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Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Titel: Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Mond war Ungeziefer in die Trockenkammer von Bürgermeister Schnaata eingefallen und hatte einen Großteil des Pfeifenkrauts vertilgt.
    Nun waren auch noch die Händler aus Stirka, der Stadt der Riesen, überfällig, die den Ersatz für die vernichteten Vorräte bringen sollten. Eine Feier ohne Hochzeitsbänder, Bier, Honigwaffeln, in Fett gebackene Ringelschwänze und die legendären Schinken aus dem Dörfchen Talsohle war schier unvorstellbar.
    Anderes Pfeifenkraut und Wein gab es nur in Reblingen, der nächsten Ortschaft ein Stück die Straße entlang. Natürlich war ausgeschlossen, dass man dort etwas erwarb, so wenig wie die Reblinger getrockneten Fisch, Binsenmatten oder Wolle aus Broichhus kaufen würden.
    Seit Generationen herrschte bittere Feindschaft zwischen den benachbarten Dörfern. Und wenn sich die Händler verspäteten, dann hatten gewiss die Reblinger ihre Finger im Spiel. Vielleicht schmeckte es ihnen nicht, dass einer der ihren – schließlich war Skaggi in Reblingen geboren – ein rotbackiges Mädchen aus Broichhus heiraten wollte und die triefäugigen Reblinger Gewächse verschmähte, die so krumm wuchsen wie ihre Weinstöcke.
    Harus Suche blieb ergebnislos, und er schloss sich maulend dem Rest der Familie Schäfer bei der Hausarbeit an. Sie scheuerten das ganze Haus, denn zu den anderen Vorbereitungen fehlten die Zutaten. Wenn Haru nicht nach den Eselskarren von Harksons Händlern Ausschau hielt, klopfte er Webteppiche aus, rückte Tische beiseite und zählte wiederholt die Mehlsäcke durch.
    Gegen Nachmittag gab es immer noch keine Spur der Händler. Seine Eltern waren ganz aufgelöst, Reseli wurde immer wortkarger und schnippischer. Gruff, Pardus hüftlahmer Hütehund, verkroch sich jaulend unter der Bank, nachdem Haru schon das dritte Mal an diesem Tag über ihn gestolpert war. Und dann streckte auch noch Skaggi › Erpeldreck ‹ den Kopf durch die Tür, woraufhin Reseli sich in seine Arme stürzte, als sei er ihr rettender Märchenprinz.
    »Mir reicht’s«, schimpfte Haru und wollte an dem Paar vorbei aus dem Haus stürmen. Pardu aber winkte ihn heran. Immerhin verzichtete er diesmal auf den Einsatz seines Stocks.
    Der Alte klopfte neben sich auf die Ofenbank, und Haru ließ sich neben seinem Großvater nieder.
    »Ich mache mir Sorgen wegen Herk«, begann Pardu. Haru trommelte ungeduldig mit den Fingern gegen die Ofenkacheln, doch der Alte kaute die Worte bedächtig, bevor er sie aussprach. »Es sieht ihm gar nicht ähnlich, sich so zu verspäten. Immerhin weiß er ja, dass eine Hochzeit ins Haus steht. Wieso läufst du den Händlern nicht ein Stück entgegen, Haru? Vielleicht ist bloß eine Achse am Karren gebrochen und sie benötigen eine helfende Hand.«
    »Ein Paar helfender Hände«, warf Skaggi ein.
    Haru verdrehte die Augen. Dieser Neunmalkluge musste auch jeden verbessern.
    Pardus buschige Augenbrauen hüpften, als er von Haru zu Skaggi und zurück schaute. »Das ist eine hervorragende Idee, Junge. Macht euch gemeinsam auf den Weg.«
    Haru hatte sich wohl verhört. »Ich soll – also, wir …«
    »Gut.« Skaggi warf sich vor Reseli regelrecht in die Brust, als ginge es darum, einen Drachen zu erschlagen.
    »Ja, ihr beide. Schließlich ist es ja Skaggis Hochzeitsfest, nicht wahr?« Pardu hüstelte, und Haru war klar, dass dieses Thema beendet war.
    Harus Mutter Elis, hochrot im Gesicht vom Umräumen, nickte beifällig. »Ihr werdet den Händlern schon Beine machen. Sorgt bloß dafür, dass Großvaters Überraschung pünktlich ankommt. Und nehmt das mit.« Elis kramte in einer Kiste und drückte ihnen zwei Umhänge in den Arm.
    Ungläubig betastete Haru den braunen Stoff. »Es ist fast Mittsommer!«
    »Abends könnte es Regen geben«, erklärte die Mutter. »Ich will bei der Hochzeitsfeier kein Schniefen und Husten hören! Und wenn ihr unterwegs übernachten müsst, habt ihr gleich eine Decke dabei. Aus guter Schäfers wolle.«
    Reseli herzte Skaggi noch einmal. Haru äugte unglücklich zu den beiden hinüber. Ein sehr durchsichtiger Plan des Großvaters, ihn mit Skaggi auf Reisen zu schicken, damit sie sich anfreundeten. Und völlig aussichtslos. Doch es war beschlossene Sache, und niemand interessierte sich für Harus Meinung. So lief das eben, wenn man der jüngste von drei Brüdern war.
    Durch die Hügellande führte nur eine einzige Straße, die breit genug für die Eselskarren des Händlers war. Somit gab es wenig Gelegenheit, sich zu verlaufen. Früher oder später mussten

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