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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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heran und reichte ihm
eine der Waffen, die Gromek und Lisa aufgespürt und entladen hatten:
    »Schauen Sie sich das mal an. Eine museumsreife Vier-Zöller
38 Chief Special - ohne Munition.«
    Viktor Kilar nahm den Kugelschreiber entgegen, an dem der Smith & Wesson -Revolver hing, roch an ihm, um festzustellen, ob er in letzter Zeit benutzt
worden war, und gab ihn wieder zurück. Gleich darauf wurde er ins Wohnzimmer
gerufen. Dort zeigte man ihm eine zweite leere Waffe, eine kleinkalibrige
Beretta-Pistole. Ihm entging nicht, dass auf dem Wohnzimmertisch drei
Weingläser standen. Daneben eine leere und eine ungeöffnete Flasche Burgunder.
    »Hier am Sessel habe ich Reste von Blut«, bemerkte einer der
Männer. »Saß er erst hier und hat sich dann zum Kühlschrank geschleppt, um sich
eine letzte Erfrischung zu genehmigen, oder was?«
    »Vielleicht wollte er ja nur sichergehen, dass auch der Herd ausgeschaltet
ist, bevor er den Löffel abgibt«, setzte ein anderer nach. Seine Kollegen
lachten.
    »Unser Mann scheint offensichtlich nicht allein hier gesessen zu
haben, denn an dieser Wodka-Flasche klebt ebenfalls Blut. Sieht aus, als hätte
es jemand wegwischen wollen.«
    »Wodka und Wein? Für meinen Geschmack eine ziemlich merkwürdige
Mischung ...«
    Kilar hörte dem Gespräch seiner Männer aufmerksam zu. An ihre
makabre Art in solchen Angelegenheiten würde er sich nie gewöhnen können.
Dennoch waren sie Spezialisten, die regelmäßig gute Arbeit lieferten. Er wusste,
sie würden dahinterkommen, was sich in dieser Wohnung abgespielt hatte - und
nur das war es, was zählte.
    Aufgrund der mehr oder weniger geschmackvollen Spekulationen
seiner Mitarbeiter hatte Kilar plötzlich eine Idee. »Macht das übliche
Programm, aber ein bisschen gründlicher als sonst. Ich will ganz genau wissen,
was hier passiert ist.« wies er seine Männer an. Ein paar zügige Schritte, und
er stand am Telefon.
    Nachdenklich blieb er im Flur stehen, blickte kurz in einen der
Spiegel und nahm dann den neben dem Apparat liegenden Hörer auf. Er wählte eine
Ziffernfolge, die ihn mit den Kollegen von der technischen Abteilung verband,
und hatte sofort einen Mitarbeiter am Apparat: »Verbinden Sie mich mit der
vorletzten Nummer, die von diesem Anschluss aus angewählt wurde.«
    Nach dem fünften Klingelzeichen klickte es in der Leitung, und
Kilar gab seinen Leuten zu verstehen, dass sie einen Moment lang ruhig sein
sollten. Nach dem achten Klingelton kündigte ein hohles Summen an, dass sich
ein Anrufbeantworter einschaltete. Dann ertönte die Mitteilung: »Hier ist der
Anschluss von Lisa-Marie Delius. Im Augenblick bin ich nicht erreichbar. Bitte
hinterlassen Sie ...«
     
    Am anderen Ende der Leitung kam Julia ans Telefon gelaufen. Ohne
darauf zu achten, dass der Anrufbeantworter lief, hob sie den Hörer ab. Das
Gerät schaltete sich augenblicklich aus.
    »Hallo. Hier ist Julia Delius. Bist Du es, Mami? Wir haben die
Koffer gepackt, genau wie Du gesagt hast. Mami ...?«
     
    Wortlos legte Viktor Kilar den Hörer auf die Gabel zurück. Sein
Gesicht war wie versteinert. Die eben gewonnene Information war eine böse
Überraschung für ihn und ließ das Bild, das sich ihnen in dieser Wohnung bot,
in einem gänzlich neuen Licht erscheinen.
    Er würde Direktor von Eckersdorff sofort davon in Kenntnis setzen
müssen.

11 .  Nelling
     
    »Warum muss es denn ausgerechnet das Adlon sein? Als gäbe
es nicht genügend andere Hotels in der Stadt. In der Empfangshalle habe ich
mindestens drei Staatssekretäre gesehen.«
    »Vier.«
    »Vier, was?«
    »Vier. Vier Staatssekretäre waren in der Empfangshalle. Sie müssen
entweder den vom Außenministerium oder den vom Verteidigungs-Ministerium
übersehen haben.«
    »Also, warum das Adlon , eines der teuersten Hotels der
Stadt? Und, was kaum der Rede wert ist, aber dennoch nicht unerwähnt bleiben
sollte: Es ist das inoffizielle Gästehaus der Bundesregierung. Von Sicherheitskräften
dürfte es hier also nur so wimmeln.«
    »Sie waren es doch, die sagte, ich müsste zu einem Arzt. Nun, wir
werden ihn gleich treffen. Da der Mann keine eigene Praxis unterhält, dachte
ich mir, ich mache ihm mal eine kleine Freude. Nein, im Ernst: Unser Mann ist
Invalide und wohnt ganz in der Nähe. Eine konspirative Anreise wollte ich ihm
einfach nicht zumuten. Dieses Risiko müssen wir eingehen. Wenn Sie unter diesen
Umständen lieber vor dem Hotel warten wollen, hätte ich dafür Verständnis.«
    »Kommt nicht in

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