Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
Luz nicht nachgedacht hätte, da die Grundtheorie unwiderlegbar erschien: direkt von der Flasche ins Blut, genauso wie eine Benzinpumpe. Kaum hatte er den ersten Beutel aufgehängt, da spürte er dieses Aufwallen, die Hitze, das herrliche Kribbeln erregter Muskeln. Sogar im entspannten Zustand zuckten und arbeiteten seine ausgeprägten Bizeps, als würden sie unter dem Einfluß unsichtbarer Elektroden stehen.
    Freundlich sagte Winder: »Sie arbeiten aber noch ganz schön spät in der Nacht.«
    Pedro Luz ging zum Schreibtisch und griff nach dem Aktenkoffer. »Sie haben keine Erlaubnis, sich nach Dienstschluß hier aufzuhalten.«
    »Mr. Chelsea hat nichts dagegen.«
    Daß er Charlies Namen nannte, machte auf Pedro Luz überhaupt keinen Eindruck.
    »Ich behalte den verdammten Aktenkoffer.« Er klemmte ihn sich unter den rechten Arm. »Bis ich von Ihnen eine entsprechende Genehmigung gezeigt bekomme.«
    »Was ist in dem IV-Beutel?« erkundigte Joe Winder sich.
    »Vitamine«, sagte Pedro Luz. »Und jetzt verschwinden Sie.«
    »Wissen Sie, was ich annehme? Ich glaube, Will Koocher wurde ermordet.«
    Pedro Luz verzog das Gesicht, als brenne irgendein Gift in seinen Augen. Sein Kiefer stand unter einem so starken Druck, daß Joe Winder erwartete, die Zähne nacheinander explodieren zu hören, wie Popcorn.
    Winder sagte: »Ich glaube, ich sollte jetzt gehen.«
    Pedro Luz folgte ihm nach draußen, wobei der IV-Ständer quietschend hinter ihm herrollte. Zu Winders Rücken sagte er finster: »Sie dämlicher kleiner Wichser, jetzt muß ich einen Bericht machen.«
    »Pedro, Sie brauchen Ruhe.«
    »Der Doktor ist nicht ermordet worden. Er hat Selbstmord begangen.«
    »Ich glaube nicht.«
    »Mann, ich war früher Cop. Ich kenne den Unterschied zwischen Mord und Selbstmord.«
    Pedro Luz wandte sich um und schloß die Labortür ab. Joe Winder dachte, das wäre ein günstiger Moment, dem Sicherheitsmann seinen Aktenkoffer zu entreißen und die Beine in die Hand zu nehmen. Er rechnete sich aus, daß Pedro Luz ihn niemals einholen könnte, solange er an dem sperrigen IV-Galgen hing.
    Winder dachte zu lange über sein kühnes Manöver nach. Pedro Luz sah über die Schulter und merkte, wie er den Aktenkoffer anstarrte.
    »Na los«, lockte der große Mann ihn. »Versuchen Sie es nur.«
     
    Francis X. Kingsbury und Jake Harp hatten im Ocean Reef Club, ein paar Meilen vom Wunderland der Abenteuer die Straße hinauf, eine ziemlich frühe Abschlagzeit bekommen. Kingsbury spielte im Ocean Reef zwei- bis dreimal pro Woche Golf, obgleich er kein Mitglied war und wohl nie eins werden würde. Der Ocean-Reef-Vorstand, eine höchst exklusive Vereinigung, hatte einstimmig beschlossen, Kingsbury nicht aufzunehmen, weil gewisse wichtige Einzelheiten seiner Biographie nicht geklärt werden konnten, angefangen mit seinem Namen. Erbost über die Ablehnung, wurde Kingsbury zu einer wahren Plage, indem er sich regelmäßig Einladungen von allen Bekannten besorgte, die Mitglieder des Clubs waren, darunter auch der berühmte Jake Harp.
    Widerstrebend hatte Jake Harp eingewilligt, neun Löcher zu spielen. Er hatte etwas gegen das Golfen mit reichen Säcken, aber das war ein Teil der Vereinbarung; mit Francis X. Kingsbury zu spielen, stellte dabei eine ganz besondere Form der Folter dar. Er redete nur über Disney hier und Disney da. Wenn die Aktienkurse um ein oder zwei Punkte gefallen waren, war Kingsbury außer sich vor Freude; wenn der Kurs gestiegen war, war er streitsüchtig und deprimiert. Er bezeichnete das Disney-Maskottchen als Mickey Rattenfresse oder manchmal einfach nur Die Ratte. »Die Ratte möbelt gerade ihre jämmerliche Imitation einer Dschungelfahrt auf«, erzählte Kingsbury mit einem abfälligen Grinsen, »die falschen Hippos sind wohl verrostet.« Bei einer anderen Gelegenheit, als Jake Harp gerade dabei war, einen langen Putt zu einem Eagle zu lochen, begann Kingsbury zu kichern. »Die Ratte hat Probleme in der Halle der Präsidenten! Ich hab gehört, daß sie den Nixon-Roboter rausholen mußten, weil seine Backen die Mauser hatten!«
    Jake Harp, ein Leben lang Republikaner, hatte den Impuls unterdrückt, den Ping-Putter zu nehmen und Francis X. Kingsbury windelweich zu prügeln. Jake Harp mußte freundlich und zuvorkommend bleiben wegen des Falcon-Trace-Auftritts. Es war seine zweite Chance, einen Golfkurs zu entwerfen, und er wollte nicht schon wieder alles vermasseln: drüben auf Sanibel suchten sie noch immer nach jenem geheimnisvollen

Weitere Kostenlose Bücher