Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
still.
    »Sie sind fertig«, sagte Dampignak, »ich muss mich eilen.«
    In diesem Augenblick trat Schlangenfrühling aus der Höhle. Erhielt die schöne Sturmlaterne Glücks in der Rechten, aber sie war schwarz verrußt. Die spitze zuckende Flamme darin hatte
     keine Leuchtkraft mehr, und Schlangenfrühling löschte sie aus. Nach einer Weile, als das Glas kalt geworden war, nahm er es
     aus dem Schutzgestell und putzte es mit Baumwolle blank. Er beschnitt den Docht und zündete die Laterne wieder an. Da brannte
     sie hell. Schlangenfrühling wechselte mit dem Geschäftsführer ein paar Worte, und dann gingen sie miteinander in die Höhle.
    »Zu spät«, murmelte Dampignak, »jetzt bleibt nur noch Kasim.« Er starrte auf den Lichtfleck im Dunkel, der in seinen Augen
     zwei winzige glühende Spiegel entfachte.
    Zum ersten Mal sah Christian, wie geräumig die Höhle war. Beide Männer gingen aufrecht durch den gewölbten Bogen, aber schon
     nach wenigen Schritten blieben sie stehen. Schlangenfrühling hob die Laterne hoch. Da sah man sie nicht mehr. Man sah nur
     noch den friedlichen gelben Schein, der die gefurchten Wände erhellte. Ein paar Sekunden standen die schwarzen Umrisse des
     großen Schlangenfrühling und des kleinen Dicken beisammen und rührten sich nicht. Dann traten sie auseinander. Sie machten
     einem Dritten Platz, der auf einmal irgendwoher kam, dem Dicken etwas gab und wieder verschwand. Von da an hatte der Geschäftsführer
     eine Spitzhacke in der Hand, und er kriegte noch mehr Werkzeuge dazu, als Grünmantel wieder kam. So beladen, machte er sich
     auf den Rückweg. Hinterdrein ging Schlangenfrühling, der die Laterne trug. Er hielt sie ein klein wenig niedriger, und es
     war deutlich, dass er Grünmantel leuchtete, der gebückt ging und aus einer Kanne den weißen Baumwollstrick am Boden mit Benzin
     begoss. Sie waren bis zum Ausgang der Höhle gelangt, und eben traten sie ins Freie, als ein Schuss fiel. Es war der erste
     der nächtlichen Schreckschüsse, die Kao-Scheng befohlen hatte. Es war auch der letzte. Der scharfe Knall durchzuckte Grünmantel,
     und das Entsetzen fuhr durch Schlangenfrühling. Seine Knie knickten ein; er ließ sich einfach fallen. Grünmantel riss die
     Laterne hoch, aber da war das Glas schon zerbrochen, und ein Flammenband lief durch die Höhle. Für den Bruchteil einesAugenblicks war sie taghell erleuchtet. Dann schoss ein Blitz heraus, grell wie ein Degenstich, ein schwaches Leuchten tastete
     über die wankenden Felsen, und dann ging alles unter in dem Donner, der Fallende-Wand von unten bis oben füllte.
    Selbst auf dem Berggipfel bebte die Erde unter der Wucht der stürzenden Wände. Christian spürte den Luftdruck und das Wehen
     eines heißen Windes, der über dem Gebrüll der Felsmassen nach oben flog. Als es verstummte, fiel ein dichter Steinregen von
     allen Seiten in die Schlucht. Eine Staubwolke wogte bis zu der Kuppe, auf der Christian mit Großer-Tiger gelegen war, und
     da schwebte sie noch lange.
    »Schon vorbei?«, fragte Christian schnüffelnd. Die Luft roch nach trockenem Staub, nach heißem Stein, ein wenig nach Benzin
     und nach etwas, das Christian nicht kannte. Vielleicht ist es Pulver, dachte er, oder das andere, das schlimmer ist als Pulver.
     Aber davon hatte Christian den Namen vergessen.
    Dampignak stand auf. »Komm«, sagte er ruhig.
    Christian nahm das Kästchen, das an dem Platz lag, wohin Großer-Tiger es gelegt hatte. Sein Herz schlug laut. Er ging hinter
     Dampignak her, der in den Filzschuhen von Kao-Scheng den Gipfel abwärtsschritt. Auf den Steinkaren und zwischen den Felsen
     lag die Klarheit der Nacht. Bald erblickten sie den schimmernden Bergrücken, der ins Tal führte. Sie gingen und sprachen kein
     Wort. Als sie in die Nähe von Kao-Schengs Lagerplatz kamen, hörten sie Pferdeschnauben und aufgeregte Männerstimmen. Kao-Scheng
     schrie, und dazwischen hörte man Großer-Tiger etwas sagen. Es war aber immer das Gleiche:
    »Wartet noch zwei Augenblicke. Bitte wartet.«
    »Nein«, rief Kao-Scheng, »wenn der Himmel einstürzt, ist es ein deutliches Zeichen, dass wir hier nicht hergehören. Wir haben
     uns zu weit vorgewagt.«
    Er hatte den einen Fuß schon im Steigbügel, als Dampignak in den Schein des Feuers trat.
    »Hauptmann«, sagte Dampignak, »ich höre, dass es eilt. Darf ich bitten, die Schuhe vorher mit mir zu tauschen.«
    »Ach so!«, sagte Kao-Scheng verblüfft, »aber dann   …«
    »Wir wollen uns setzen«, schlug

Weitere Kostenlose Bücher