Grote, P
dass die Rückgabe von Immobilien noch immer nicht vollständig abgeschlossen sei. Er stöhnte, als müsse er das alles allein abwickeln.
Die Übernahmen hingegen seien so gut wie abgeschlossen, derart große Geschäfte wie zwischen der deutschen E.ON und dem rumänischen Gasverteiler Distrigaz Nord gäbe es heute nicht mehr, er lachte und setzte bei Martin offenbar das Verständnis dafür voraus, worüber gelacht wurde. Vielleicht über die damals gezahlten Provisionen?
Jetzt sei die Zeit der Neugründungen gekommen. »Das Land wächst. Täglich öffnen sich interessante Möglichkeiten für Ihre Investoren auch in der Bauwirtschaft.«
War das ein verdeckter Hinweis auf Geldwäsche? Der Einsatz von Schwarzgeld funktionierte in Frankreich nicht anders, auch nicht auf seinem kleinen Weingut. Mochten es bei ihm zwei Sack Zement sein, dann waren es hier zwei Lastzüge oder Waggons, deren Ladung, aus welchen Kassen auch immer, bar bezahlt wurde.
»Im letzten Jahr haben neunhundert deutsche Firmen ihren Sitz hier angemeldet, da wird auch für Sie ein Platz zu finden sein.« Die großen zusammenhängenden Weingüter seien zum größten Teil verkauft, aber Rumänien verfüge über viele Forschungseinrichtungen in jedem Weinbaugebiet, dazu gehörten Hunderte von Hektar besten Reblandes, gesundes Rebmaterial und gute Klone. »Wenn man acht von zehn Forschungseinrichtungen auflöst und die restlichen zwei privatisiert, kommen einige Tausend Hektar zusammen. Sie müssen sich beeilen, das Wettrennen ist längst gestartet, der Kampf ist entbrannt. Stellen Sie sich das nicht einfach vor, besonders da Sie fremd sind. Sie brauchen dringend Hilfe, denn allein finden Sie sich nie zurecht. Ihre Gegner, oder Mitbewerber, wie es heißt, ziehen Sie allemal über den Tisch.«
Bot sich da der Nächste an, der an der Internationalisierung Rumäniens oder dem Ausverkauf seiner Heimat teilhabenwollte? Anders konnte Martin den Prozess nicht nennen, denn in wenigen Jahren würde den Rumänen im eigenen Land nichts mehr gehören.
Eigentlich sei es ja nicht seine Aufgabe, Investoren zu beraten, meinte Mihail Streja und lächelte gewinnend, aber er komme Martin gern entgegen, da er einen so beleumdeten Fürsprecher wie Tudor Dragos habe.
Martin zuckte zusammen. Er hatte nicht erwartet, dass die Kommunikation so schnell und so gut funktionierte. Dann waren sie über seine Schritte im Bilde – vielleicht auch über mehr, über Harms – und womöglich auch über seinen wahren Auftraggeber? Ihm wurde heiß, das Blut stieg ihm in den Kopf, und er beschloss, es wie Lucien zu machen, der die SI M-Karten seines Mobiltelefons ständig gewechselt hatte. Er musste den Laden für Mobiltelefone dringend aufsuchen und sich beraten lassen. Für einige Euro wäre der Verkäufer sicher bereit, ihn in die Telefonpraxis der Russenmafia einzuführen. Hieß es von hier an, mit den Wölfen zu heulen? Martin erschrak vor sich selbst, ihm wurde schlagartig bewusst, dass er sich damit der Methoden bediente, nämlich der Bestechung, die er zutiefst verabscheute.
»Es wurde eine Agentur eigens für Investoren gegründet, an die müssen Sie sich wenden«, riet Mihail Streja. »Ich werde meine Sekretärin anweisen, Ihnen die Adresse zu notieren und Sie dort anzumelden, bevor Sie gehen. Das sind Experten, Anwälte, vertrauenswürdig, schnell – allerdings nicht ganz billig, dafür aber sehr diskret, die kennen das Prozedere genau.«
Martin meinte, ein leicht kumpelhaftes Grinsen im Gesicht seines Gegenübers wahrgenommen zu haben, und die nächsten Worte bestätigten seinen Eindruck.
»Die Mitarbeiter der Agentur wissen, wie Projekte konzipiert und die Anträge richtig formuliert werden müssen, über welche Banken die Finanzierung abgewickelt werdenmuss, welche Expertisen von den Ämtern beigebracht werden müssen, damit die Zuschüsse auch wirklich fließen. Wer kann es sich heutzutage erlauben, lange zu warten? Die rumänische Regierung bekommt das Geld für die Projekte aus Brüssel, und wir leiten es an die Antragsteller weiter.«
»Und wie hoch sind die Kommissionen?«, fragte Martin. Ihm war klar, dass er sich mit dieser direkten Frage weit vorwagte, aber er musste es wissen. Coulange hatte ihn nicht auf die Reise geschickt, nur um Spesen zu machen. Er wollte klare Ergebnisse, eine Anleitung zum Handeln, und er musste kalkulieren können.
»Nur der Tod ist umsonst«, sagte der Vertreter des Ministeriums in einer Art, als würde er darüber sprechen, mit
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