Grolar (German Edition)
ihre geplatzten Lippen sagen, »Bibbe ...«
Das Maul öffnete sich mit einem Gebrüll, die Motorhaube federte hoch, und er schnappte sich Kelly in der Körpermitte und schleuderte sie auf die Straße. Es knackte in ihrem Nacken, blind auf einem Auge. Die unebene Straße vor sich in der Dunkelheit. Zähne pflügten durch den Matsch auf sie zu. Krachen im Kopf.
»Es stinkt«, jammerte Cliff.
Der Geruch im Müllcontainer war in der Tat ekelhaft. Nachdem sie die Türen von innen geschlossen hatten, kämpften sie alle eine Weile gegen den Drang an, sich erbrechen zu müssen. Jon hoffte, Cliff würde sich möglichst bald daran gewöhnt haben.
»Iiiiih.«
»Bitte, Cliff, psst!«, flüsterte er seinem Sohn ins Ohr.
Sie mussten leise sein. Am besten wäre es, wenn der Grolar sie gar nicht erst finden würde. Zum Glück war der Container nur zu drei Vierteln mit den grauen Müllbeuteln gefüllt. Obwohl zugeknotet, entwich dieser entsetzliche Gestank aus ihnen. Scharfe Gegenstände wie Dosendeckel mussten durch das Plastik geschnitten und kleine Risse verursacht haben, aus denen dieser abscheuliche Geruch nach Zerfall, Essensresten und Schimmel sickerte.
Die Containertür hatten sie mit Martens Gürtel zugezogen und mit Jons Gewehr als Schiene und Sperre eingedreht, so dass es waagerecht und eng an den Türen festgezurrt saß. Zumindest hatte der Bär so keine Chance, die Türen von außen zu öffnen. Sollte er sie hier finden.
Erschöpft saßen sie am Boden im fahlen Streifen Licht, das von der glatten Oberfläche des Sees reflektiert wurde und durch die Türritze brach.
Ihn störte, dass sie völlig von der Außenwelt abgeschnitten waren, sie konnten nicht sehen, was draußen vor sich ging, und wo sich der Bär befand. Aber sie hatten nun Stahl statt Sperrholz um sich herum, und mit ein bisschen Glück würde der bestialische Gestank ihren Geruch übertünchen und der Bär sie so gar nicht erst wittern.
Sie würden den Container erst verlassen, wenn sie draußen Menschen hören würden, was spätestens gegen Mittag der Fall sein würde, wie sie annahmen.
Manchmal hörten sie etwas zusammenbrechen, das musste der brennende Wohnwagen sein.
Ein Brummen, nah, bedrohlich.
»Woher kommt das? Ist das ...?«
»Schschsch!«, machte Marten.
Wieder das Brummen. Beim genauen hinhören entpuppte es sich als ein aggressives Summen.
»Das sind die Schmeißfliegen in den Plastiksäcken«, sagte Marten.
Und jetzt prallte eine an Jons Kopf. Er war froh, dass sie nichts sahen. Die mussten zu tausenden zwischen den Säcken krabbeln und fliegen.
Er rieb sich eine Brandblase an der Hand, die er erst jetzt bemerkte.
Ob Kelly es wirklich geschafft hatte? Kaltblütig hatte sie sich das ganze Gold gegriffen und war abgehauen. Unglaublich, in so einem Moment. Sie hatte ein Ziel und verfolgte es, nahezu mit einem Killerinstinkt. War es das, was ihm fehlte?
Würde sie mit dem Geld abhauen? Ihm war das noch nicht einmal unrecht, das würde bedeuten, sie würde nicht zurückkommen, und Marten und er müssten nichts mehr mit ihr teilen, da wären die 77.000 Dollar Peanuts gegen. Das wüsste sie auch, sie wüsste, was ihr finanziell entgehen würde, wahrscheinlich nahm sie sich deswegen ein Zimmer in Whitehorse, nachdem sie bei der Polizei den Ernst der Lage geschildert hatte. Ja, das würde sie machen, sie brauchte Marten und ihn. Wenn sie es hier rausschaffte, dann würden sie auch eher gerettet werden.
Ob der Grolar ihr gefolgt war? Oder ob er wieder im Lager umherstreifte?
Er saß Cliff und Tara gegenüber, Martens ausgestreckte Beine zwischen ihnen, er lehnte mit dem Rücken an den Tüten, sein Gewehr im Schoß. Cliff hatte sich sein Shirt über die Nase gezogen, wie ein kleiner Verbrecher.
»Wie kam es eigentlich zu dem Feuer?«, fragte Marten.
»Kelly hat mit der Leuchtpistole auf den Bär geschossen.«
»Draußen?«
»Nein, der war einfach durch die Tür gerammt.«
»Was?«
»Ja, frontal, mit dem Schädel voran, wie ein Rammbock. Er hat nach ihr geschnappt.«
Marten fluchte, »Und sie hat abgedrückt?«
»Ja.«
Er fand sich mit der Erklärung kopfschüttelnd ab.
Tara hatte lange Zeit kein Wort gesagt. Stand sie unter Schock? Sollte er sich auf die andere Seite setzen, neben seine Lieben?
Irgendwie fand er es
Weitere Kostenlose Bücher