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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Steuerverordnungen gönnerhaft auf die Schultern. Das erinnerte Martin an alte Filme, schwarz-weiß natürlich, in denen der schwarze Träger dem weißen Jäger den Whisky bis an den Fuß des Kilimandscharo schleppt. Die Ausländer saßen entspannt zurückgelehnt und hatten die Beine übergeschlagen, während die Einheimischen beflissentlich vornübergebeugt in Papieren blätterten. Martin empfand eine Art Goldgräberstimmung, Klondike ließ grüßen, er musste sich beeilen, damit die SISA noch ihren Claim abstecken konnte.
    »Die hätte ich beinahe verpasst«, sagte Simion, als die junge Dame vorbeiging, die es dem Amerikaner besonders angetan hatte, »wenn ich Ihnen zugehört hätte. Was wolltenSie mir erzählen?« Jetzt wandte er sich Martin zu. »Bestimmt geht es wieder um Wein.«
    Martin berichtete nur knapp vom Besuch am Olt.
    »Sie sehen Ştirbey so positiv, weil es Ihre Landsleute sind. Ihr Urteil ist davon beeinflusst. Ich finde, Sie unterschätzen die Rumänen.«
    »Woher der Sinneswandel?«
    Simion hob abwehrend die Hand. »Mir gefallen viele Weine, die wir verkostet haben. Sie, Martin, sind zu anspruchsvoll, Sie verlangen zu viel. Man muss ihnen Zeit geben, wir können nicht von ihnen erwarten, dass sie von heute auf morgen unseren Standard erreichen. Wir müssen sie führen, ihnen zeigen, wohin es zu gehen hat. Ich glaube, wir Amerikaner stehen mehr auf deren Seite als ihr Europäer.«
    »Wie bei den Türken oder Polen? Wahrscheinlich liegt das an Ihren strategischen Interessen.«
    Überrascht nahm Martin wahr, wie stark Simion auf den Satz, den er ohne Nachdenken dahingesagt hatte, reagierte. Er richtete sich auf und sah ihn abschätzend an, als würde er ihn zum ersten Mal richtig in Augenschein nehmen, als würde er jetzt erst bemerken, was er bislang übersehen hatte.
    »Was meinen Sie mit strategischen Interessen?«, fragte er scharf, als vermutete er etwas Besonderes hinter den Worten.
    Martin versuchte, unbefangen zu bleiben, denn in der Frage lag etwas Drohendes. Er hatte nach der quälenden Fahrt nicht die geringste Lust auf eine politische Debatte, bei der jeder ausschließlich von seiner Warte her argumentierte. Für die Amis gab es nur einen Standpunkt: Richtig war, was ihnen nutzte. Und wer nicht so dachte wie sie, war Kommunist oder gehörte zum Lager des Bösen.
    »Wir waren damals die Garanten Ihrer Freiheit, wir, Martin«, sagte Simion, »vergessen Sie das nicht! Unsere Truppen haben Sie von den Nazis befreit.«
    »Da haben die alle drauf gewartet.« Ob er die Ironie verstand?Die wollten gar nicht befreit werden, dachte Martin mit Ingrimm. »Stimmt, dazu mussten sie das Land fast dem Erdboden gleichmachen, so sehr haben die Deutschen darauf gewartet.«
    »Mit dem Marschallplan haben Sie Ihr Land wieder aufbauen können . . .«
    »Ja, zu einem Bollwerk gegen den Osten. Sie müssen mal Ihr Freund-Feind-Schema aufgeben, es gibt noch was anderes.«
    ». .. wir haben Ihre Sicherheit garantiert, unser Nuklearschild hat Sie vor den Russen bewahrt.«
    »Und alle diejenigen, die Sie angeblich gerettet oder geschützt haben, sind heute eure Knechte. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass die Russen in Westeuropa einmarschiert wären? Für Sie und die Russen wären wir doch nur das Schlachtfeld gewesen.«
    Wieder ging eine junge Frau vorbei, der Simions Blick die Kleider vom Leib zog. Seiner Frau wird er nicht lange nachgetrauert haben, vermutete Martin. Es gab in dieser Stadt aller Wahrscheinlichkeit nach die entsprechenden Etablissements, wo Simion auf seine Kosten käme. An Geld mangelte es ihm nicht.
    »Sie verstehen vielleicht etwas von Weinbau, lieber Martin«, sagte er wie ausgewechselt. »Aber Sie haben keine Ahnung von Politik. In Vietnam haben wir den freien Westen verteidigt . . .«
    »So wie die Deutschen das jetzt in Afghanistan tun? So ein Quatsch! Es geht um Öl, um Gas. Wie sagt ihr in den USA?
Bullshit!
Wem außer uns sollen die Araber denn sonst das Öl verkaufen?«
    »Den Chinesen!«
    Martins Unwille wuchs, er überlegte, ob es nicht besser war, das Gespräch abzubrechen. Es nahm eine Wendung, in der man sich leicht zerstreiten konnte, und das war das Thema nicht wert.
    »Ihre Meinung, lieber Martin, scheint mir sehr von der Nähe zu Russland geprägt und von eurer Abhängigkeit.« Simions Herablassung war offenkundig. »Die Propaganda des Kreml hat auch bei Ihnen gewirkt. Sie sollten sich besser auf uns verlassen.«
    »Und immer neue Nationen in die Europäische Union

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