Großstadt-Dschungel
zwischen den Beinen. Leider ist es nicht diese O-ja-ich-will-auch-ein-bisschen-mit-dir-rumturteln-Feuchtigkeit. Die Bank ist einfach nass. Sam bringt mich um, wenn ich ihr rückenfreies graues Kleid schmutzig mache.
Als ich versuche aufzustehen, knallt Jonathan seine Lippen mitten in mein Gesicht.
Ich meine das Knallen ganz buchstäblich. Jonathan küsst mich nicht. Ein solcher Angriff würde das Wort „küssen“ doch zu sehr entwerten.
Seine Oberlippe ist sonstwo, aber nicht in der Nähe von meiner, seine Zunge ist quasi überall, und ich weiß nicht genau, was seine Unterlippe treibt.
Ich stoße ihn weg. „Ich muss gehen“. Seufzen. Ich werde ihm den Dreikaratring zurückgeben müssen.
„Aber es ist doch noch früh!“
Dankbarerweise ist Donnerstag, und ich kann die Arbeit als Ausrede nutzen. „Ich habe morgen früh eine Besprechung.“ Ich entscheide mich gegen die Zickennummer; schließlich ist er immer noch Jonathan Gradinger. Er könnte ja durchaus ein paar bemerkenswerte Freunde haben. „Danke für den Theaterbesuch.“
„Es war mir ein Vergnügen. Tut mir Leid, dass du morgen so früh raus musst. Ich habe mich wirklich gut unterhalten.“
Da bin ich mir sicher. „Gute Nacht“, sage ich, stehe dieses Mal wirklich auf, hole die Schlüssel aus der Tasche, gehe auf die Haustür zu und schließe sie auf.
Es wurde kälter, so ging es zu Ende
. Ich wünschte, ich könnte ihm sagen, dass wir Freunde blieben. Aber er ist kein Danny Zukoe.
Mit einem Perversen kann ich umgehen. An einem Mangel an Sensibilität kann man arbeiten. Aber ein schlechter Küsser? Das kann ich mir nicht vorstellen.
So weiß ich aber wenigstens, warum er noch Single ist.
6. KAPITEL
L ass deine Männlichkeit woanders wallen
„Nie zuvor hatte sie eine so starke Erregung gespürt. Als er seinen nackten, harten Oberkörper fest gegen sie presste, spürte sie, wie ihre Brustwarzen steif wurden. Sie wollte nicht länger warten. Sie war feucht und bereit. Sie streifte sich ihren weißen Slip ab und setzte sich auf ihn. Mit einem einfachen Stoß drang er mit seiner wallenden Männlichkeit in sie ein.“
Es ist hart, sich auf die Frage der richtigen Zeichensetzung zu konzentrieren, wenn die Arbeit einen an das erinnert, was anders laufen sollte. Obwohl mich die Vorstellung von Sex nach der Woche, die ich hatte, gänzlich anwidert. Erst der Rohrkrepierer Jon am Donnerstag und dann der super Rohrkrepierer am Samstag. Kaffee tut meiner Konzentration vielleicht ganz gut. Ich bahne mir meinen Weg durch das Labyrinth der Büroflure zu der winzigen Küche, öffne den Schrank und greife nach meinem … Mein Becher ist weg.
Ein letzter verzweifelter Blick in den Abwasch, von dem ich von vornherein weiß, dass er erfolglos sein wird; meine Spültechnik basiert normalerweise darauf, die Tasse unter dem Wasserhahn auszuspülen.
Wo sammeln die denn überhaupt den Abwasch?
Aha!
Nein. Nein. Nein! Mein Becher ist nicht da.
Warum sollte jemand anderes meinen Becher genommen haben? Genau genommen ist es Sams Becher, aber sie hat ihn noch nicht vermisst, so dass es theoretisch meiner ist. Da ist ein ganz süßer Eisbär drauf, und der gehört mir, mir und nur mir, und jetzt hat ihn irgendein Bürodieb geklaut. Vielleicht sollte ich ihn das nächste Mal heimlich mit einem Abführmittel präparieren. Auf diese Weise könnte ich den feigen Täter über die Häufigkeit seiner Toilettenbesuche überführen. So aber kann ich nicht umhin, den Becher von jemand anderem zu nehmen. Ich hasse es, wenn das passiert, hasse es wirklich.
„Morgen, Jackie“, begrüßt mich Julie, die andere „True Love“ Lektoratsassistentin. Obwohl sie ein sehr ernster Mensch ist, gehört sie zu den wenigen Assistentinnen, die ich einigermaßen leiden kann – sie ist keine von Helens Groupies.
„Morgen, Julie. Wie geht’s?“
„Gut, und dir?“
„Gut. Gut.“
„Jackie, darf ich dich was fragen?“ Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt, wodurch ihr schwarzer Blazer etwas nach oben gerutscht ist.
Da stehe ich und erwarte Sätze wie: „Schreibst du nach einem Doppelpunkt groß weiter?“ Oder noch besser (weil es meine professionelle Einschätzung erforderte und damit unterstellt wäre, ich hätte eine): „Setzt du lieber einen Binde- oder einen Gedankenstrich?“ Stattdessen sagte sie: „Kann ich dich mit meinem Bruder verkuppeln?“
„Hm? Dein Bruder?“
„Ja, ich glaube, du bist sein Typ.“
Mir ist nicht ganz klar, wie sie zu dem Schluss
Weitere Kostenlose Bücher