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Große und kleine Welt (German Edition)

Große und kleine Welt (German Edition)

Titel: Große und kleine Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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allein war.
    "Ja," anwortete Frau von Vaudremont. Es lag dabei in ihren Zuegen ebensoviel Schlauheit als Heiterkeit. Das Laecheln, das ueber ihre Lippen und ihre Wangen Leben verbreitete, der feuchte Glanz ihrer Augen war mit jenen Irrlichtern zu vergleichen, die den verspaeteten Wanderer taeuschen. Martial glaubte sich noch immer geliebt; er nahm jene kokette Haltung an, in der sich ein Mann so selbstgefaellig in der Naehe der von ihm Geliebten wiegt, und sagte mit Geckenhaftigkeit: "Werden Sie mir nicht boese werden, wenn es scheint, als legte ich grossen Wert darauf, den Namen der Unbekannten zu erfahren…."
    "Und werden Sie mir nicht boese werden," versetzte Frau von Vaudremont, "wenn ich Ihnen infolge einer letzten Spur von Liebe den Namen nicht sage und Ihnen zugleich verbiete, die geringste Annaeherung an jene junge Dame zu wagen? Sie koennten vielleicht Ihr Leben aufs Spiel setzen."
    "Meine Dame, Ihre Liebe zu verlieren ist schmerzlicher, als das Leben zu verlieren…."
    "Martial!…" sagte die Graefin ernst, "es ist Frau von Soulanges! Und ihr Mann wuerde Ihnen eine Kugel durch das Hirn jagen, wenn Sie ein solches haben, sobald Sie…."
    "Ach!" fiel ihr der Geck lachend in die Rede, "der Oberst laesst den in Frieden leben, der ihm Ihr Herz entrissen hat, und er sollte sich fuer seine Frau schlagen?… Welche Umkehrung der Grundsaetze!… Ich bitte Sie, lassen Sie mich mit der kleinen Dame tanzen. Sie werden auf diese Weise am schnellsten den Beweis erhalten, wie wenig Liebe das eiskalte Herz besitzt, das Sie verabschiedet haben, denn wird der Oberst boese darueber, dass ich seine Gattin zum Tanzen veranlasse…."
    "Sie liebt aber ihren Mann…."
    "Das ist wieder ein Einwurf, der…."
    "Sie ist aber verheiratet…."
    "Koestliche Einwaende in Ihrem Munde!"
    "Ach!" sagte die Graefin mit einem bitteren Laecheln, "Ihr bestraft uns bitter fuer unsere Fehltritte und unsere Reue! Dann beklagt Ihr Euch noch ueber unsern Leichtsinn! So wirft der Herr seinen Sklaven die Sklaverei vor. Welche Ungerechtigkeit!" "Betrueben Sie sich nicht!" sagte Martial lebhaft. "Oh, ich bitte Sie darum, verzeihen Sie mir! Hoeren Sie! Ich denke nicht mehr an Frau von Soulanges."
    "Sie verdienten, dass ich Sie zu ihr schickte!"
    "Ich gehe schon…." sagte der Baron lachend; "allein ich werde verliebter in Sie zurueckkehren, als ich es je gewesen bin, und Sie werden sehen, dass sich auch das huebscheste Weib von der Welt eines Herzens nicht bemaechtigen kann, das Ihnen gehoert."
    "Das heisst, Sie wollen das Pferd des Obersten gewinnen?"
    "Ha, der Verraeter!" antwortete er lachend und drohte seinem laechelnden
Freunde mit dem Finger.
    Nun naeherte sich der Oberst, und der Baron trat ihm seinen Platz neben der Graefin ab, zu der er noch spoettisch sagte: "Meine Dame, dieser Herr hat sich geruehmt dass er an einem Abend Ihre Liebe erwerben koenne!"
    Er entfernte sich, waehrend er sich freute, die Eigenliebe der Graefin erweckt und dem Obersten ein Bein gestellt zu haben; ungeachtet seiner gewoehnlichen Schlauheit, hatte er doch nicht den ganzen Spott erraten, der in den Reden der Frau von Vaudremont lag; er hatte nicht einmal bemerkt, dass sie ebensoviele Schritte seinem Freunde entgegengetan habe, als dieser ihr entgegengegangen war.
    Als sich Martial dem glaenzenden Kandelaber naeherte, hinter dem die Graefin von Soulanges sass, trat deren Gemahl mit wilden Blicken in die Tuer des Salons und zeigte zwei Augen, in denen das Feuer der Leidenschaft flammte. Die alte Herzogin, die auf alles aufmerksam war, naeherte sich ihrem Neffen mit der Lebendigkeit einer jungen Frau und bat ihn um seinen Arm und um seine Kutsche, um sich entfernen zu koennen, indem sie eine schreckliche Langeweile vorschuetzte und sich schmeichelte, auf solche Weise ein peinliches Aufsehen zu vermeiden. Bevor sie ging, gab sie noch ihrer Nichte ein Zeichen des Einverstaendnisses, indem sie zugleich auf den kuehnen Kavalier deutete, der sich bereit machte, sie anzureden. Ihr strahlender Blick schien zu sagen: "Da ist er, raeche Dich!"
    Frau von Vaudremont fing den Blick der Tante und den der Nichte auf. Ein ploetzliches Licht fiel in ihr Herz, und die junge Kokette befuerchtete, von der alten, in Raenken so erfahrenen Dame genarrt worden zu sein.
    "Diese treulose Herzogin," dachte sie, "wird es vielleicht ergoetzlich gefunden haben, mir eine moralische Vorlesung zu halten und zugleich einen schlechten Streich nach ihrer Weise zu spielen." Bei diesem Gedanken wurde die

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