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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Grischa-Schülern statt oder er drillte sie bis zum Umfallen. Nun war die Scheune voller Menschen, die meisten davon Soldaten, aber ich sah auch einige Grischa und sogar ein paar Diener. Alle brüllten anfeuernd, drängelten und sprangen auf, um einen besseren Blick auf das zu bekommen, was sich in der Mitte des Raumes abspielte.
    Tamar und ich schlängelten uns unbemerkt durch die dicht gedrängte Menge. Ich erblickte zwei Fährtensucher des Zaren, mehrere Angehörige von Nikolajs Regiment, eine Schar von Korporalki und auch Zoja, die wie alle anderen schrie und klatschte.
    Ich hatte es fast durch die Menge geschafft, als ich einen Stürmer erblickte, der mit erhobenen Fäusten und nackter Brust durch den Ring pirschte, den die Zuschauer bildeten. Eskil hieß er, fiel mir ein – ein Grischa, der mit Fedjor durch die Lande gezogen war. Man sah ihm an, dass er ein Fjerdan war: Er hatte blaue Augen und weißblondes Haar, und er war so groß und breitschultrig, dass er mir die Sicht fast vollständig versperrte.
    Noch ist es nicht zu spät , dachte ich. Noch kannst du abhauen und so tun, als wärst du niemals hier gewesen.
    Doch ich blieb wie gebannt stehen. Mir war klar geworden, was ich gleich sehen würde. Trotzdem war es ein Schock, als Eskil zur Seite glitt und den Blick auf Maljen freigab. Auch er war nackt bis zur Taille, sein Oberkörper verschwitzt und dreckig, seine Fingerknöchel waren aufgeschlagen. Das aus einem Schnitt unter dem Auge sickernde Blut schien er nicht zu bemerken.
    Der Stürmer griff an. Maljen wehrte den ersten Schlag ab, aber der zweite traf ihn in die Nieren. Er brummte unwillig, ließ den Ellbogen absacken und zielte dann mit einem Schwinger auf das Kinn des Stürmers.
    Eskil wich zurück und schwang einen Arm im weiten Bogen durch die Luft. Mir dämmerte erschrocken, dass er seine Macht aufrief. Ein Windstoß zerzauste meine Haare und im nächsten Moment wurde Maljen vom Ätheralki-Wind von den Füßen gerissen. Eskil warf den anderen Arm aus und Maljen sauste in die Höhe und knallte gegen das Scheunendach. Dort hing er einen Augenblick, durch die Macht des Grischa gegen die Holzbalken gedrückt. Dann ließ Eskil ihn fallen. Maljen knallte mit einem Geräusch auf den Boden, als würden alle Knochen brechen.
    Ich schrie auf, aber mein Ruf ging im Gebrüll der Menge unter. Ein Korporalnik feuerte Eskil an, ein anderer schrie, Maljen solle sich aufrappeln.
    Ich wollte mich nach vorn durchdrängeln und war schon dabei, das Licht in meinen Händen aufflammen zu lassen, als Tamar mich beim Ärmel packte.
    »Er will deine Hilfe nicht«, sagte sie.
    »Mir doch egal«, schrie ich. »Das ist kein fairer Kampf. Das ist verboten!« Die Grischa durften in den Übungsräumen ihre Macht nicht anwenden.
    »Nach Einbruch der Dunkelheit gelten Botkins Regeln nicht mehr. Und Maljen übt nicht, sondern steckt mitten in einem Kampf.«
    Ich riss mich los. Besser ein zorniger als ein toter Maljen.
    Maljen, der auf Händen und Knien hockte, versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Mich wunderte, dass er sich nach der Attacke des Stürmers überhaupt noch rühren konnte. Eskil hob abermals die Hände. Ein Luftzug ließ Staub durch die Luft wirbeln und ich rief etwas Licht auf, egal, was Tamar oder Maljen davon halten mochten. Aber Maljen wich der Windhose mit einer Rolle zur Seite aus und stemmte sich verblüffend schnell hoch.
    Eskil zog eine Grimasse und sah sich prüfend um. Ich ahnte, was er erwog. Aber wenn er seine ganze Macht eingesetzt hätte, wären wir alle umgeworfen worden und vielleicht wäre sogar ein Teil der Ställe eingestürzt. Ich wartete ab, hielt das Licht in Bereitschaft, ohne zu wissen, was ich bloß tun sollte.
    Maljen atmete schwer. Er stand gebückt da, die Hände auf den Oberschenkeln. Er musste sich mindestens eine Rippe gebrochen haben und konnte von Glück reden, dass sein Rückgrat noch heil war. Mir wäre es am liebsten gewesen, wenn er endgültig zu Boden gegangen wäre, aber er zwang sich, den Rücken durchzudrücken, wobei er schmerzerfüllt zischte. Er ließ die Schultern kreisen, fluchte, spuckte Blut aus. Dann ballte er zu meinem Entsetzen wieder die Fäuste und forderte den Stürmer mit einer Geste auf, den Kampf fortzusetzen. Die Menge johlte.
    »Was tut er da?«, stöhnte ich. »Der Kerl wird ihn noch umbringen.«
    »Keine Sorge«, sagte Tamar. »Er hat schon Schlimmeres einstecken müssen.«
    »Was?«
    »Er kämpft hier fast jede Nacht, vorausgesetzt, er ist nüchtern

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