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Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Titel: Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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verklungen war, holte Rima Luft.
    Regungslos stand sie da, das Buch ihres Vaters an sich gepresst, und sah zu, wie sich das Feuer langsam blau verfärbte. Sämtliche Bäume des Waldrandes standen in Flammen, es gab keine Chance, diesen Wall zu überwinden, das war ihr klar. Dennoch wandte sie sich nicht ab. Vielleicht war es der Ausdruck in Kayrons Augen gewesen, als er das Buch zu Boden geworfen hatte, der sie daran hinderte. Vielleicht brachte sie auch der Spott in seiner Stimme dazu. Oder vielleicht war es die Erinnerung an den Glanz in den Augen ihres Vaters, als er sie verlassen hatte, der sie dazu trieb, die Schuppe in ihrer Hand zu heben und die lodernden Flammen zu betrachten, die plötzlich aus der Waffe nach dem Feuer des Jägers ausschlugen. Stärker als Drachenblut und jede Tücke eines Sterblichen. Ohne den Blick abzuwenden, setzte sie sich in Bewegung. Sie spürte den Zorn, der in der Schuppe lag und der auch in ihr selbst mit jedem Schritt stärker aufstieg – ein übermächtiger Zorn, der jede Furcht von ihren Schultern wischte. Sie war die Tochter Ragon Terreks, und niemand durfte so zu ihr sprechen, auch kein Jäger der Schatten!
    Entschlossen ballte sie die Fäuste und spürte einen Schmerz, der sich stechend bis hinauf zu ihrer Schulter ausbreitete, als sie die Schuppe umfasste. Doch selbst als ihre Finger die Fase berührten, schnitt sie ihr nicht länger ins Fleisch. Stattdessen warfen sich ihre Flammen dem Feuer Kayrons entgegen und teilten den Wald, als wäre er bloß eine Wand aus wehenden Tüchern. Kühl legte sich der Glanz der Schuppe auf Rimas Haut, als sie das blaue Feuer durchschritt. Gleich darauf fand sie sich auf der anderen Seite wieder.
    Erleichtert stieß sie die Luft aus und lauschte in die Dämmerung des Waldes. Sie wusste, dass das Silbergebirge tief im Östlichen Wald und weit entfernt lag, dennoch setzte sie ihren Weg so leise wie möglich fort. Rima zweifelte nicht daran, dass Kayron sein Versprechen halten würde, wenn er sie erwischte.
    Erst als sie die Flammen des Jägers nicht mehr auf der Haut spürte, blieb sie stehen. Die Schuppe fühlte sich schwer und kühl in ihrer Hand an, und kaum hatte sie den Blick in das silberne Licht gerichtet, glitt erneut das Adergeflecht über den Boden. Es war weich wie lebendiges Gewebe unter ihren Füßen, und während sie den Pfad entlangging, schien es ihr, als würde der Wald um sie herum zu schwarzen Schemen verschwimmen. Das Silberlicht pulsierte in der Dunkelheit; immer schneller flog es über den Boden und nahm sie mit sich, bis sie einen großen Findling erreichte.
    Leise knisternd breiteten sich die Adern darüber aus und ließen Zeichen aus dem Stein hervorbrechen, die wie verschlungene Worte in einer Sprache waren, die Rima nicht verstand. Ein Flüstern ging durch die Luft, unendlich sanft und eisig zugleich, als der Felsen sich in flirrendes Licht verwandelte. Für einen Moment kehrte Furcht zurück. Sie hatte magische Portale dieser Art noch nicht oft gesehen, aber sie spürte die Kraft, die davon ausging, wie kalten Regen auf den Wangen. Was würde sie auf der anderen Seite erwarten? Was, wenn hinter dem Licht der Drache lauerte, um sie in einem Stück zu verschlingen? Sie schnaubte verächtlich. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt für derlei Gedanken. Entschlossen drängte sie die Furcht zurück und betrat das Portal.
    Das Erste, was sie sah, war goldenes Licht. In samtener Kühle legte es sich auf ihr Gesicht, zerriss wie Nebel und gab den Blick frei auf eine gewaltige Höhle. Fluoreszierende Pflanzen bedeckten die Wände, glimmende Tropfsteine ragten aus dem zerklüfteten Boden, und Steinformationen hingen dünn wie Schleier von der gewölbten Decke. Und dort, auf einem mächtigen Felsen in der Mitte der Höhle, lag der Hort des Drachen und verbreitete seinen goldenen Glanz.
    Rima umfasste die Schuppe in ihrer Hand fester. Das Untier war nirgends zu sehen. Sie lauschte auf jedes Geräusch, jeden Windhauch, der ihr mit erbarmungsloser Kälte in den Nacken fuhr. Ihr Blick jedoch hing wie gebannt an dem Hort. Das goldene Licht verschlang jeden Umriss der Dinge, die er umhüllte, als wären sie ein unendlich kostbares Geheimnis, und es zog Rima näher zu dem Felsen, als griffe es mit unsichtbaren Händen nach ihr. Wispernde Stimmen drangen an ihr Ohr; sie brachten Rima dazu, die Schuppe sinken zu lassen. Stattdessen streckte sie die Hand nach dem Glanz aus wie nach einem lang vermissten Gegenstand. Sie spürte Kälte,

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