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Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Titel: Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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keinen Fall gehe ich nach Reblingen. Es ist eine laue Nacht, und wir können uns ein hübsches Tal suchen … Natürlich nur, wenn du mutig genug bist, unter freiem Himmel zu übernachten.«
    Skaggi stapfte wortlos weiter, auf der einen Schulter den Sack mit dem Proviant, auf der anderen den zusammengerollten Umhang. Bald kamen sie an dem Pfad vorbei, der nach Reblingen abzweigte. Halb erwartete Haru, dass Skaggi abböge, aber der würdigte die Weggabelung keines Blickes. Haru war das recht. Er konnte sich wirklich nicht in Reblingen blicken lassen, nachdem er dort im Frühling die lautesten Unken des Umlands im Dorfteich ausgesetzt hatte.
    Sie erreichten das einsame Hügelland östlich der besiedelten Gebiete, ohne eine Spur des Handelszugs gefunden zu haben. Schweigend sammelten die beiden einige Reiser. Dann schlugen sie sich ein Stück ins Gelände und entzündeten in einer trockenen Senke ein Feuer, um die Mücken fernzuhalten.
    In den Holunderbüschen, die das Lager vor dem Wind abschirmten, sang eine Amsel.
    Haru schüttelte einen halben Laib Brot und ein großes Stück Käse aus dem Beutel und bedauerte angesichts des kargen Mahls seine Entscheidung. Im Beerendieb hätte es sicherlich Würstchen gegeben, Kaninchenpfeffer oder zumindest eine warme Suppe.
    Er hörte Skaggi in seinem Proviantsack kramen und staunte nicht schlecht, als der Torfstecher eine kleine Pfanne hervorzog und in Seelenruhe einige Leckereien auf dem Gras ausbreitete. Da lagen tatsächlich geräucherte Würste, Erdknollen und sogar ein Streifen Speck.
    »Ich dachte, du wolltest im Beerendieb essen.«
    Skaggi grinste schief. »Ich bin nie ohne Proviant unterwegs, für alle Fälle.« Er schnippelte den Speck zuerst in die Pfanne und fügte später die anderen Zutaten auf gleiche Weise hinzu.
    Der Duft war überwältigend. Haru drückte verzweifelt an seinem Brot herum und versuchte, nicht auf die Pfanne zu schielen.
    »Willst du deinen Käse lieber aufs Brot, oder sollen wir ihn auch in die Pfanne schnetzeln?«, unterbrach Skaggi Harus Gelüste.
    »In die Pfanne?«, fragte er verwirrt.
    »Ja, wir teilen doch wohl. Der Käse gibt dem Essen Würze, und mit dem Brot wischen wir nachher die Pfanne aus.«
    Dagegen hatte Haru nichts einzuwenden. Er rieb sich voller Vorfreude den Bauch.
    Als schließlich die Dunkelheit über den Himmel zog, fühlte sich Haru wegen des Essens immer noch in Skaggis Schuld. Außerdem wollte er ihm nur zu gerne unheimliche Moorerlebnisse entlocken.
    »Kennst du das Hünengrab?«, fragte er mit gesenkter Stimme, wie Pardu, wenn er gruselige Geschichten erzählte.
    Skaggi winkte ab. »Natürlich kenne ich das. Ich bin in der Gegend aufgewachsen. Wir nennen es den ›Esstisch der Riesen‹.«
    Richtig, er war ja ein gebürtiger Reblinger. Nicht eben eine Empfehlung. Doch Haru ließ sich davon nicht beirren und fuhr fort: »Früher sind meine Brüder und ich oft dorthin gelaufen. Als ich zum allerersten Mal dabei war, ist etwas Seltsames passiert …« Während er erzählte, erinnerte sich Haru an damals.
    Die Dämmerung sank. Der Nebel kam wie aus dem Nichts. Im einen Moment hing der Dunst so harmlos wie verlorene Wollflocken zwischen den Grasbüscheln. Im nächsten lockte er die drei Jungen in eine klamme Umarmung. Eigentlich konnte man den Weg zum Hünengrab kaum verfehlen, trotzdem verloren die drei die Richtung.
    Jost stieß seinen Wanderstab vor wie ein Schwert, aber damit wirbelte er nur weiße Schleier auf und fand noch mehr Nebel dahinter. Irgendwo lauerte die Dunkelheit und krümmte die schwarzen Finger um das kleine Tal wie um eine rauchgefüllte Glaskugel.
    Tay bohrte dem älteren Bruder den Zeigefinger in die Seite. »Du hast gesagt, du weißt, wo wir hinmüssen.«
    »Weiß ich auch«, schnauzte Jost. »Ich kann nur grad nichts sehen.«
    Etwas knarrte. Haru zuckte zusammen. Wieder erklang das Geräusch. Haru erkannte jetzt den heiseren Balzruf eines Froschs und atmete auf.
    Jost ahmte den Laut nach, sodass er wie ›Küsschen, Küsschen‹ klang. »Da quakt jemand nach dir, Schisshase!«, sagte er und verpasste Tay eine Kopfnuss.
    Tay revanchierte sich mit einem Ellbogenstoß. »Ich dachte, da quietscht deine volle Hose, tapferer Anführer.«
    Haru zog den Kopf zwischen die Schultern. Wenn die großen Brüder sich stritten, war er am liebsten unsichtbar, denn für gewöhnlich schoben sie ihm später die Schuld in die Schuhe.
    Jost und Tay eilten voran und deckten einander mit wüsten Beschimpfungen ein. Haru

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