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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Macht der Grischa funktioniert anders.«
    Â»Und wie?«
    Â»Die Anwendung unserer Macht gibt uns Kraft. Sie zehrt uns nicht auf, sondern sie nährt uns. Die meisten Grischa leben sehr lange.«
    Â»Aber keine einhundertzwanzig Jahre.«
    Â»Nein«, gab er zu. »Die Lebensspanne eines Grischa steht im Verhältnis zu seiner oder ihrer Macht. Je größer die Macht, desto länger das Leben. Und wenn diese Macht vermehrt wird …« Er verstummte mit einem Schulterzucken.
    Â»Ihr seid ein lebendiger Kräftemehrer. Wie Iwans Bär.«
    Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Wie Iwans Bär.«
    Mir kam ein unguter Gedanke. »Aber das bedeutet auch …«
    Â»Dass meine Knochen oder einige meiner Zähne jedem Grischa sehr große Macht verleihen würden.«
    Â»Wie unheimlich. Beunruhigt Euch das nicht?«
    Â»Nein«, antwortete er knapp. »Und nun beantwortest du meine Frage. Welche Geschichten kennst du über mich?«
    Ich rutschte unbehaglich hin und her. »Tja … unsere Lehrer haben uns berichtet, dass Ihr die Zweite Armee mit Grischa verstärkt habt, die Ihr von außerhalb Rawkas herbeirufen musstet.«
    Â»Ich musste sie nicht herbeirufen. Sie sind freiwillig zu mir gekommen. In anderen Ländern begegnet man den Grischa nicht mit so viel Ehre«, sagte er grimmig. »Die Fjerdan verbrennen uns als Hexer und die Kerch verkaufen uns als Sklaven. Die Shu-Han schneiden uns auf, um die Quelle unserer Macht zu ergründen. Was wurde noch erzählt?«
    Â»Angeblich seid Ihr der stärkste Dunkle seit Generationen.«
    Â»Ich habe dich nicht gebeten, mir zu schmeicheln.«
    Ich zupfte an einem losen Faden am Ärmelaufschlag meiner Kefta. Er betrachtete mich abwartend.
    Â»Außerdem«, sagte ich, »gab es da einen alten Leibeigenen, der auf dem Anwesen gearbeitet hat …«
    Â»Sprich weiter«, sagte er.
    Â»Er … er behauptete, dass Dunkle bei der Geburt keine Seele haben. Dass die Schattenflur von etwas wahrhaft Bösem geschaffen wurde.« Aus dem Augenwinkel sah ich seine kalte Miene und fügte rasch hinzu: »Aber Ana Kuja hat ihn vor die Tür gesetzt und zu uns gesagt, all das sei nur der Aberglaube von Bauern.«
    Der Dunkle seufzte. »Dieser Leibeigene ist sicher nicht der Einzige, der das glaubt.«
    Ich schwieg. Nicht alle dachten wie Ewa oder dieser alte Leibeigene. Ich hatte allerdings lange genug in der Ersten Armee gedient, um zu wissen, dass die meisten gemeinen Soldaten den Grischa nicht trauten und sich dem Dunklen nicht verpflichtet fühlten.
    Nach einer Weile sagte der Dunkle: »Mein Urururgroßvater, der Schwarze Ketzer, war jener Dunkle, der die Schattenflur erschaffen hat. Das war ein Fehler. Ein Experiment, das seiner Gier, vielleicht auch seiner Bösartigkeit zu verdanken war. Schwer zu sagen, woran es lag. Seither hat jeder Dunkle versucht, den Schaden zu beheben, der unserem Land damals zugefügt wurde. Ich bin da keine Ausnahme.« Er sah mich voller Ernst an. Der Feuerschein tanzte über seine makellosen Züge. »Mein ganzes Leben schon suche ich nach einer Möglichkeit, den Schaden wiedergutzumachen. Du bist seit sehr langer Zeit mein erster Hoffnungsschimmer.«
    Â»Ich?«
    Â»Die Welt ist im Wandel begriffen, Alina. Musketen und Gewehre sind nur der Anfang. Ich habe die Waffen gesehen, die in Kerch und Fjerda entwickelt werden. Das Zeitalter, in dem die Macht der Grischa alles beherrschte, neigt sich dem Ende entgegen.«
    Das war ein schrecklicher Gedanke. »Aber … aber was ist mit der Ersten Armee? Sie ist mit Gewehren ausgerüstet. Mit allen möglichen Waffen.«
    Â»Und woher stammen die Gewehre? Oder die Munition? Bei jeder Durchquerung der Schattenflur erleiden wir Verluste. Ein geteiltes Rawka wird dem neuen Zeitalter nicht standhalten. Wir brauchen unsere Häfen. Wir brauchen unsere Werften. Und nur du kannst sie uns zurückgeben.«
    Â»Wie denn?«, fragte ich flehentlich. »Wie soll ich das machen?«
    Â»Indem du mir hilfst, die Schattenflur zu zerstören.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ihr seid verrückt. Diese ganze Sache ist verrückt.«
    Ich sah durch die zerbrochenen Dachsparren der Scheune zum Nachthimmel auf. Er war von Sternen übersät, aber ich nahm nur die endlos weite Dunkelheit dazwischen wahr. Ich stellte mir vor, in der Totenstille der Schattenflur zu stehen, nichts

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