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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Mlynowski
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wieder hochzieht, Reißverschluss zu, mit einem Sprung zum Apparat hechtet, um noch mitzukriegen, wie die andere Person auflegt.
    Dreißig Minuten später liegen meine Haare wunderschön und unnatürlich glatt.
    Ich stolziere wie ein Model auf dem Laufsteg ins Wohnzimmer. Sam schmiert sich Erdnussbutter auf eine Selleriestange.
    „Ich habe versucht dir zu sagen, dass du dir mit deinen Haaren nicht so viel Mühe geben musst. Es regnet.“
    Verflixt.
    „Heute ist der Tag“, fährt sie fort und reicht mir ein satt mit Erdnussbutter bestrichenes Stück.
    „Was für ein Tag?“ Ich glaube, ich habe meinen Schirm im Büro vergessen. Ich hasse es, wenn mir das passiert. Warum passiert mir das andauernd? Was ist bloß falsch an mir? Warum ist mein Schirm nie da, wo er sein soll?
    „Ultimativer Tag.“
    Oh-oh. In dieser speziellen Sekunde scheinen mir Sams potenzielle Probleme doch tiefer zu reichen als mein fehlender Schirm. „Das ist kein guter Plan.“
    „Doch, ist es. Candice meint, man muss die Dinge beim Namen nennen. Und in meinem Fall heißt das: Ich möchte mit jemandem zusammen sein, mit dem ich die Zukunft planen kann. Wenn er nicht der Typ dazu ist, dann muss ich mir jemand anderen suchen.“
    „Bist du sicher, dass du es aushältst, wenn er nicht das sagt, was du hören willst? Wer ist eigentlich Candice?“
    „Die Autorin von ‚City Girls‘.“
    „Ich glaube, du machst einen Fehler.“
    „Aber ich werde es tun.“ Sie schmiert noch mehr Erdnussbutter auf eine Selleriestange.
    Ich habe ein Monster geschaffen.
    Um halb zehn sitzt Damon auf einer Bank an der Ecke. Er trägt ein graues Shirt mit horizontalen grünen Streifen. Sein Kleiderschrank muss irgendwie wie eine geometrische Streifengrafik aussehen.
    „Hallo“, sagt er und küsst mich auf die Wange, was ich wirklich gut gefunden hätte, hätte ich auf den zweiten Blick nicht bemerkt, dass er Jeans anhat. Jeans! Wer zieht heutzutage bei seinem ersten Date noch Jeans an? Ebenso gut hätte er die Hände in der Hose haben und sich kratzen können. Hatte er im „Orgasm“ auch schon Jeans an? Ich war zu abgelenkt von seinen Streifen, um darauf zu achten.
    Immerhin hat es aufgehört zu regnen.
    „Hi“, begrüße ich ihn. „Und, wo gehen wir hin?“
    „Keine Ahnung. Wohin willst du?“ Geht jetzt das Was-willst-du-machen-nein-was-willst-du-machen-Spiel aus der Mittelstufe los? Das hier ist ein Date.
Er
hat mich gefragt, ob wir uns treffen wollen. Also sollte
er
sich auch über diese Straßenecke hinaus Gedanken gemacht haben. Was ist denn überhaupt aus dem schnuckeligen französischen Café geworden, in dem er mir die Geheimnisse des Universums verraten will? Natürlich! Deswegen hat er Jeans an. O Gott, heißt das etwa, ich hätte auch Jeans anziehen sollen, und weil ich es nicht tat, denkt er, ich wollte nicht ins Café, und deswegen spielt er das Mittelstufenspiel?
    „Was ist mit dem ‚Rose‘? Es ist gleich die Straße runter“, schlägt er vor. Unbewusst hatte er sich selbst gerade davor bewahrt, in meinen Dating-Kriegsberichten, den gewesenen und den kommenden, als der Erst-hat-er-drauf-bestanden-mich-an-einer-Ecke-zu-treffen-dann-kam-er-in-Jeans-und-zu-allem-Überfluss-wusste-er-nicht-wohin-Typ einzugehen.
    Das ‚Rose‘ ist eine ganz kuschelige Bar. Die Decken sind so niedrig, dass ein größerer Typ als Damon den Kopf einziehen müsste. Außer uns und einem anderen Paar ist der Laden leer, so können wir die Unterhaltung des Barmanns und der Kellnerin verstehen. Die Holztische sind hoch und rund und erinnern mich ein bisschen an unser eigenes Zuhause.
    Nur dass Sams Tische so poliert sind, dass sich mein Gesicht in ihnen spiegelt; auf diesen hier sehe ich Fingerabdrücke. Wir rutschen auf zwei Metallstühle gegenüber dem Tresen.
    Wir reden darüber, wie kuschelig das Lokal ist.
    Ich werde nervös. Warum kommt die Kellnerin nicht? Es sieht nicht so aus, als wäre sie mit etwas anderem beschäftigt.
    „Ist irgendwas verkehrt?“ fragt er.
    Ich komme mir vor, als säße ich auf einem Klappstuhl in der Turnhalle und müsste meine Abschlussklausur schreiben. „Die Stühle sind nicht besonders bequem“, sage ich. Übersetzung: Du suchst uns besser einen anderen Tisch.
    „Sieht so aus, als wollte uns die Kellnerin nicht bedienen. Ich gehe zur Bar und hole etwas. Was möchtest du?“
    Nichts, was du mir anbieten kannst, Baby. Bislang hat mich Streifen-Boy noch nicht besonders beeindruckt. „Weißwein, bitte“, entgegne ich, und er

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