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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Hotelterrasse im siebten Stock genoss er einen distanzierten Blick auf Constanţa. Die Stadt war zwar da, aber sie war weit genug entfernt, um ihn nicht zu berühren.
    Auf der Speisekarte fand er einen
salată asortată
, was sicher ein gemischter Salat war, und das
biftec
konnte eigentlich nur ein Steak sein. Außerdem sprach der Ober Englisch und schien hilfsbereit. Als Martin nach einem Wein fragte, trat ein Herr lächelnd neben den Ober und schob ihn höflich, aber bestimmt beiseite:
    »Gestatten? Herr Bongers, Martin Bongers? Man hat mir gesagt, ich würde Sie hier oben finden.«
    »Wer hat . . .?« Martin stand auf.
    Der Fremde schüttelte seine Hand. »Elmar Harms. Ich habe Ihnen in Bukarest eine Nachricht zukommen lassen. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, nahm er Martin gegenüberPlatz und sagte etwas zu dem Ober, der noch mit der Weinkarte am Tisch stand, überreichte ihm vorsichtig eine Flasche Rotwein, wobei seine Hand das Etikett zur Hälfte verbarg. Es war schwarz und grau mit silberner Schrift, Martin glaubte, aus den Linien, die von der Hand halb verdeckt waren, auf einen Kreis mit griechischen Buchstaben schließen zu können. Oder war es ein Tierkreiszeichen, eine Windrose? Er kannte Hunderte von Etiketten aus seiner Tätigkeit als Weinhändler. Ein derartiges jedoch war ihm noch nie begegnet, er hätte sich daran erinnert.
    Harms war blond, trug das Haar kurz, hatte wässrig blaue Augen, er schien zu grinsen, aber sein Blick war ins Innere seines Gegenübers gerichtet, und er wirkte ziemlich aufgeweckt, ein Handelsvertreter, der seine Kunden mit ansteckender Fröhlichkeit gewann. Als wäre er eingeladen oder hier zu Hause, hängte er die Jacke seines Anzugs über die Lehne des Stuhls und nestelte an der Krawatte. Sie war nicht zu eng gebunden, es war eine Manie, die Martin schnell nervös machte.
    »Es war richtig von Ihnen, das Hotel zu wechseln, obwohl ich mehr das Anonyme liebe. Aber auch hier sind wir unter uns.«
    Martin stutzte und sah auf. »Wie – wie haben Sie mich gefunden, Herr   ... Harms?« Martin fand, dass dieser Nachname nicht zu seinem Gegenüber passte. Elmar vielleicht, aber Harms? Der Mann war kein Norddeutscher, seine Aussprache wirkte neutral und steril.
    Harms lächelte, als ob sie sich lange kennen würden und gerade eben jemandem einen Gebrauchtwagen zum Preis eines neuen verkauft hätten. »Nachdem Sie nicht im ›Malibu‹ abgestiegen sind – einige Anrufe – so viele Hotels gibt es in Constanţa nicht.«
    Wenn Harms vom »Malibu« wusste, gehörte er zu Tudor Dragos’ Leuten. Sollte er ihn danach fragen? Hätte er ihn kennen müssen? »Was verschafft mir das Vergnügen IhrerAnwesenheit?« Distanzierte Höflichkeit war besser geeignet, sein Unwissen zu überspielen.
    »Ich habe die Unterlagen mitgebracht.« Harms klopfte auf etwas hohl Klingendes unter dem Tisch. Martin hatte nicht bemerkt, dass er dort seinen Aktenkoffer abgestellt hatte. Es war sowieso schwierig, den Bewegungen von Harms’ Händen zu folgen. Mal steckten sie in seinen Hosentaschen, dann lag eine auf dem Tisch, die andere im Nacken, oder er stemmte sie in die Hüfte.
    »Von wem stammen die Unterlagen, wer schickt Sie?«
    »Mich oder die Unterlagen? Herr Bongers. Übrigens, der Name gefällt mir.« Harms lachte, und in gespielter Empörung zog er Martins Namen in die Länge. »Es sind Freunde, die gern mit Ihnen arbeiten möchten, die Ihre Fähigkeiten schätzen, die vermeiden wollen, dass Sie Fehler machen.«
    Es sind zu viele Freunde, eindeutig zu viele, die um mich besorgt sind, dachte Martin. Ich sollte mir ernsthaft Sorgen machen. So viele Menschen haben sich noch nirgends um mich gekümmert. »Ich kann ganz gut selbst auf mich aufpassen. Besten Dank«, sagte er ärgerlich.
    »Glauben Sie das tatsächlich?« Harms klang ziemlich arrogant. »Darum geht es auch gar nicht, Herr Bongers. Sie kennen Ihren Auftrag, und den sollen Sie ausführen. So, da kommt Ihr Essen und auch Ihr Wein. Ich habe dem Kellner die Flasche gegeben, damit er den Wein kühlt und dekantiert. Er darf nicht zu lange atmen, er ist alt. Sie sollten ihn heute noch trinken, es kann sein, dass er rasch umkippt. Ich hoffe, er hat die ideale Temperatur.«
    »Brutal gekühlt ist nichts für Wein.«
    »Sie sagen es, Herr Bongers, Sie sind der Fachmann.«
    »Glauben Sie nicht, dass Sie mich mit jemandem verwechseln, Herr Harms? Ich habe ganz den Eindruck, dass es sich um eine Verwechslung handelt. Ich kenne

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