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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Misstrauen blieb. Seine Reiseberichte waren eingesehen worden.
    Es wäre ihm unter diesen Umständen lieber gewesen, Simion nicht zur nächsten Kellereibesichtigung mitzunehmen, andererseits hatte er ihn so »unter Kontrolle«. Da war sein plötzliches Verschwinden, außerdem stand die Frage im Raum, woher er vom Zodiac wusste. Und über den Wagen, der ihm gefolgt war, hatte er kein Wort mehr verloren. Genau seit diesem Moment bestand die Spannung, irgendwie musste sie gelöst werden, sonst könnte er den Amerikaner nicht länger um sich haben. Seine Frauengeschichten hingegen interessierten ihn nicht im Geringsten.
     
    Sie standen am Ende eines vor zwei Jahren bestockten Weingartens, der nach australischem Muster angelegt worden war. Der Önologe des britisch-rumänischen Unternehmens Cramele Halewood hatte dort einige Jahre gearbeitet und war davon überzeugt, dass die Rebzeilen im Abstand von drei Metern gepflanzt die besten Ergebnisse brachten. Auf diese Weise konnte sich der Weinstock über die Wurzeln ausreichend ernähren, gleichzeitig waren Belüftung sowie Sonneneinstrahlung durch die großen Abstände optimal. Martin hielt diese Methode nicht für richtig, aber der Wein würde das zeigen. Er selbst hielt möglichst viele Weinstöcke auf engstem Raum für richtig, wobei die Stöcke um Nahrung konkurrierten und dadurch intensivere Extrakte in den Trauben einlagerten. Er selbst erntete ein halbes Kilo pro Stock, hier waren es bis zu drei. Von der Erntemengewar das Ergebnis ähnlich. Aber australische Methoden in Rumänien?
    Simion schaute sich derweil die Gegend an, betrachtete lange den ausgedehnten Höhenzug. Sie waren in Dealu Mare angekommen, und Martin hoffte, endlich fündig zu werden. Wieso er überzeugt war, dass der Zodiac von hier stammte, konnte er nicht sagen.
    Während er mit dem Önologen in einem Gespräch über Anbautechniken diskutierte, ob Neupflanzungen von Hand oder maschinell vorgenommen werden sollten, interessierte sich Simion mehr für die Besitzer des Unternehmens. Martin hörte mit halbem Ohr hin, wie er mit einem Mitarbeiter der Verkaufsabteilung über die Anfänge des Unternehmens in Rumänien sprach.
    Halewood hatte 1987 begonnen, rumänischen Wein für seine Supermärkte in Großbritannien zu importieren. Zehn Jahre später gründete man die erste Niederlassung; Weingüter in Murfatlar, Transsilvanien und diesem hier summierten sich auf vierhundert Hektar, für rumänische Verhältnisse war das gar nicht so viel. In diesem Unternehmen schien alles mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Der Manager des Unternehmens äußerte sich später auch offen dazu, seine internationalen Erfahrungen geboten ihm dies. Er wusste, dass krumme Touren auf Dauer wenig halfen. Wer nicht kriminell war, dem raubten sie den Schlaf.
    »Wir haben anfangs über Korruption diskutiert und wie wir uns dazu stellen. Da wir nicht über ein bestimmtes Maß hinaus wachsen wollten – uns fehlen nur noch fünfundsiebzig Hektar   –, konnten wir uns auf das beschränken, was auf legalem Wege möglich war. Außerdem kannten wir uns, Rumänen wie Briten, wir haben eine lange Geschäftsbeziehung.« Der Manager gluckste. »Der legale Weg bedeutete allerdings auch, dass wir uns mit den zweiunddreißig Besitzern auseinandersetzen mussten, denen die sieben Hektar gehörten, auf denen heute unser Pinot Noir wächst.«
    Martin grauste es bei der Vorstellung, derartige Transaktionen etwa in Saint-Émilion abwickeln zu müssen. Er kannte die Weinbauern. Um wie vieles schwerer würde das hier sein? Aber das war nicht sein Problem, er sollte nur berichten und Vorschläge unterbreiten, musste keine Konsequenzen ziehen und nicht die daraus entstehenden Beschlüsse durchsetzen.
    An dem, was der Manager dann sagte, glaubte er zu erkennen, dass er wusste, mit welchem Auftrag Martin unterwegs war. »Die allgemein zugänglichen Zahlen über Rumänien halten einer Prüfung nicht stand. Die Lohnkosten sind in Bewegung, man weiß nichts über die Produktivität, rechtliche Sicherheit existiert kaum, in diesem Land herrschen ganz unterschiedliche Geschwindigkeiten. Es wird bestimmt fünf bis sechs Jahre dauern, bis sich an der Mentalität etwas ändert. Der Technologietransfer geht hingegen schneller. Eine allgemeine Angleichung an die anderen europäischen Länder wird vielleicht erst in zwanzig Jahren erreicht. Dazu brauchen wir radikale soziale und wirtschaftliche Reformen, aber ich sehe nirgends die Kräfte, die das durchsetzen

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