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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Fächer aus Straußenfedern lieblich hin- und herschwenkend, während ihr andres Katzenpfötchen einen Veilchenstrauß umkrallt hielt. So zart, so weiß, so unschuldsrein wie ein klein Miesekätzchen – sie, die ungenannte Freundin so mancher umwandelbaren Mannesverehrung. Einen hatte sie nach der Riviera versetzt, einen Andern an die Nordmarken – da begriff man denn wohl die heitre Zufriedenheit, die auf diesen edelgeschnittenen Zügen ruhte, das stillbeglückende Bewußtsein eines herzlich guten Gewissens. »Ach,« flötete sie einem neben ihr stehenden kleinen Herrn zu, »ich liebe nur große schlankgewachsene Männer. Sagen Sie doch Ihrem Freund Kabel, er habe so schöne Hände!«
    Im Parkett unterhielten sich eifrig Schmoller und Holbach. Letzterer jammerte wieder, daß sein Verleger für ihn so unfläthige Reklame mache, obschon natürlich er selbst hinter den Coulissen das Alles einfädelte. Ueber Schmoller's langgedehnte schnüffelnde Spürnase zuckte und wetterleuchtete es nervös, und seinen bärtigen Mund umspielte ein gradezu wollüstiges Lächeln überlegenen Hohns. »Ihnen schadet das nur, lieber Herr College? fürchten Sie nichts! Hören Sie die Stimme des Pessimisten: Wenn der Tamtam Ihnen schadet, warum ärgern wir uns denn alle so darüber? Das ist doch ein überzeugender Gegenbeweis für die Nützlichkeit Ihres Vorgehens!«
    »Haha, Sie alter Schäker!« Holbach lachte heiser auf. »Was Wahres ist ja dran. Worüber sich unsre wahren Freunde freuen, das schadet uns gewiß. Sich zu, ob Deine Freunde sich über etwas ärgern – dann triffst Du sicher das Nützliche!«
    »Ach Sie!« Schmoller wurde schon ausfallend. »Sie heulen doch immer mit den Wölfen!«
    »Nun, warum nicht?« meinte Holbach begütigend. »Mit dem Hut in der Hand kommt man durchs ganze Land. Folgen Sie meinem Rath: Jedem Kritiker, schreibe er nun bös oder gut über mich, versetze ich auf frischer That einen Dankbrief. Glauben Sie mir, wir sind ja alle Menschen! Alles verstehen heißt alles verzeihen.«
    O Du Spitzbube! dachte Schmoller der Fürchterliche. Die Notiz wandert sofort in mein Tagebuch. O schlechte Welt! Nur ich Biedermann verschmähe – –
    »Wo steckt denn Federigo?« rief Holbach plötzlich. »Der müßte doch eigentlich die Claque leiten für seinen Freund Krastinik. Ich denke noch an sein Bravo-Gebrüll bei der Première seines Freundes Adler. Er riß sämmtliche Bänke mit sich fort.«
    »Ach, bei dem Stubendramatiker! Na, heut hockt er wohl hinter den Coulissen beim Autor in der Stunde der Prüfung. – Uebrigens verkehre ich nicht mehr mit diesem Schurken.« Schurke war bei Schmoller ein Kosename. Bei ihm theilte sich ja doch die Menschheit in zwei Klassen: Die ihm nützten, – anständige Menschen, und die ihm nicht nützten, – Schurken. »Federigo – ja wohl! Ich bemerke übrigens, daß diese Verwälschung des Vornamens von mir stammt. Sie haben sie nur in Commission genommen, Herr Holbach.« Er litt nämlich an der Plagiatbeschuldigungs-Manie.
    Auch die konservative Presse war vertreten. Herr Peter von Schnapphahnitzkoy (der polakische Adel darf sich schon 'was darauf einbilden, daß seine Vorfahren noch ärger, als die deutschen Raubritter und Strauchdiebe, das Stehlen und Plündern verstanden) putzte seinen Kneifer zurecht. Seine wasserblauen vorquellenden Froschaugen, sein pomadisirter fuchsblonder Wirbelscheitel, seine aufgestülpte Nase und sein breites bleichlippiges Maul bildeten ein Ensemble, welchem ein lauernder Jesuitenausdruck noch eine besondere Weihe verlieh. Mit spinnefeinem Lächeln tastete er gleichsam mit Spinnwebennetzen vor sich her und umgarnte seine Beute. Wegen allerlei Schuldengeschichten, kaum Lieutnant, aus dem Dienst entlassen, besaß er den hohen Muth, sich als Cirkusreiter das Leben zu fristen. Endlich, um sich zur tiefsten Stufe von der Höhe seines Adels-Tic's herabzulassen, wurde er Litterat. Nicht ohne ein gewisses Talent, besonders zu malitiöser Satire, focht er sich schneidig als litterarischer Freibeuter durchs Leben und endlich zum Redakteur der »Töchterzeitung« empor, wozu außer dem Wörtchen »von« sein formvoller Redeschliff und seine gewinnenden Manieren nicht wenig beitrugen. Gegen einen Schmoller nährte er Geringschätzung, weil sein beschränkter Verstand nur den Plebejer in dem Heros sah, gegen Leonhart hingegen tödlichen Haß, da seine giftige Neidwuth sich innerlich zerknirpst fühlte, trotzdem er sich mäkelnde Glossen erlaubte.
    Die

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