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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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ließen, irgendwelchen Unsinn zu drucken. Eines, was Charles Chelsea (oder jeder andere PR-Stratege) nicht brauchen konnte, war ein erhöhtes Maß an Skepsis und Argwohn unter den Journalisten, die er manipulieren sollte.
    Daher war überhaupt nicht daran zu denken, über Joe Winder die Wahrheit zu verbreiten. Welche unmögliche Horrorgeschichte Winder als nächstes auch auskochen mochte, Chelsea müßte sich bereithalten, um sie mit Presseerklärungen zu neutralisieren, die sowohl gelassen wie auch plausibel klangen. Eine Lüge mußte mit einer anderen beantwortet werden.
    Es würde eine blutige Schlacht werden.
    Während die Faxapparate der Presseabteilung Chelseas Gegenangriff gegen die Hepatitis-Epidemie in Umlauf setzten, erschien Moe Strickland, um sich wegen des krankheitsbedingten Verdienstausfalls zu beschweren und darauf hinzuweisen, daß die Schauspielergewerkschaft einiges einzuwenden habe.
    Er zündete sich eine Zigarre an und sagte: »Die Gewerkschaften werden im Sechseck springen.«
    »Mit der Gewerkschaft haben wir nichts zu tun«, sagte Chelsea kühl. »Ich verstehe Ihre Einwände wirklich nicht, Moe. Die meisten Leute würden für zwei freie Wochen einen Mord begehen.«
    Moe Strickland protestierte mit einem feuchten Husten. »Sie ziehen uns Krankheitstage ab, dagegen wehre ich mich. Weil wir gar nicht richtig krank sind.«
    »Das ist etwas, das Sie mit der Personalabteilung besprechen müssen. Das gehört nicht in mein Ressort.« Charles Chelsea wedelte mit der Hand, um den stinkenden Qualm zu vertreiben. Das Büro roch allmählich nach toten Mäusen.
    »Ich begreife nicht, warum Sie uns nicht einfach zwei Wochen bezahlten Urlaub geben«, sagte Moe Strickland, »und uns unsere Krankheitstage lassen. Was immer geschehen ist, uns trifft doch keine Schuld.«
    »Nein, das tut es nicht«, gab Chelsea ihm recht. »Hören Sie, Moe. Onkel Ely und die Kobolde machen Urlaub, klar? Sie sind nach Irland geflogen. Das ist die offizielle Version.«
    »Um Gottes willen – Irland? Klingt Ely wie ein irischer Name?« fragte Moe Strickland in ätzendem Ton.
    »Ich habe keine Lust, mich zu streiten«, sagte Chelsea. »Aber ich möchte Sie doch warnen, mit den Medien zu reden. Sämtliche Interviewwünsche laufen über mich, ist das klar?«
    »Sie meinen von den Zeitungen.«
    »Zeitungen, Fernsehen, jeder, der irgendwelche Fragen über eine Kreuzfahrt stellt. Sagen Sie, sie sollen mich anrufen. Und sorgen Sie dafür, daß Ihre Elfen genauso verfahren.«
    »Was, trauen Sie uns jetzt auch nicht mehr?«
    »Keine Interviews, Moe. Das kommt direkt von Mr. X.«
    »Habe ich mir fast gedacht«, sagte Moe Strickland. »Wie heißt diese Krankheit? Sagen Sie es mir noch mal.«
    »Virushepatitis.«
    »Klingt furchtbar.«
    »Sie ist auch schlimm«, gab Chelsea zu.
    »Wer zum Teufel denkt sich so eine Geschichte aus?« Der Schauspieler kaute auf dem feuchten Zigarrenstummel. »Welcher Irre verbrät einen solchen Unsinn?«
    Chelsea gab darauf keine Antwort. Er beobachtete, wie ein dünnes Rinnsal braunen Saftes in Moe Stricklands schneeweißem Bart versickerte.
    »Am liebsten würde ich diesen Hurensohn verklagen«, sagte Moe Strickland.
    Chelsea winkte ab. »Nehmen Sie es nicht persönlich. Es hat nichts mit Ihnen zu tun.«
    »Ich hatte noch nie Hepatitis. Ist das irgendwas am Schwanz? Wenn ja, dann verklagen wir den Schweinehund definitiv. Die Jungs sind untenrum picobello sauber, und das können sie jederzeit beweisen.«
    »Moe«, sagte Chelsea, »bitte beruhigen Sie sich.«
    »Heißt das, daß wir beim Sommerfest nicht mitgehen dürfen?«
    »Nicht als Onkel Ely und seine Elfen. Wir verpassen euch ein paar andere Kostüme – Revolverhelden, wie wäre das?«
    »O prima, Zwerge mit Schießeisen. Vielen Dank.« Auf dem Weg nach draußen spuckte Moe Strickland irgend etwas Schweres in Charles Chelseas Papierkorb.
    An diesem Abend widmete Channel 7 dem Hepatitis-Gerücht vierzig Sekunden und beendete den Bericht mit einer Stellungnahme von Charles Chelsea, der in einem frischen blauen Oxfordhemd und mit einer Hornbrille kühle Gelassenheit verströmte. Die Brille war ein neuer Akzent.
    Nicht schlecht, dachte Joe Winder, wenn man auf den intellektuellen Typ steht.
    Er verfolgte die Nachrichten mit einem Notizbuch auf dem Schoß. Er rief zur Küche: »Er hat die Anzahl der Opfer von fünf auf vier gedrückt. Außerdem hat er die Vermutung geäußert, daß die Krankheit aus der Karibik eingeschleppt wurde und nicht aus dem Wunderland

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