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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Côte d’Or im Burgund. Ich werde die Liste kopieren und sie an Sichel schicken, dachte er. Sein Freund in Frankfurt hatte sich auch um die SISA gekümmert und nichts herausgefunden, zumindest nichts Nachteiliges. Möglich, dass man zu dem einen oder anderen Namen weiter recherchieren konnte   ...
    Als er aufwachte, glaubte er, vom Zodiac geträumt zu haben, und trotzdem war keine Frage beantwortet. Auch beim morgendlichen Strandlauf am Meer entlang klärte sich nichts. Das Einzige, was er sich vorstellen konnte, war, auf eine Fährte gelockt worden zu sein. Aber das war lächerlich, und es konnte nur jemandem einfallen, der ihn sehr gut kannte und wusste, dass, wenn seine Nase erst einmal die Witterung aufgenommen hatte, sie ihn und sein Handeln beherrschte. Er kam sich vor wie ein Jagdhund, kaum Herr seines eigenen Willens, er musste der Beute folgen, egal wer oder was ihn zurückhielt. Der Schlamassel, durch den er hindurchmusste, war ihm gleichgültig. Das Gefühl, in etwas hineinzugeraten, das er nicht durchschaute, das ihn bereitsin Bukarest beschlichen hatte, verstärkte sich mit jedem Schritt über den schmuddeligen Sand.
    Noch ist Zeit, die Reise abzubrechen, dachte er und lief auf die aufgehende Sonne zu. Ich habe bislang nicht zu viel investiert, der Schaden ist noch nicht zu groß, er lässt sich beheben, auch kann ich der SISA gegenüber das Gesicht wahren. Hier geschieht etwas, das ich nicht durchschaue, wer weiß, wohin mich der Auftrag führt und ob ich bereits an der Nase herumgeführt werde.
    Doch die Hellsichtigkeit dieses Augenblicks wurde von einem Quad gestört, das ihm auf seinem Weg zum Wasser den Weg abschnitt.
    Der nächste Gedanke galt Sofia. Er nahm sich vor, sie anzurufen und auf Harms anzusprechen, er wollte sich baldmöglichst mit ihr in Bukarest treffen. Außerdem hatte sie versprochen, ihm die wahre Geschichte von Graf Dracula zu erzählen und was historisch hinter dieser unheimlichen Figur des Vampirs und den Holzpflöcken stand. Angeblich hatte der Fürst Vlad Tepes als Vorlage gedient, Vlad Tepes, der Pfähler, der fünfhundert gefangene türkische Soldaten, die Vorhut der Armee, hatte pfählen lassen.
    Ungeduldig lief Martin nach dem Duschen in seinem Zimmer auf und ab und schaute auf die Uhr. Er wollte nicht vor der üblichen Bürozeit die Telefonnummern auf Harms’ Visitenkarte ausprobieren. Er schloss die Liste im Koffer ein und ging frühstücken. Unter dem Vordach der Terrasse war das Büfett aufgebaut, bis auf einen waren die wenigen Tische besetzt, sodass ihm gar keine Wahl blieb. Angeblich betrachteten es die Rumänen als grobe Unhöflichkeit, wenn man sich zu ihnen setzte. Als er sein Frühstück zusammengestellt und sich gerade gesetzt hatte, trat der Nordamerikaner aus der Lobby an seinen Tisch.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte er lächelnd in breitestem amerikanischem Englisch und legte die Hände auf die Stuhllehne. »Marc Simion,
I am from America.
«
    USA hieß das immer noch, Vereinigte Staaten. Was glauben diese Amis eigentlich?, ärgerte sich Martin. Dass es reicht zu sagen, woher sie kommen, und schon hätten alle ihnen den nötigen Respekt zu erweisen? Wie ein Nordamerikaner sieht er nicht aus, dachte Martin, aber wie sehen Nordamerikaner aus? Und er starrte auf den Adamsapfel, der beim Sprechen auf und nieder hüpfte. Nachdem er genickt hatte, widmete er sich der Melone. Eigentlich war ihm die Nationalität, die Hautfarbe oder Religion eines Menschen völlig schnuppe, solange die Leute in Ordnung waren und ihm mit irgendwelchen daraus abgeleiteten Dogmen nicht auf den Geist gingen. Das »Wir«, das er in Frankreich gebrauchte, bezog sich nicht auf die Franzosen, es bezog sich auf die Menschen, in deren Mitte er lebte und die ihn als einen der ihren betrachteten.
    Marc Simion ging zum Büfett. Er mochte um die sechzig sein, hatte eine hohe Stirn, die in eine Halbglatze überging, das kurz geschnittene Haar war an den Schläfen ergraut. Eine Brille saß vorn auf der langen, schmalen Nase. Er musste sich schon länger an der See aufhalten, denn er war braun gebrannt, als käme er aus dem Urlaub, aber wie ein Badeurlauber sah er nicht aus. Simion trug eine helle Leinenhose, ein feines blaues Hemd und darüber, trotz der Wärme, ein leichtes Sakko. Auch beim Schuhwerk war er konservativ, statt Turnschuhen trug er geflochtene Lederschuhe. Grinsend kam er mit einem Teller voll Rührei, Bacon und geschmorten Tomaten zurück und bat die Bedienung um

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