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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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seinen, den er vor acht Tagen gebracht. Noch immer war sie hier! Was trieb sie denn!
    Ein fester rascher Schritt näherte sich. Sie trat ein, indem sie einen Korb Wäsche unter dem Arme trug. Ihre Wangen waren geröthet, ihre Stirn gerunzelt. Sie sah ihn nicht an und fragte mit einer Stimme, die sicher und barsch klingen sollte, aber vor Erregung zitterte: »Was steht zu Ihren Diensten?«
    »Ich dachte, Sie hätten uns schon lange verlassen,« sagte er ruhig.
    »Ja, ich geh auch jetzt bald,« erwiderte sie rasch. »Am ersten .«
    »Und warum sind Sie denn nicht in die Stellung gegangen?«
    »Warum? Weil mir's nicht paßte. Weil« – Sie sah in die Luft und zuckte leicht die Achseln.
    »Nun, weil –?«
    »Weil ich, so lange ich hier bin, lieber verhungern will, als in solcher Stellung noch mal hier auftreten – damit der Skandal wieder von vorne angeht.«
    »Nun gut. Ich bin einfach deswegen gekommen: Es fiel mir auf, daß Sie mir neulich sonst Alles wiedergaben, aber meine eigentlich compromittirenden Briefe nicht. Wie kommt das?«
    »Ich hab' sie nicht mehr.«
    »Können Sie mir das schriftlich geben?«
    »Ja, das fehlte noch! Wenn Ihnen mein Wort nicht genügt!«
    Eine kleine Pause trat ein. Sie legte fortwährend ihre Wäsche zurecht, was auf ihn einen eigenen einheimelnden Reiz ausübte. »Ach, Du bist ja verrückt,« sagte er plötzlich halb ärgerlich.
    »So?« gab sie resolut zur Antwort. »Wenn ich verrückt bin (kann schon sein), dann sind Sie wenigstens mit mir verrückt. Das ist ein Trost.«
    »Sie haben selbst gesagt, daß Sie bösartig sind,« hob er wieder an. »Deswegen will ich mich eben schützen. Ich fürchte mich vor Ihnen.«
    »Sie – vor mir?« – Sie lachte leise auf. »Vor mir haben Sie Ruhe; da mögen's sicher sein.« Sie trat ans Fenster und sah hinaus. »O ich bin jetzt ganz ruhig. Wenn Sie nur so glücklich wären wie ich! Bisher war ich gut, nun will ich recht schlecht werden.«
    »Schämen Sie sich nicht –« fuhr er auf.
    »O wenn Sie mich beschimpfen wollen, da laß' ich Sie allein. Ich geh' gleich weg.« Aber sie rührte sich nicht vom Fleck.
    »Ich fühle durchaus nicht das Bedürfniß dazu. – Was wird nicht wieder Alles über Sie zusammengeredet! Sie sind schon nach Hamburg avisirt als Geliebte des ... Der hat das auch überall ausgesprengt.«
    Sie sah ihn gleichgültig an und zuckte wieder ungeduldig die Achseln.
    »Nun, wenn er das selber glaubt, ist's ja gut.«
    »Pah, das ist auch der richtige Hahurei,« brummte er in den Bart.
    »Was ist er?« fragte sie aufmerksam.
    »O ich meine, wenn Sie den heirathen würden, könnten Sie nur gleich mit einem Andern durchgehn.«
    Er gab ihm hastig Feuer, als er sich eine Cigarette ansteckte. Dann sagte sie gedankenvoll:
    »Nun, mir soll künftig Keiner zu nahe kommen, das sag ich Ihnen.«
    »Welche Dummheit haben Sie doch gemacht!« rief er aus. »Dort können Sie doch nicht bleiben. Da ist's ja viel zu langweilig. Und hier – welch ein Renommee haben Sie nun hier! Ich bin ja doch der Einzige, der an Sie glaubt.«
    Plötzlich wandte sie sich um: »Sagen Sie, war Ihnen denn das wirklich Ernst, daß Sie mich heirathen wollten?«
    »Ja,« sagte er fest.
    »Und ist es noch?«
    »Ja,« wiederholte er bestimmt.
    »Nun gut denn. Ich gehe jetzt nach Hamburg. So will ich sehn, ob es mir dort gefällt. Und dann werde ich Ihnen schreiben.«
    »Aber seien Sie aufrichtig.«
    »Ja, ich werde sehr aufrichtig sein.«
    »Nun, und dann?«
    »Ja, dann können wir uns heirathen ... Aber das sag ich Ihnen, wenn Sie mir kommen und sagen, was man über mich gesagt hat, dann krieg' ich Sie am Cravatl.«
    »Oho! Versuch das doch mal.«
    »Ach Du!« Sie sah ihn schelmisch an. »Du wirst ohnehin der rechte Pantoffelheld. – Ja, machen's nur noch so große Augen! Ich weiß das.«
    »Man sieht, wie wenig Du mich kennst,« sagte er gemessen. »Versuch's doch mal, mich am Kragen zu fassen, he? Nein, zanken werd ich nicht mit Dir; aber machst Du mir Geschichten, so schieß ich Dich einfach todt und mich nachher ... Ueberhaupt – was ich mir hier sagen lassen muß! Hätte mir eine Andre den hundertsten Theil davon gesagt! Und wenn Du wüßtest, wie verwöhnt ich bin!« Er fühlte wieder das Bedürfniß, sich vor ihr ein mystisches Air zu geben.
    »Ja, Du mußt sehr verwöhnt sein!« lächelte sie, »denn Du hast etwas an Dir, als ob Du auf den Köpfen der Menschen spazieren gingest.«
    »Ach, Du begreifst ja noch gar nicht, wer ich bin,« blähte er sich

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