Grisham, John
einem Laptop kommt man
da nicht rein."
Nigel sprang auf die andere Seite des Stativs. "Im siebzehnten Stock des
Gebäudes gibt es einen extrem gesicherten Geheimraum. Dort stehen ein paar
Desktop-Computer, richtig schicke Maschinen, und genau dort finden Sie Sonic.
Die Zugangscodes werden jede Woche geändert, die Passwörter jeden Tag, manchmal
sogar zweimal am Tag. Sie müssen die richtigen Zugangsdaten haben, um sich
einloggen zu können, und wenn Ihre Anmeldung nicht bis aufs i-Tüpfelchen
stimmt, werden Sie gemeldet und unter Umständen hochkant hinausgeworfen."
"0
bitte, werft: mich raus", hätte Kyle fast gesagt.
"Sonic
ist vermutlich eine abgeänderte Version von Barrister, daher müssen Sie sich in
Barrister einarbeiten, sobald Sie die Gelegenheit dazu bekommen."
Ich
kann es kaum erwarten, dachte Kyle.
Trotz des Schocks und der Tatsache, dass er hundemüde war, wurde ihm langsam
klar, dass er dabei war, eine Grenze zu überschreiten, auf eine Art und Weise,
mit der er nicht gerechnet hatte. Sein Alptraum war gewesen, die Kanzlei von
Scully & Pershing mit Firmengeheimnissen zu verlassen, die er nicht hätte
haben dürfen, und sie wie Judas für dreißig Silberlinge an Bennie Wright zu
liefern. Jetzt allerdings bekam er von einer externen Quelle Firmengeheimnisse
mitgeteilt. Kyle hatte noch nichts gestohlen, doch über Sonic und den
Geheimraum im siebzehnten Stock hätte er nichts wissen dürfen. Das machte ihn
nicht zum Verbrecher, und mit etwas gutem Willen war darin auch kein Verstoß
gegen die Standesregeln zu sehen, doch für ihn war es eindeutig falsch.
"Das
reicht fürs Erste", sagte Bennie Wright. "Sie sehen müde aus.
Schlafen Sie ein bisschen."
"Oh,
vielen Dank."
Als Kyle wieder auf der Seventh Avenue war, warf er einen Blick auf seine Uhr.
Fast Mitternacht.
Kapitel
21
Um fünf Uhr morgens klingelte, was inzwischen zur Gewohnheit geworden war, der
Wecker mit voller Lautstärke, und Kyle schlug zweimal darauf, um ihn zum
Schweigen zu bringen. Er duschte und rasierte sich schnell, und fünfzehn
Minuten später hatte er in einem eleganten Anzug mit teurer Krawatte seine
Wohnung verlassen, denn bei seinem Gehalt konnte er sich schicke Kleidung
natürlich leisten. Aus seinem Leben war innerhalb kurzer Zeit ein aufreibender,
ermüdender Schlamassel geworden, doch er war fest entschlossen, gut auszusehen,
wenn er völlig erschöpft durch den Tag taumelte. In seinem Lieblingsdeli, das
rund um die Uhr geöffnet hatte, kaufte er sich einen Kaffee, einen Bagel und
eine Times, dann nahm er an der Ecke Twenty-fourth und Seventh ein Taxi. Zehn
Minuten später hatte er gefrühstückt, die Zeitung überflogen und die Hälfte des
Kaffees hinuntergekippt. Pünktlich um sechs Uhr ging er durch den in der Broad
Street gelegenen Eingang seines Arbeitgebers. Trotz der frühen Stunde war er
nie allein, wenn er den Fahrstuhl betrat. In der Regel führen zwei oder drei
andere Anwälte mit hängenden Augenlidern und eingefallenen Gesichtern mit, alle
übernächtigt, alle bemüht, Blickkontakt zu vermeiden, während der Fahrstuhl
leise brummend nach oben rauschte und sich jeder ein paar Fragen stellte.
Was
in aller Welt hat mich geritten, Jura zu studieren?
Wie lange werde ich noch durch diesen Fleischwolf gedreht?
Was für ein Idiot hat sich diese Art der Berufsausübung für Anwälte ausgedacht?
Nur selten wurde ein Wort gewechselt, denn es gab nichts zu sagen. Sie
meditierten lieber und bemühten sich darum, die Dinge im richtigen Verhältnis
zu sehen, wie Gefangene auf dem Weg zum Galgen.
Als Kyle an seinem Schreibtisch war, überraschte es ihn nicht weiter, dass er
dort auf einen anderen jungen Anwalt traf. Tim Reynolds war der Erste gewesen,
der einen Schlafsack ins Büro geschmuggelt hatte, einen neuen, wärmeisolierten,
den er bei Eddie Bauer gekauft hatte, mochte er auch noch so oft behaupten, er
habe ihn seit Jahren und sei damit schon durch das ganze Land gereist. Der Schlafsack
roch neu. Tim - ohne Schuhe, Krawatte, Hemd oder Jackett, nur mit einem alten
T-Shirt am Leib - hatte sich mit dem Schlafsack unter seinen kleinen
Schreibtisch gelegt und schlief fest. Kyle weckte ihn mit einem Tritt gegen die
Füße und warf ihm ein freundliches "Du siehst beschissen aus" an den
Kopf.
"Guten
Morgen", erwiderte Tim, während er sich aufrappelte und nach seinen
Schuhen griff. "Wie spät ist es?"
"Schon
sechs. Wann hast du dich hingelegt?"
"Ich
weiß es nicht mehr. Aber
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