vor, dass der Dunkle das fehlende Stück von Morozows Puzzle längst gefunden hatte. Vielleicht hielt er den Feuervogel in einem Käfig aus Goldgespinst gefangen. Ob der Vogel ihm etwas vorsang? Konnte der Feuervogel überhaupt singen? Das war in manchen Märchen der Fall. Eines erzählte, wie er ganze Armeen in den Schlaf sang. Beim Klang seines Liedes hörten die Soldaten zu kämpfen auf, legten die Waffen ab und schlummerten selig in den Armen ihrer Gegner ein.
    Ich kannte alle Geschichten: Die Tränen des Feuervogels waren Diamanten, seine Federn konnten tödliche Wunden heilen, sein Flügelschlag sagte die Zukunft voraus. Ich hatte Volkskundebücher, Epen und alle Bauernmärchen studiert, um ein Muster oder einen Hinweis zu finden. Die Sagen von der Meeresgeißel spielten stets in den eisigen Gewässern der Knochenrinne, aber die Geschichten über den Feuervogel waren nicht nur in allen Teilen Rawkas, sondern auch im Ausland angesiedelt, und keine brachte das Geschöpf mit einem Heiligen in Zusammenhang.
    Noch schlimmer war, dass meine Halluzinationen immer klarer und regelmäßiger wurden. Fast täglich erschien mir der Dunkle, meist in seinen Gemächern oder in den Gängen der Bibliothek, aber manchmal auch während der Sitzungen im Raum des Kriegsrats oder gegen Abend auf meinem Rückweg vom Großen Palast.
    »Warum lässt du mich nicht in Ruhe?«, flüsterte ich eines Abends, als er hinter mir stand, während ich am Schreibtisch

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