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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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wollen."
    "Allerdings.
Worüber wollten Sie sonst noch mit mir reden?" Wright ging zu dem Tisch,
griff nach einem Notizblock und
    blickte
darauf, als wäre ihm entfallen, was er daraufgeschrieben hatte. "Waren Sie
je bei einem Psychiater?", fragte er.
    "Nein."
    "Bei
einem Psychologen?"
    "Nein."
    "Bei
irgendeinem Therapeuten?"
    "Ja."
    "Genauer."
    "Es
war nichts."
    "Dann
reden wir eben über nichts. Was war los?"
      
Kyle lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Es
bestand wenig Zweifel daran, dass Wright das meiste von dem, was er jetzt
erzählen würde, bereits wusste. Er wusste viel zu viel. "Nach dem Vorfall
mit Elaine - und nachdem die Polizei die Akte geschlossen hatte - habe ich mit
jemandem von der studentischen Gesundheitsberatung gesprochen. Man verwies mich
an einen Dr. Thorp, einen Spezialisten für Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Er
hat Klartext geredet, mein Innerstes nach außen gekehrt und mich gezwungen, mir
genau anzuschauen, was da zutage trat. Er hat mich davon überzeugt, dass es mit
dem Trinken immer schlimmer werden würde."
    "Waren
Sie Alkoholiker?"
     "Nach
Dr. Thorps Ansicht nicht. Ich hab's genauso gesehen. Aber ich habe zu viel
getrunken, besonders am Wochenende. Marihuana geraucht habe ich nur
selten."
    "Sind
Sie immer noch trocken?"
    "Ich
trinke keinen Alkohol mehr. Ich bin vernünftig geworden, habe mir andere
Mitbewohner gesucht und bin seitdem nie mehr in Versuchung geraten, wieder zu
trinken. Die Kater am nächsten Morgen vermisse ich nicht."
    "Nicht
mal hin und wieder ein Bier?"
    "Nein.
Ich denke gar nicht mehr daran."
    Wrights
Nicken wirkte zufrieden. "Was ist mit dem Mäd-
    chen?",
fragte er.
    "Was
soll mit ihr sein?"
    "Wie
eng ist die Beziehung?"
    "Ich
wüsste nicht, dass Sie das was angeht. Helfen Sie mir auf die Sprünge?"
    "Ihr
Leben wird auch ohne Romanze kompliziert genug sein. Eine ernste Beziehung
könnte Probleme mit sich bringen. Am besten stellen Sie so was für ein paar
Jahre zurück."
     
Kyle lachte ungläubig und zugleich verärgert. Dann schüttelte er den Kopf und
versuchte, eine passende Antwort zu formulieren, doch ihm fiel nichts ein.
Traurig machte er sich klar, dass sein Peiniger Recht hatte. Seine Beziehung zu
Olivia würde sowieso schnell in einer Sackgasse enden. "Noch was?", fragte
er. "Darf ich ein paar Freunde haben? Hin und wieder meine Eltern
besuchen?"
    "Dafür
wird keine Zeit bleiben."
     
Kyle wandte sich abrupt zur Tür, riss sie auf und knallte sie hinter sich zu.
     
    Kapitel
8
          
Im Erdgeschoss der Yale Law School gibt es eine Cafeteria für die Studenten,
und an den Wänden davor finden sich Anschläge, auf denen Praktika und sogar
Stellen für gemeinnützige juristische Tätigkeiten angeboten werden. Die
Studenten werden ermutigt, ein paar Jahre damit zu verbringen, sich sozial zu engagieren
- für geschlagene Frauen, vernachlässigte Kinder, Todeszelleninsassen,
Einwanderer, weggelaufene Teenager, mittellose Angeklagte, Obdachlose,
Asylbewerber, haitianische Bootsflüchtlinge, Amerikaner in ausländischen
Gefängnissen, Ausländer in amerikanischen Gefängnissen, die freie
Meinungsäußerung, unschuldig Verurteilte, Nafürschutz- und Umweltprojekte. Und
so weiter und so fort.
     
Der Glaube an den Dienst an der Öffentlichkeit ist an der Yale Law School tief
verwurzelt. Bei der Vergabe von Studienplätzen ist es häufig von entscheidender
Bedeutung, ob der Bewerber sich sozial engagiert hat und ob er in der Lage ist,
schriftlich überzeugend darzulegen, wie er seinen Abschluss an der juristischen
Fakultät im Sinne des Gemeinwohls nutzen will. Im ersten Studienjahr werden die
Studenten geradezu bombardiert mit Ermahnungen, wie wichtig juristische
Tätigkeiten im öffentlichen Interesse seien, und man erwartet, dass sie sich so
schnell wie möglich engagieren.
     
Und die meisten tun es. Ungefähr achtzig Prozent aller Studienanfänger
behaupten, Jura zu studieren, weil sie das Bedürfnis empfänden, anderen zu
helfen. Irgendwann aber, gewöhnlich in der Mitte des zweiten Jahres an der
Universität, beginnen sich die Dinge zu ändern. Mitarbeiter aus den Personalbüros
großer Kanzleien tauchen auf dem Campus auf, um frühzeitig infrage kommende
Kandidaten auszuwählen. Sie bieten gut bezahlte Praktika für die Semesterferien
an, was für die Studenten die Aussicht auf zehn unterhaltsame Wochen in New
York, Washington und San Francisco bietet. Diese Leute halten den Schlüssel für
künftige Karrieren in

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