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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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weilt, steht
     Euch das Recht des Einzugs zu.«
    »Hauptmann«, sagte Dampignak, »ich danke Euch.«
    Christian und Großer-Tiger tranken eine Schale heißen Tee. Dann wurde aufgesessen. Kao-Scheng ritt neben Dampignak, nachher
     folgten die Übrigen, und ein Soldat führte das Packpferd hinterdrein.
    Der Morgen lag mit stumpfem Grau auf der Wüste, die Steine glänzten noch nicht, und der Sand war ohne Farbe. Als sie zu dem
     Hügel kamen, auf dem Kasim gelegen war, öffnete sich vor ihnen das Felsental. Man sah die braunen Wände, und weil es schon
     heller geworden war, erkannte man die frischen Bruchflecke im Gestein. Man sah auch den toten Esel liegen, aber mehr gab es
     nicht zu sehen. Der schräge Ausläufer von Kasims Hügel verwehrte den Einblick. Die Reiter hielten, und Kao-Scheng stieg ab.
    Sogleich sprangen auch seine Männer aus dem Sattel. Die ersten Sonnenstrahlen berührten die Felswände von Fallende-Wand,und der Himmel färbte sich zart und blau wie zu einem Friedensfest.
    Dampignak schwieg und wartete, und Kao-Scheng sagte auch nichts. Weil es aber doch einmal sein musste, machte er nach einer
     Weile aufmerksam, dass die Sonne scheine und mithin die richtige Zeit zu einem, wie Kao-Scheng sagte, siegreichen Einzug gekommen
     wäre.
    »Warte zwei Augenblicke«, sagte Dampignak und er wies auf Kasim, der auf den Hügel gegangen war und kniend mit dem Gesicht
     nach Westen sein Morgengebet sprach. Die vier Dunganen taten nicht dergleichen. Sie waren auch Rechtgläubige, aber was kümmerte
     sie das? Zu lange schon ritten sie an der Grenze herum. Entweder lagen sie in den Herbergen oder unter freiem Himmel. Der
     Mullah war fern, und sie tranken Schnaps, sooft es welchen gab.
    Kasim hatte seine Andacht beendet. Fröhlich stand er auf und kam den Hügel herab. Er ging auch gleich zu seinem Pferd und
     wollte aufsteigen. Als ihm Kao-Scheng bedeutete, dass er zurückbleiben müsse, weil die Ehre des Einzugs an Dampignak vergeben
     sei, trat er vor den Uralten-Herrn und bat, mit ihm reiten zu dürfen. Kao-Scheng begann zu vermitteln, aber Dampignak verstand
     auch so, was Kasim wünschte.
    Er nickte ihm freundlich zu und sagte: »Bolna!«
    »Seid nicht so laut«, mahnte Kao-Scheng, »ich bitte Eure Herrlichkeit, nicht zu reden, sonst passiert was. Wenn aber was passiert«,
     fügte er großartig hinzu, »werde ich Euch zu Hilfe eilen.«
    »Ich danke Euch, Hauptmann«, sagte Dampignak, hob den Daschior, und der Hengst flog wie ein Pfeil von der Sehne. Kao-Scheng
     schüttelte den Kopf, Christian und Großer-Tiger galoppierten hinterher, und Kasim ritt in ihrer Mitte. Auf dem festen Boden
     schlugen die Hufe hart und wirbelten den Staub empor, der in der Nacht gefallen war. Anfangs gab es auf der Bergseite nur
     Schutthalden und große Steine, die heruntergerollt waren. Dann aber kam die Stelle, wo der Bach aus dem Tal trat und zwischen
     dem Kies versickerte. Dort begann eine Felswand, die allmählich anstieg und nachher gerade weiterlief. Sie war nicht ganz
     so hoch wie die Mauer von Möng-Schui, aber siewar schwarz, und wahrscheinlich war sie aus dem gleichen Stein, den es in den Bergen gab, wo sie Dämbit getroffen hatten.
     Hart an der Felswand stand der Wagen.
    Großer-Tiger und Christian sahen den eingedrückten Scheinwerfer, und sie sahen auch, dass der andere noch ganz war, und alles
     schien ihnen so vertraut, als hätten sie nur eine kurze Rast gemacht und würden gleich weiterfahren.
    Dampignak zügelte den Hengst. Kasim, der das Gewehr vor sich auf dem Sattel liegen hatte, hing es um die Schulter, lächelte
     und wies auf das Führerhaus, in dem einer saß. Als die Reiter wenige Meter vor dem Wagen hielten, drückte der Kerl auf die
     Hupe, und die Hupe machte: Tüt, tüt, tüt, tüt. Wie auf Kommando stiegen die Pferde, und Mondschein nahm schleunigst die Hand
     von dem schwarzen Gummiball.
    »Pfötchen!«, rief Dampignak, »dummes altes Pfötchen!«
    Mondschein öffnete die Tür, in der es noch immer kein Fenster gab und stieg schuldbewusst vom Trittbrett.
    »Du bist schon hier?«, fragte Dampignak.
    »Euer Befehl lautete, bis zum Sonnenaufgang in der Schlucht zu bleiben«, erwiderte Mondschein, »das habe ich getan, obschon
     es mir schwer fiel.« Er blickte Dampignak fragend an.
    »Sie sind tot«, sagte der Uralte-Herr und stieg ab. »Der Himmel hat es so gewollt.«
    »Ich wusste es«, sagte Mondschein, »und ich war fröhlich im Herzen. Wie kommt es, dass ich jetzt traurig

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