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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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aus dem Saal hinausgehen, als sich die Flügeltür hinter dem Tisch des Dunklen auftat. Ich wich rasch in den Schatten zurück. Der Dunkle sollte nicht erfahren, dass ich mich so früh vom Fest entfernt hatte, und außerdem wollte ich ihm nicht schon wieder über den Weg laufen. Doch es war nur ein Soldatentrupp, der den Kleinen Palast verlassen wollte. Waren das die Männer, die gekommen waren, um Bericht über den Aufenthaltsort des Hirsches zu erstatten? Als der Schein einer Lampe auf den letzten Soldaten des Trupps fiel, stockte mein Herzschlag.
    Â»Maljen!«
    Er drehte sich um und ich dachte, ich würde vor Glück über den Anblick seines vertrauten Gesichts dahinschmelzen. Ich bemerkte zwar nebenbei, dass er eine grimmige Miene zog, verlor mich aber in einem Freudenrausch. Ich lief durch den Saal und umarmte ihn so wild, dass ich ihn beinahe von den Beinen geworfen hätte. Er richtete sich auf und zog meine Arme von seinem Hals, wobei er einen Blick auf die anderen Soldaten warf, die stehen geblieben waren und uns anstarrten. Es war ihm sicher peinlich, aber das kümmerte mich nicht. Ich hüpfte auf und ab, tanzte regelrecht vor Glück.
    Â»Geht schon vor«, sagte Maljen zu den anderen. »Ich komme gleich.«
    Ein paar Männer zogen die Augenbrauen hoch, aber dann verschwand der Trupp durch den Haupteingang und ließ uns allein.
    Ich wollte etwas sagen, wusste aber nicht, wo ich anfangen sollte. Also sprach ich aus, was mir als Erstes einfiel: »Was tust du hier?«
    Â»Wenn ich das wüsste«, antwortete Maljen überraschend müde. »Ich musste deinem Herrn Bericht erstatten.«
    Â»Meinem … was?« Dann begriff ich plötzlich und musste breit grinsen. »Du bist derjenige, der Morozows Herde gefunden hat! Ich hätte es wissen müssen.«
    Seine Miene blieb ernst und er sagte mit abgewandtem Blick: »Ich muss los.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. Meine Freude verflog. Ich hatte mich doch nicht getäuscht. Maljen hatte mit mir abgeschlossen. All die Wut und all die Scham, die mich während der letzten Monate erfüllt hatten, schlugen wie eine Welle über mir zusammen. »Entschuldige«, sagte ich unterkühlt. »Mir war nicht bewusst, dass ich deine Zeit über Gebühr beanspruche.«
    Â»Das habe ich nicht gesagt.«
    Â»Nein, nein. Ich verstehe schon. Du hattest keine Lust, meine Briefe zu beantworten. Warum solltest du mit mir reden, wenn draußen deine wahren Freunde auf dich warten?«
    Er runzelte die Stirn. »Ich habe keine Briefe erhalten.«
    Â»Ach ja?«, sagte ich zornig.
    Er seufzte und fuhr sich über das Gesicht. »Wir sind ständig in Bewegung, um die Herde zu verfolgen. Meine Einheit hat so gut wie keinen Kontakt zum Regiment mehr.«
    Er klang unendlich müde. Ich betrachtete ihn zum ersten Mal genauer und bemerkte, wie stark er sich verändert hatte. Er hatte Schatten unter den blauen Augen. Eine gezackte Narbe zog sich über sein stoppeliges Kinn. Er war immer noch Maljen, aber er wirkte nicht nur härter, sondern auch kälter und fremd.
    Â»Dann hast du keinen meiner Briefe bekommen?«
    Er schüttelte den Kopf. Seine Miene blieb teilnahmslos.
    Was sollte ich davon halten? Maljen hatte mich nie angelogen, und obwohl ich wütend war, glaubte ich nicht, dass er mich jetzt belog.
    Â»Maljen, ich … Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben?« Ich merkte, dass ich flehend klang. Das war schrecklich, aber der Gedanke, dass er wieder abreiste, war noch schrecklicher. »Du ahnst ja nicht, was hier los war.«
    Er lachte rau und bellend. »Das brauche ich nicht zu ahnen. Ich habe deine Vorstellung im Ballsaal miterlebt. Ziemlich beeindruckend.«
    Â»Du hast mich gesehen?«
    Â»Oh ja«, erwiderte er harsch. »Ist dir klar, wie sehr ich mich um dich gesorgt habe? Niemand wusste, was mit dir passiert war, ob man dir etwas angetan hatte. Und ich konnte dich nicht erreichen. Es wurde gemunkelt, sie würden dich foltern. Als der Hauptmann Freiwillige suchte, die dem Dunklen Bericht erstatteten, habe ich mich gemeldet und wie ein Idiot auf den Weg hierher gemacht, in der vagen Hoffnung, dich hier zu finden.«
    Â»Wirklich?« Das konnte ich kaum glauben, so sehr hatte ich mich schon an den Gedanken gewöhnt, dass ich ihm nichts mehr bedeutete.
    Â»Ja«, zischte er. »Und da bist du, gesund und munter und sicher wie in Mutters Schoß

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