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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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eines Jüngers bewahren durfte. Und nun lag dies Idol vor einer höheren Erkenntniß in Stücke gebrochen. Wo war hier der Kampf für eine große Sache? Nur der Kampf für die kleine Sache des eigenen großen Ichs, das Durchsetzen seines Herrscherrechts, nur souverainer Egoismus , wenn auch erhabener Art, hatte dies dämonische Leben ausgefüllt. Und so hatte es denn an sich selbst die Strafe vollstreckt, die gerechte Strafe .
    Hänge Dein Herz nicht an Menschen! Alles Vergängliche ist nur ein Gleichniß. – Krastinik barg sein Haupt in seine Hände und weinte bitterlich.
    Da – – wie, ein Telegramm aus Siebenbürgen, direkt »Bad Scheveningen« adressirt? Was mochte das bedeuten? – –
    Im Leben selbst überstürzen sich die Ereignisse so, daß man das Seltsam-Absichtliche des Zufalls kaum gewahrt. Aber dies war mehr als Zufall, das war Schicksalsfügung, wie so manches Frühere.
    Sein Bruder auf der Jagd mit dem Pferde gestürzt. Gefährliche Verletzung. Das sofortige Erscheinen Xavers wurde dringend erbeten. – –
    Was sollte er auch noch länger hier treiben! Der Geistesarbeit hatte er ja Valet gesagt. Ja, die Phrenologie hatte gelogen , wie alles Andere auch. Auch sie ist Phrase und Humbug. Nur fort, fort von diesem Meere, dem Sinnbild der Ewigkeit, das ihn medusenäugig anstarrte.
    Und doch wie schwer, von ihm zu scheiden! Wie schwer sich loszureißen, wenn man das Ewige angeschaut und den letzten Fragen ins Auge sah! – –
    Das Meer hielt seine Siesta. Rings schillerten zahllose Sonnenpünktchen wie Myriaden goldener Mücken über der Tiefe. Freilich, so friedlich der glatte Spiegel, drunten in der Tiefe ist's fürchterlich. Da tobt der Kampf der Lebewesen, Einer frißt den Andern. Ein Bild der menschlichen Gesellschaft, die ja auch nur ein Abbild des Thierreiches.
    Die Felsblöcke, träge in der Brandung badend, glichen versteinerten Robben. Einer trug eine Wallroßftirn, ein Anderer eine Alligatorschnauze. Auf einem Steine, der von Wellen fast ganz umspült, stritten Sonne und Meer um die Herrschaft. Bald wurde der trockene Flecken in der Mitte der Steinspitze überschäumt, bald vergrößerte er sich sogar durch die jede Nässe verzehrende Leuchtkraft der Sonne. So kämpft in einer Seele, die von den Wogen des Lebens überschüttet, warme Lebenslust mit naßkalter Erstarrung.
    In der Ferne hüpften die Sprungwellen unablässig an einer Sandbank empor und über sie hin schwammen die Butterflecke der Sonne, wie Fettaugen auf einem Suppenteller. Der eigenthümliche Geruch des Seetangs (wie ein erotisches Excrement des selbstverliebten Meeres) mischte sich dem Salz-Ozon.
    Ein enteilender Dampfer ließ über die spiegelglatte Fläche das nachschleppende Silberband seiner Furche hingleiten. Ueber dem Ufer-Wald stand ein Regenbogen und eine Möve flitzte wie ein weißer Pfeil darunter hin.
    Die Segel der grünen Boote hoben sich goldgelb von der hellblauen Fläche ab, die wie in einer Waschschüssel teich-ruhig lag. Grüne Wasserstreifen zeichneten sich langgezogen in die windstille Fluth. Die Wolken bekamen einen matten Ton, goldgelb flimmerten die Dünenhügel, wie mit einer Bernsteinlasur überhaucht von der sinkenden Sonne.
    Es dunkelte. Laubumkränzte Kähne kehrten heim mit Musik und Lampions von einer Ruderwettfahrt. Feuerwerk stieg auf, Meerleuchten verklärte die dämmernde Ferne. Ein Dampfer draußen auf dem offenen Meer spritzte sein elektrisches Licht in trichterförmigem Strahl weithin, als bespritzte eine Gießkanne weite Rasenflächen.
    Ernstes feierliches Meer! Wie du in Mondscheinnächten die Erde umwallst, so wallt ums weite All mit Fluth und Ebbe das große Weltgeschick.
    Wie mit Schlüsseln von lauterem Gold schien der Mond das Geheimniß der Tiefe zu erschließen. Wollustweich wie Brüste flossen die wölbigen Wellen.
    Drunten klagen Osterglocken, wo eine bunte Welt versunken ruht. Doch nur der vernimmt die Glocken, wer auf Erden heimwehkrank. Blast, Winde, blast und, Fluthen rollt! Die Meerfei drunten im krystallenen Schloß lispelt verführend: Wie so süß ist der Tod!
    Wolkenrappen spannten sich an den Wagen des Sturms, der langsam heraufzog. Dies allgewaltige Meer alleine böte Raum, um die Unermeßlichkeit einer unirdischen Sehnsucht zu betten. Grenzenlos wie eines Genius Gedanken schäumen die heiligen Wogen. Was tobst du, Sturm, was brüllt ihr hinauf zu den Sternen o Wogen? Was seid ihr gegen den Sturm in eines Menschen Brust! Ihr kommt und geht, eine verschlingt die

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