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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Dann wich das Lächeln einem befremdlichen Ausdruck, in dem etwas wie Sehnsucht zu liegen schien.
    Â»Gnade.« Aus seinem Mund klang das Wort, als hätte er es noch nie ausgesprochen. »Ich könnte gnädig sein.« Er nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich sanft und ich ließ ihn gewähren, obwohl sich alles in mir dagegen sträubte. Ich hasste ihn. Ich fürchtete ihn. Trotzdem spürte ich den verwirrenden Reiz seiner Macht und konnte nicht verhindern, dass mein verräterisches Herz verlangend pochte.
    Er trat zurück und betrachtete mich. Dann rief er Iwan, ohne den Blick von mir zu lösen.
    Â»Führ sie zum Zellentrakt«, befahl der Dunkle, als Iwan im Zelteingang erschien. »Sie soll ihren Fährtenleser sehen.«
    In meinem Herzen leuchtete ein Hoffnungsschimmer auf.
    Â»Ja, Alina«, sagte er, indem er meine Wange streichelte. »Ich kann Gnade zeigen.« Er zog mich an sich und hauchte, die Lippen dicht an meinem Ohr: »Morgen treten wir die Reise durch die Schattenflur an.« Seine Stimme klang wie eine Liebkosung. »Dort werfe ich deinen Freund den Volkra zum Fraß vor und du wirst Zeugin seines Todes sein.«
    Â»Nein!«, schrie ich und wand mich vor Entsetzen. Ich wollte mich losreißen, aber er hielt mich mit eisernem Griff und seine Fingerspitzen schienen sich in meinen Schädel zu bohren. »Ihr habt gesagt …«
    Â»Heute Abend darfst du Lebewohl sagen. Mehr Gnade haben Verräter nicht verdient.«
    Da brach sich etwas in mir Bahn. Ich sprang ihn an, schlug auf ihn ein, brüllte ihm meinen Hass ins Gesicht. Iwan war sofort zur Stelle und ergriff mich, doch ich schlug und strampelte weiter.
    Â»Mörder!«, brüllte ich. »Ungeheuer!«
    Â»Wenn du meinst.«
    Â»Ich hasse Euch«, fauchte ich.
    Er zuckte mit den Schultern. »Du wirst des Hasses früh genug überdrüssig werden. Bald wird dir alles Überdruss bereiten.« Dann lächelte er und ich sah in seinen Augen den gleichen tiefen und ausdruckslosen Abgrund, der in Baghras uraltem Blick gelegen hatte. »Du wirst den Reif für den Rest deines sehr, sehr langen Lebens tragen, Alina. Du kannst gern gegen mich kämpfen, bis dir die Luft ausgeht. Aber du wirst merken, dass ich weit mehr Erfahrung mit der Ewigkeit habe als du.«
    Er winkte mich verächtlich weg und Iwan zerrte mich aus dem Zelt. Ich wehrte mich weiter gegen seinen Griff und ein Schluchzen entrang sich meiner Kehle. Die Tränen, die ich während des Gesprächs mit dem Dunklen mit großer Mühe zurückgehalten hatte, strömten nur so über meine Wangen.
    Â»Schluss damit!«, flüsterte Iwan wütend. »Sonst sieht es noch jemand.«
    Â»Das ist mir egal.«
    Der Dunkle würde Maljen sowieso töten. Was tat es da zur Sache, wenn jemand Zeuge meines Elends wurde? Die Grausamkeit des Dunklen und Maljens nahender Tod – all das stand mir jetzt unverhüllt vor Augen und ich erkannte das ganze schreckliche Ausmaß dessen, was auf mich zukam.
    Iwan wuchtete mich in mein Zelt und rüttelte mich. »Willst du zum Fährtenleser oder nicht? Ich werde das Lager auf keinen Fall mit einer Heulsuse durchqueren.«
    Ich drückte die Hände gegen meine Augen und versuchte mein Schluchzen zu unterdrücken.
    Â»Schon besser«, sagte er. »Zieh das hier an.« Er warf mir einen langen braunen Umhang zu, den ich über meine Kefta zog. Dann zerrte er die weite Kapuze über meinen Kopf. »Halte den Kopf gesenkt und sei still, denn sonst schaffe ich dich wieder in dein Zelt. Dann kannst du auf der Schattenflur Lebewohl sagen, das schwöre ich! Hast du verstanden?«
    Ich nickte.
    Wir nahmen einen dunklen Pfad, der in einigem Abstand um das Lager führte. Die Wachen gingen weit vor und weit hinter uns. Offenbar wollte Iwan nicht, dass mich jemand erkannte und Wind von meinem Besuch im Kerker bekam.
    Auf dem Weg an den Hütten und Zelten vorbei spürte ich, dass das Lager von einer seltsamen Spannung erfüllt war. Die Soldaten, denen wir begegneten, wirkten schreckhaft und manche starrten Iwan unverhohlen feindselig an. Ich fragte mich, was man in der Ersten Armee über den plötzlichen Aufstieg des Asketen dachte.
    Der Kerker befand sich auf der gegenüberliegenden Seite des Lagers in einem älteren Gebäude, das offensichtlich lange vor den Kasernen errichtet worden war. Der Eingang wurde von

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