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Großvater 02 - und die Schmuggler

Großvater 02 - und die Schmuggler

Titel: Großvater 02 - und die Schmuggler
Autoren: Per Olov Enquist
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er Großvater helfen?
    Großvater sagte immer, jeder Mensch habe ein paar spezielle Eigenschaften, die sonst niemand hat. Und wenn man sie nur benutze, dann könne man Berge versetzen – dieses »versetzen« bedeutete »wegschieben«, ungefähr. Jetzt lag Marcus da und grübelte darüber nach, was er selbst konnte, das kein anderer konnte.
    Damit er Großvater helfen konnte, der sich gerade in einer heiklen Lage befand.
    Er kam, was ihn selbst betraf, eigentlich nur auf drei Spezialitäten, die kein anderer in seiner Altersklasse aufzuweisen hatte.
    Die erste war Einhandklatschen .
    Er war damit noch nicht ganz so weit, Großvater konnte es besser, weil er größere Hände hatte. Man musste lange trainieren, aber wenn man es konnte, hörte es sich heftig an. Wenn man mit der linken Hand in der Tasche auf einer Fußballtribüne saß und mit der anderen klatschte, dass es knallte, dann hörte es sich ziemlich heftig an. Vor allem, weil die andere Hand in der Tasche war. Echt stark. Man durfte die eine Hand nicht gegen etwas schlagen, und trotzdem knallte es. Einhandklatschen. Und alle waren überrascht.
    Die zweite Spezialität war Schaufensterpuppe stehen . Da brauchte man nur genau zu sein. Man musste stehen wie die Puppen in den Schaufenstern, das eine Bein ein wenig vor dem anderen und den Fuß in einem Winkel von ungefähr zwanzig Grad nach außen gestellt. Man sollte in der Mitte leicht nach vorn gebeugt sein, nicht viel, man musste es vor dem Spiegel üben. Ein bisschen so, wie wenn man sich mit der Brust über eine Ziellinie warf . Sich brüsten, nur ein bisschen natürlicher eben. Der rechte Arm musste leicht nach außen gewinkelt und die Hand geöffnet sein, als machte man eine einladende Geste . Aber das Wichtigste war der Kopf: leicht nach links gewandt und der Mund halb offen, sodass man ein wenig überrascht, aber freundlich aussah. Als wäre man plötzlich riesig froh über die Sachen, die einem angezogen worden waren. Dieser Blick und der halb offene Mund, das war das Wichtigste, also der halb offene Mund aus Freude. Denn man durfte nicht aussehen wie ein Idiot, sondern nur wie ein verblüffter Typ, der sozusagen eingefroren war. Dann musste man absolut stillstehen und eingefroren und verblüfft sein, bis die Zuschauer begriffen hatten und in spontanen Applaus ausbrachen oder so ähnlich. In anhaltenden Applaus vielleicht.
    Am Anfang des Sommers hatten mehrere Kinder, beispielsweise Moa oder Gabriel, zu Marcus gesagt: »Zeig mal, dass du Schaufensterpuppe stehen kannst!« Und da hatte er es getan. Aber nach einer Woche hatten sie, ohne eine annehmbare Erklärung dafür zu geben, die Lust verloren und aufgehört, ihn zu bitten, Schaufensterpuppe zu stehen. Trotzdem war dies auf jeden Fall eine der drei besonderen Fertigkeiten, die er hatte und die in Not- und Gefahrensituationen nützlich sein konnten.
    Die dritte war Im Dunkeln weinen . Die war ein richtiger Leckerbissen!!! Aber schwer.
    Die ging so, dass man nachts im Bett lag, und es musste richtig dunkel sein. Und dann würde man neben jemandem liegen, auf den man einen starken Eindruck machen wollte. Dann musste man tief Luft holen und anschließend die Luft sozusagen stoßweise herauslassen, sodass sie in einer Serie von Keuchern herauskam. Das war das Schwerste. Man musste keuchen, als läge man da und schluchzte. Dann musste man vielleicht fünf Sekunden warten, danach alles noch einmal machen, einatmen, keuchend ausstoßen, warten . Wenn man es richtig gemacht hatte, würde der oder die, wer eben gerade daneben lag, ein wenig unruhig werden und sich umdrehen und sagen: »Hhhmmmmmm?« Und dann machte man es noch einmal, einatmen, keuchend ausstoßen , warten , und dann würde der, der daneben im Dunkeln lag, bombensicher beunruhigt fragen: Aber Marcus, weinst du? Und jetzt musste man blitzschnell die Finger in den Mund stecken und Spucke sammeln und sie über beide Augen streichen, damit sie patschnass wurden. Und dann vielleicht ein letztes Mal einatmen, keuchend ausstoßen, warten .
    Und dann, fast bombensicher, wird der, der daneben liegt, einem mit der Hand übers Gesicht tasten und nachfühlen, ob man wirklich schluchzt und keucht.
    Und die nassen Augen fühlen. Und verwundert und erschrocken sein. Bingo!
    2. Wenn man es richtig machte: Bingo! Pang! Volltreffer!
    Aber in dieser Nacht lag Marcus wach und grübelte darüber nach, wie er Großvater helfen könnte. Er dachte an die drei besonderen Fertigkeiten, über die er verfügte,
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