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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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dich doch, oder?«
    Ich stöhnte leise. Maljen war bei Nikolajs Geburtstagsdiner, das am nächsten Abend stattfinden sollte, zum Dienst eingeteilt. Vielleicht konnte ich ihn durch Tolja oder Tamar ersetzen. Ich würde es nicht ertragen, wenn er den ganzen Abend mit versteinerter Miene Wache stand, vor allem dann nicht, wenn Wassili die ganze Zeit quasselte.
    »Nicht den Mut sinken lassen«, sagte Nikolaj. »Gut möglich, dass er dir noch einmal einen Antrag macht.«
    Ich richtete mich auf. »Du weißt davon?«
    »Ich habe es ja auch versucht, wie du weißt. Es überrascht mich nur, dass er es kein zweites Mal probiert hat.«
    »Ich bin nur selten allein anzutreffen.«
    »Ja«, sagte Nikolaj. »Warum begleite ich dich wohl sonst nach jeder Sitzung im Großen Palast zurück?«
    »Weil ich dich so blendend gut unterhalte?«, fragte ich mürrisch und ärgerte mich über die Enttäuschung, die mich bei seinen Worten erfüllte. Nikolaj war ein Meister darin, mich vergessen zu lassen, dass er alles aus Berechnung tat.
    »Unter anderem«, erwiderte er, zog einen Fuß aus dem Wasser und begutachtete seine Zehen. »Er wird es bei der nächsten Gelegenheit wieder versuchen.«
    Ich seufzte laut. »Wie gibt man einem Prinzen einen Korb?«
    »Das hast du schon einmal geschafft«, sagte Nikolaj, der immer noch seinen Fuß betrachtete. »Aber mal ehrlich – willst du tatsächlich ablehnen?«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Nikolaj verlagerte unbehaglich das Gewicht. »Nun ja, er ist Erster in der Thronfolge und von echtem Zarengeblüt und so weiter.«
    »Ich würde Wassili selbst dann nicht heiraten, wenn er einen zahmen Feuervogel namens Ludmilla besäße, und sein Geblüt ist mir schnurzpiepegal.« Ich warf ihm einen Blick zu. »Du hast doch gesagt, die Gerüchte über deine Herkunft seien dir gleich.«
    »Vielleicht war ich da nicht ganz ehrlich.«
    »Du? Nicht ganz ehrlich? Ich bin entsetzt, Nikolaj. Entsetzt und bestürzt.«
    Er lachte. »Das sagt sich leicht, wenn ich weit weg bin. Bei Hofe werde ich ständig daran erinnert, vor allem durch meinen Bruder.« Er zuckte mit den Schultern. »So war es immer. Man hat schon über mich getuschelt, da war ich noch gar nicht geboren. Darum nennt meine Mutter mich nie Sobatschka. Sie findet, dass es nach Promenadenmischung klingt.«
    »Ich mag Promenadenmischungen«, sagte ich. »Sie haben meist sehr süße Schlappohren.«
    »Meine Ohren sind ausgesprochen würdevoll.«
    Ich strich über eine glitschige Planke des Anlegers. »Warst du deshalb so lange fort und hast dich in Sturmhond verwandelt?«
    »Das hatte wohl mehrere Gründe. Ich hatte nie das Gefühl, hierherzugehören, und deshalb habe ich einen Ort gesucht, an dem ich mich heimisch fühlen konnte.«
    »Ich hatte auch immer das Gefühl, überall fehl am Platz zu sein«, gestand ich. Außer mit Maljen . Ich verdrängte diesen Gedanken. Dann runzelte ich die Stirn. »Weißt du, was ich an dir hasse?«
    Er blinzelte erschrocken. »Nein.«
    »Dass du immer die richtigen Worte findest.«
    »Und das hasst du?«
    »Ich habe miterlebt, wie du deine Identität änderst, Nikolaj. Du spielst immer die Rolle, die gerade erforderlich ist. Kann sein, dass du wirklich das Gefühl hast, nirgendwo heimisch zu sein, aber vielleicht sagst du das auch nur, damit du von einem armen, einsamen Waisenkind gemocht wirst.«
    »Du magst mich also?«
    Ich verdrehte die Augen. »Ja, wenn ich ausnahmsweise einmal nicht den Wunsch habe, dich zu erdolchen.«
    »Immerhin etwas.«
    »Nein. Gar nichts.«
    Er drehte sich zu mir um. Im Dämmerlicht glänzten seine Augen wie Bernstein.
    »Ich bin ein Freibeuter, Alina«, sagte er leise. »Ich nehme mir, was ich bekommen kann.«
    Er schmiegte seinen Oberarm gegen meine Schulter und ich spürte plötzlich den Druck seines Oberschenkels. Die Luft war warm und duftete nach Sommer und Feuerrauch.
    »Ich möchte dich küssen«, sagte er.
    »Du hast mich schon geküsst«, erwiderte ich mit einem nervösen Lachen.
    Seine Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. »Ich möchte dich noch einmal küssen«, fügte er hinzu.
    »Oh«, hauchte ich. Sein Mund war dicht an meinem. Mein Herz raste panisch. Typisch Nikolaj , rief ich mir in Erinnerung. Reine Berechnung . Ich wollte eigentlich nicht von ihm geküsst werden. Aber Maljens Zurückweisung hatte mich gekränkt. Und hatte er nicht behauptet, viele Frauen geküsst zu haben?
    »Ich möchte dich küssen«, wiederholte Nikolaj. »Aber ich werde es nicht tun. Nicht, solange du

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