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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Kästchen zu Mondschein, und von da zu
     Großer-Tiger und Christian, die ihn mit dem Fußfall der Verehrung grüßten.
    »Nicht ich«, rief Mondschein schluchzend. »Die da! Sie sind durch die Erde gekrochen, und die Luft blieb ihnen weg.«
    »Pfötchen«, sprach Dampignak ernst, und er gab ihm das Kästchen zurück, »die Wendezeit ist da.« Er hob Christian und Großer-Tiger
     auf und umarmte sie schweigend.
    Nachher, als sie das Tal hinaufschritten, und als man schon Kao-Scheng und seine Leute sah, die beim Tagesanbruch ein Feuer
     angemacht hatten und Tee und Futterbohnen kochten, sagte der Uralte-Herr leise zu Christian und Großer-Tiger: »Vergebt mir,
     ich kann euch nicht danken, denn Worte sind bloß ein erbärmliches Geräusch.«

Neunundvierzigstes Kapitel, in dem es allmählich ernst wird
    »Ei ja!«, rief Kao-Scheng von weitem, »die Herren hatten einen Morgenspaziergang gemacht.«
    »Wir haben das Trankopfer dargebracht«, log Mondschein, und er steckte das Kästchen vor aller Augen in den ledernen Reisesack
     von Großer-Tiger, wo es Platz gab. »Die Opfergefäße«, erklärte er mit einem Blick auf das Kästchen, »müssen vor Sonnenaufgang
     gereinigt sein.«
    »Ich verstehe«, sagte Kao-Scheng höflich, »es ist eine Wohltat für die Geister der Abgeschiedenen. Darf ich die Herren zum
     Tee bitten?«
    Christian und Großer-Tiger hatten Hunger. Sie leerten den Reisesack Christians aus, damit alle zugreifen konnten, und als
     die Soldaten sahen, dass es nicht bloß Hirse gab, sondern Dörrfleisch und Käse, wurden sie gesprächig. Vier von ihnen waren
     Dunganen, und einer war ein richtiger Sarte mit einem großen schwarzen Vollbart. Christian und Großer-Tiger verstanden nicht,
     was die Dunganen sagten, obwohl sie chinesisch sprachen, und der Sarte war schweigsam. Kao-Scheng musste den Dolmetscher machen.
    »Die edlen Wohltäter«, sagte er und verneigte sich gegen Christianund Großer-Tiger, »mögen die Ungebildetheit meiner Leute vergeben. Sie bedanken sich für ein königliches Frühstück, aber leider
     stehen sie vor der Umgangssprache der Gebildeten wie vor einer verschlossenen Tür.«
    Trotz dieser Schwierigkeit wurde drauflos geschwatzt, bis Mondschein energisch zum Aufbruch mahnte. Aber so schnell ging das
     nicht. Einmal waren die Futterbohnen nicht weich genug, dann mussten die Pferde getränkt werden, und nachher war das Packpferd,
     das die Soldaten bei sich hatten, nicht beladen.
    »Wozu die Eile, befehlender Herr?«, fragte Kao-Scheng, »in der Eile sind Fehler.«
    »Höre«, sagte Mondschein, »du willst doch gern Oberst werden?«
    »Beförderung ist kein Nachteil«, gab Kao-Scheng zu.
    »Man kann auf verschiedenen Wegen befördert werden«, belehrte ihn Mondschein.
    »Es gibt Bestechung, aber sie ist teuer und ungewiss. Es gibt hervorragende Geistesgaben, aber wie soll man beweisen, dass
     man sie besitzt? Das Sicherste ist, wenn man Verdienste erwirbt und einen Verbrecher fängt.«
    »Hier gibt es keine«, sagte Kao-Scheng bedauernd, »und wenn es welche gibt, dann sagen sie es nicht. Sie sind sozusagen schweigsam.«
    Mondschein hielt Kao-Scheng an einem seiner goldenen Knöpfe fest. »Du hast recht«, sagte er, »die Schwierigkeiten beim Verbrecherfang
     sind groß, weil man es den Kerlen nicht ansieht. Trotzdem haben wir herausgekriegt, dass der größte Verbrecher zwischen den
     vier Meeren sich hier herumtreibt.«
    Kao-Scheng entsetzte sich. »Hier?«, rief er laut, »dann müsste ich ihn ja kennen.«
    »Allerdings«, sagte Mondschein, »und er heißt Grünmantel.«
    »Wie?«, schrie Kao-Scheng. »Was? Der ehrenwerte Kaufherr Grünmantel?«
    »Nicht so laut«, bat Mondschein. »Was ich sage, will ich dir beweisen, denn du bist ein Hauptmann an der Grenze und darfst
     nicht alles glauben, weil es Leute gibt, die Lügen loslassen. Also musst du den Fall prüfen.«
    »Wie soll ich etwas prüfen, von dem ich nichts weiß?«
    »Man prüft, indem man Fragen stellt«, belehrte ihn Mondschein, »das nennt man ein Verfahren, und jetzt geht es los.«
    »Wenn der befehlende Herr Mondschein nichts dagegen hat, möchte ich lieber antworten, statt fragen.«
    »Wie du willst«, sagte Mondschein und ließ den goldenen Knopf Kao-Schengs los, »wir wollen uns setzen.«
    »Muss man das?«
    »Man kann besser nachdenken«, behauptete Mondschein. »Sage mir«, begann er, »wie war das, als man dir den Auftrag gab, nach
     den beiden Heldensöhnen Kompass-Berg und Großer-Tiger zu

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