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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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aufnehmen? Das ist es, was Sie wollen. Dieses Rumänien hat in der EU nichts verloren, absolut nichts. Sie befürworten das, damit Sie hier Ihre Raketen aufstellen können, genau wie in Polen und Tschechien. Und in der Türkei. Damit Sie ihren Schwarzmeerhafen für die sechste, die siebte oder achte Flotte nutzen können. Sie wollen die Europäische Union so heterogen machen, so unterschiedlich und zerrissen, damit wir uns nicht einigen, damit wir kein Gegengewicht zu den USA bilden können und Sie weiter Weltmacht spielen können. Nein, Mister Marc. Wir sollen uns auf Sie verlassen? Auf Ihr Wirtschaftssystem aus Seifenblasen und Hedgefonds? SAIV heißen diese Seifenblasen, aber alle haben gesehen, was diese
alternative investment vehicles
wirklich waren. Es waren Fallen, für Geld   – Ihre alternativen Investitionsmittel. Und weshalb richten die Tropenstürme bei Ihnen so viel Schaden an?«
    Simion blieb die Antwort schuldig, er starrte Martin an wie ein Kind, das ausgeschimpft wird.
    »Weil Ihre Häuser nicht aus Stein sind, sondern aus Holz und Pappe. Das Einzige, was Ihnen geblieben ist, Marc, ist Ihre Armee, Ihre Bomben. Jonny reitet immer noch, Sie haben den Colt noch immer im Halfter. Schnallen Sie Ihren Revolvergurt ab, dann reden wir vernünftig miteinander.«
    »Sie scheinen mir wirklich einer der alten Europäer zu sein.« Simion sagte es weniger vorwurfsvoll als mit dem Ausdruck eines staunenden Biologen, der auf eine seltene Spezies stieß.
    »Ja, der bin ich«, sagte Martin, »und das ist gut so.«
    Er stand auf und ging zur Rezeption, nach einem Momentkam er zu Simion zurück und beugte sich vertraulich zu ihm.
    »Es gibt einen tollen Club in der Stadt, er heißt ›Roxa‹, jeder Taxifahrer kennt ihn. Dort soll es die nettesten Frauen geben. Zivile Preise. Treffen wir uns dort? Um dreiundzwanzig Uhr?«
    Von Simion kam ein versöhnliches Lächeln – man verstand sich wieder. Dabei war Martin klar, dass er an dem Nachtclub nicht einmal außen vorbeigehen würde. Er winkte Simion kurz zu und machte sich auf einen Rundgang durch die Stadt. Wenn er schon nicht joggen konnte, musste er zumindest einen längeren Spaziergang unternehmen, und er wollte wissen, wo er sich befand.
    Es wurde Abend, die Straßenlaternen flammten auf, der Himmel war klar, und Martin fühlte sich niemandem mehr verpflichtet. Zu seinem Glück rief Charlotte an. Was sie sagte, hob seine Laune weiter. Es ginge ihr gut, sie käme mit ihrer Arbeit bestens voran, die Mitglieder der Delegation seien erträglich. Und sie freuten sich beide auf das Wiedersehen.
    Zwei Stunden später kehrte Martin zurück. Als er sich ans Laptop setzte, um den Bericht über Ştirbey zu schreiben, merkte er, dass es jemand eingeschaltet haben musste. Und dieser Jemand kannte sich aus, denn das Passwort war geknackt worden.

22
    »Gestern ist jemand während meiner Abwesenheit in meinem Zimmer gewesen. Wer hat da Zutritt?« Mit dieser Frage trat Martin am nächsten Morgen an die Rezeption.
    »Niemand, es sei denn, er hat die Karte. Bei uns gibt es keine Schlüssel mehr. Wenn etwas verlegt worden ist, könnte es das Zimmermädchen gewesen sein, es hat aufgeräumt.«
    »Wohl kaum am späten Nachmittag. Jemand war um zwanzig Uhr fünfunddreißig im Raum.«
    »Woher wissen Sie die Zeit so genau?«
    »Weil ein Computer speichert, welche Dateien wann bearbeitet wurden«, antwortete Martin, erstaunt über das Misstrauen des Portiers. Er hätte eher Besorgnis oder Bestürzung erwartet. »Haben Sie Kameras auf den Fluren?«
    »Nein, nur hier in der Halle.« Der Portier zeigte zur Decke. Von dort beäugte eine Kamera die Rezeption. »Aber warten Sie . . .«
    Der Portier ging zu einem Kollegen, der zu Martin herübersah, dann mehrmals nickte und ihm etwas zuflüsterte. Der Portier kam zurück.
    »Ihr Kollege, der Amerikaner, hat sich die Karte geliehen. Er sagte, er hätte seine Brille in Ihrem Zimmer liegen lassen.«
    Also doch. Simion wurde immer undurchsichtiger. War er wirklich nur der agile Rentner auf
Back-to-the-Roots - Tour
, oder steckte was anderes dahinter?
    »Eines unserer Zimmermädchen ist mit hinaufgegangen«, fuhr der Portier beschwichtigend fort, denn er merkte, dass Martin aufbrausen wollte. »Sie war die ganze Zeit über bei ihm. Das ist bei uns Pflicht. Mister Simion hat seine Brille genommen und das Zimmer kurz darauf wieder verlassen – soweit ich weiß.«
    Martin bedankte sich für die Auskunft. Vordergründig war er beruhigt, aber das

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