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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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bin?«
    »Pfötchen«, sprach Dampignak, »zwanzig Jahre waren wir in Bedrängnis, da vermindert sich der Groll. Weine ihm nicht nach.«
    »Gestern hatte ich ihn noch«, sagte Mondschein verbissen.
    Aber Dampignak schüttelte den Kopf. »Du irrst«, sagte er, »dein Mund tat wichtig, doch du warst in Ratlosigkeit. Jetzt wollen
     wir den Wagen betrachten, bevor Kao-Scheng hier eintrifft.«
    »Er stinkt«, sagte Mondschein.
    »Das ist nun einmal so«, erklärte Christian, »Wagen, die von selber gehen, tun das.«
    »Besonders wenn sie voll mit Benzinkannen geladen sind«, fügte Großer-Tiger hinzu.
    »Dämbit sagte, die Kannen seien leer gewesen, als er Grünmantel begegnete«, gab Christian zu bedenken.
    »Mal sehen«, sagte Großer-Tiger. Er kletterte auf den Wagen und versuchte einen Kanister zu heben und dann den nächsten, aber
     sie waren zu schwer bis auf den einen, aus dem Schlangenfrühling den Tank nachgefüllt hatte.
    »Benzin ist keines drin«, sagte Großer-Tiger, »es muss was anderes sein.«
    »Und das Fass?«, fragte Christian.
    »Es ist voll«, sagte Großer-Tiger, »und ich glaube, es ist Benzin.« Aber aufmachen konnte er es nicht, weil es in der Ecke
     stand und zur Hälfte ausgelaufen wäre, wenn er den Schraubdeckel geöffnet hätte.
    Da befahl Dampignak, das Schutzbrett aufzumachen. Christian und Großer-Tiger holten einen Hammer aus der Kiste im Führerhaus,
     und sie schlugen die Bolzen aus den Ringen, die fest darin steckten. Das Schutzbrett fiel herunter, und alle standen dabei
     und schauten, aber keiner sagte was. Auf der Ladefläche lag ein Silberbarren dicht neben dem andern. Über der ersten Schicht
     lagen Bretter, und auf den Brettern lagen wieder Silberbarren, und es sah aus wie eine Ladung kleiner grauer Ziegelsteine.
     Dann kamen noch einmal Bretter, auf denen die Kanister standen. Wer den Wagen von außen betrachtete, musste denken, Grünmantel
     hätte nur Benzin geladen und weiter nichts. Jetzt sah man freilich, dass es Silber war.
    Kasim zog einen der schmalen Barren unter den Brettern hervor und prüfte den Prägestempel. Er reichte Dampignak den Silberschuh,
     und er rief: »Es gibt keine Macht außer bei Allah dem Erhabenen, Großen!«
    Da merkten Christian und Großer-Tiger, dass es mit dem Silber etwas Besonderes auf sich hatte, und weil sie Kasims Worte nicht
     verstanden, schauten sie erwartungsvoll auf Dampignak.
    »Es ist der Stempel des alten Gebieters in Urumtschi«, sagte Dampignak, »das Silber gehört ihm.«
    Er schob den Barren wieder an seinen Platz, und Mondschein hob einen der Kanister vom Wagen herunter.
    Als er den Schraubdeckel öffnete, roch es zwar ein bisschennach Benzin, es gluckerte auch, und eine Flüssigkeit lief heraus. Es war aber bloß Wasser. Auf dem Grund des Kanisters lagen
     acht Silberbarren. Bei allen andern war es auch so, und deshalb waren sie so schwer. Auf einmal begriffen Großer-Tiger und
     Christian, warum Grünmantel fünf Tage in Fallende-Wand zugebracht hatte, und es wurde ihnen Verschiedenes klar.
    »Wir wollen Kao-Scheng rufen«, sagte Dampignak.
    Kasim ritt fort, um ihn zu holen, und als sie allein waren, sagte Mondschein: »Schong-Ma hat wegen des Silbers eine ganze
     Karawane ums Leben gebracht, aber ich begreife nicht, warum er es nicht früher fortgeschafft hat. Zehn Jahre sind eine lange
     Zeit.«
    »Das ist leicht zu begreifen«, setzte ihm Großer-Tiger auseinander. »Mit einer Kamelkarawane ging es nicht; es hätte zu viele
     Mitwisser gegeben. Also ließ er das Silber in der Höhle liegen, in einem Nebengang vielleicht, den er verschüttete. Da lag
     es sicher und das Kästchen auch, denn es traute sich sowieso niemand mehr nach Fallende-Wand.«
    »Grünmantel«, sagte Christian, »ließ sich Zeit. Er wartete auf eine Gelegenheit, und als er Glück in Hwai-Lai-Hsien traf,
     dachte er, es sei der richtige Augenblick. Gleich wollte er den Wagen von Glück haben.«
    »Aber Glück widerstand der Versuchung«, behauptete Großer-Tiger.
    »Na, na!«, sagte Mondschein zweifelnd.
    Doch Christian und Großer-Tiger widersprachen ihm heftig. Sie wollten Glück zu einem Gesicht verhelfen, und sie rühmten seine
     Unbestechlichkeit.
    »Es gab keine Hilfe«, sagten sie, »wenn Grünmantel den Wagen haben wollte, musste er ihn stehlen. Also hat er es getan. Glück
     ist ein Vorbild der Rechtschaffenheit.«
    »Ich merke«, sagte Mondschein grinsend, »die Zeit, in der die Rotbärte aussterben, ist nicht mehr fern, da sie sich jetzt
    

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