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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Simion hätte es funktioniert. Es ging Martin nichts an, was sein ständiger Begleiter sonst trieb, aber sein plötzliches Auftauchen und das abrupte Verschwinden erschienen ihm merkwürdig. Er betrachtete den Fluss, dem er morgen ein Stück folgen würde. Aber dann musste er wieder nach Osten. Dealu Mare, der Große Berg, wie es auf Deutsch hieß, war sein Ziel.
    »Kennen Sie einen Wein, der vielleicht von dort stammt, er heißt Zodiac?«, fragte er Gregor Meiniger.
    Der Kellermeister schüttelte den Kopf. »Welches Weingut steht dahinter? Aus welcher Region stammt er? Was ist es für ein Jahrgang?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte Martin und erklärte, wie er an den Wein gekommen war. Er erwähnte auch den Namen Elmar Harms. Er scheute sich nicht, er hatte den Eindruck, dem Kellermeister gegenüber offen sprechen zu können. Sein Instinkt sagte es ihm, darauf basierte das Vertrauen – und weniger auf Erfahrung. Doch dem Kellermeister Harms’ Namensliste zu zeigen, wäre zu weit gegangen.
    Weder der Zodiac noch der Name Harms sagten Meiniger etwas. »Von Ihrer Beschreibung her würde ich vermuten, dass er aus Dealu Mare stammt und nicht von hier. Und wie Sie sagten, ist er sehr alt. Die hiesigen Weine werden nicht so alt. Ich wüsste nicht, aus welcher Kellerei er kommen könnte. Ich kenne einen Professor an der Forschungsstationvon Ploieşti. Er ist seit vierzig Jahren im Geschäft, der kennt jeden Wein und jedes Weingut im Land, auch aus der Zeit der Diktatur, der könnte Ihnen weiterhelfen. Er hat sich nie kompromittiert. Ich rufe ihn an. Wenn Sie in Dealu Mare sind, müssen Sie in der Forschungsstation vorbeischauen – der Professor unterhält sich gern mit netten Menschen.«
    Eine halbe Stunde telefonierte der Kellermeister hinter dem Professor her, nur um zu erfahren, dass er in Frankreich Rebschulen besuchte, von denen man Weinstöcke kaufen wolle. Aber am nächsten Tag sei er zurück. Das traf sich mit Martins Plänen.
     
    Bis Piteşti ging alles glatt, auch das Stück Autobahn danach, doch die Strecke nach Târgovişte war eine Katastrophe. In der Stadt selbst hatte er den Eindruck, dass ausschließlich Irre unterwegs waren, das bestätigte die Information, dass hier die Stadtverwaltung viertausend echte Führerscheine ohne Prüfung verkauft hatte. Der Skandal war die Regel, nicht die Ausnahme.
    Trotz der gefälschten Führerscheine kam Martin mit dem Leben davon. Auf dem letzten Stück nach Ploieşti dachte er darüber nach, wie sich katastrophal steigern ließ, als Zwanzigtonner um Schlaglöcher herumkurvten, die Straßenseite wechselten und sogar in die angrenzenden Felder neben der Fahrbahn auswichen, um voranzukommen. Der Irrsinn war normal. Die Straßenbaubehörde könnte auf denselben Trick verfallen wie in Jidvei, wo die Kraterstrecke kurzerhand zur »Weinstraße« erklärt worden war, obwohl es außer der Großkellerei kein einziges Weingut gab, nicht ein Restaurant und schon gar keine Herberge. Aber auf diese Weise erhielt die Regionalbehörde »zur Förderung des Weinbaus« E U-Mittel zur Reparatur der Straße.
    »Ohne diesen Trick müssten wir noch zwanzig Jahre warten, denn unsere Regierung hat kein Geld«, das hatte der Direktor gemeint. Als dann in einem fürchterlichen Gewitternussgroße Hagelkörner aufs Auto prasselten, suchte Martin Schutz unter dem Dach einer Tankstelle, wo sich weitere Fahrzeuge wie ängstliche Kinder zusammendrängten. Bei diesem Katastrophenszenario war er viel zu angespannt, um darauf zu achten, ob ihm der Wagen, der gestern vor der Pension gestanden hatte, noch folgte.
     
    »Da haben Sie was verpasst«, sagte Martin, als er mit Simion aus dem Fahrstuhl in die Hotelhalle trat. Sie hatten die Route für die nächsten Tage besprochen, und Simion hatte ihm auf der Karte gezeigt, wie er von Jidvei nach Ploieşti gefahren war. Sie setzten sich in die Vier-Sterne-Hotelhalle und beobachteten die wieselnden Manager, wie sie selbstlos den Aufschwung Rumäniens und die Integration des Landes in die EU und Weltwirtschaft förderten.
    Simion hatte nur Augen für die magersüchtigen Begleiterinnen der glatzköpfigen rumänischen Geschäftsleute. Die sehr jungen und durchweg blonden Frauen staksten auf Stilettos einen halben Schritt ihren Männern hinterher, manche trugen ihnen sogar die Aktentasche. Joviale Deutsche mit einem ausgeprägten Sinn für Humor klopften ihren rumänischen Counterparts oder Führern durch den Dschungel der Investitionsgesetze und

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