Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
Flottenunternehmen offenbaren, stand der Entschluss zur Entsendung des «2. Pazifischen Geschwaders» schon bald fest. Zur großen Erleichterung des japanischen Militärs wurde er auch sogleich von der russischen Presse in allen Details ausgeplaudert.[ 13 ]
In fieberhafter Eile wurde im Sommer und Herbst 1904, während sich der Belagerungsring um Port Arthur in erbitterten Kämpfen immer enger zog, auf den russischen Werften in Kronstadt und Libau an der Fertigstellung von vier neuen, mit modernster Militärtechnik ausgestatteten Schlachtschiffen gearbeitet.
Knjas Suworow (Ssuworow), Imperator Alexander III., Borodino
und
Orel
waren bei einer Größe von 13.730 Tonnen und einer Panzerung von bis zu 25 Zentimetern mit vier 30,5-Zentimeter-Geschützen in Zwillingstürmen, zwölf 15,2-Zentimeter-Geschützen sowie einer Vielzahl von leichteren Schnellfeuer-Kanonen und Maschinengewehren ausgerüstet. Dank moderner Maschinen konnten sie theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit von 17,5 Knoten erreichen.[ 14 ] Begleitet werden sollte der Stolz der russischen Flotte von einer Vielzahl älterer, nun in aller Eile nachgerüsteter Kampfschiffe und einem Tross, wie er für die Reise um die halbe Welt unvermeidlich war, bestehend aus Lazarett-, Versorgungs-, und Werkstattschiffen.
Zum Kommandanten der Flotte ernannte der Zar am 5. Mai 1904 den zu diesem Zeitpunkt 55-jährigen Konter-Admiral Sinowi Petrowitsch Rojestwenski, und er hätte keine glücklichere Wahl treffen können. Rojestwenskihatte seit früher Jugend in der Marine gedient und sich vor allem während des Russisch-Türkischen Kriegs 1877 durch Führungsqualitäten wie durch persönlichen Mut nachdrücklich für höhere Aufgaben empfohlen. Er galt als ausgesprochener Geschütz-Experte, vor allem aber als Mann von unbestechlichem Pflichtbewusstsein und eiserner Härte, und beide Eigenschaften sollten im folgenden Jahr über alle Maßen beansprucht werden.[ 15 ]
Die Schwierigkeiten, mit denen Rojestwenski von Anfang an zu kämpfen hatte, waren dreierlei Art. Zunächst einmal bestand das objektive Problem, dass er eine Flotte unter voraussehbar schwierigen Versorgungsbedingungen um die halbe Welt und gegen einen bestens geschulten, kampferprobten und entschlossenen Feind ins Gefecht führen sollte. Die Besatzungen der Schiffe des «2. Pazifischen Geschwaders» waren unvermeidlicherweise eilig zusammengestellt worden, es fehlte an gemeinsamen Übungen ebenso wie an gut ausgebildeten Offizieren und kompetenten Ingenieuren für die Wartung der komplizierten Schiffseinrichtungen.[ 16 ]
Gerade die regelmäßige Instandhaltung der technischen Ausstattung aber erwies sich schon sehr bald als wahre Sisyphusarbeit. Beim Bau bzw. der Überholung der Schiffe war nämlich, Problem Nummer zwei, in einem kaum vorstellbaren Maße geschlampt worden. Das lag zum einen am enormen Zeitdruck, unter dem die Arbeiten ausgeführt werden mussten; es lag aber ebenso an Korruption und Schlendrian der russischen Marineverwaltung.[ 17 ] Das verwendete Material, etwa der Panzerstahl, erwies sich nicht etwa hin und wieder, sondern in der Regel als minderwertig; mitunter verschwanden ganze Wagenladungen mit Ausrüstungsgegenständen spurlos, nachdem sie bereits bezahlt worden waren; die Zahlen über Mannschaftsbestände, Geschützlieferungen, Kalibergrößen, Materialreserven waren so unzuverlässig, dass sie der Admiral in jedem Einzelfall überprüfen musste. Es liegt auf der Hand, dass Rojestwenski sich durch die dabei entdeckten Missstände unter den Petersburger Bürokraten eine Vielzahl erbitterter Feinde schuf. Zur Korruption gesellte sich schon bald Sabotage.
Die Bekämpfung der Sabotage aber wurde durch das dritte Problem erschwert, dem Rojestwenski sich gegenüber sah: die revolutionären Bestrebungen der Anarchisten und Sozialisten. Deren Aktivitäten sollte nachden Vorstellungen der führenden Politiker am Zarenhof der Krieg mit Japan eigentlich entgegenwirken, indem er die Nation durch die siegreiche Überwindung eines äußeren Gegners einte. Doch in Wirklichkeit bereiteten die nicht enden wollenden Rückschläge und Niederlagen gegen die Japaner der Revolution erst recht den Boden. In Heer und Flotte machte sich die untergründige Aktivität der Anarchisten immer mehr bemerkbar, in der latent aufrührerischen Stimmung ebenso wie in Sabotageakten. Wo immer Probleme, Verzögerungen, Schäden auftraten, stellte sich die – meist unlösbare – Frage, ob sie das Resultat einer
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