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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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welchen Kerzen der Geburtstagskuchen seiner Tochter dekoriert werden sollte. »Das ist zum einen Verhandlungssache. Es kommt darauf an, wie hoch die gesamte Investition ist, welche Schwierigkeiten gelöst werden müssen und wie hoch das Projekt angesiedelt ist.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Auf welcher politischen Ebene darüber entschieden wird. Ich spreche hier nicht davon, dass man dem Umweltminister das Badezimmer kachelt, verstehen Sie mich nicht falsch! Das kann er selbst zahlen.«
    Mit dieser Klarstellung im Kopf – möglicherweise ein deutlicher Hinweis oder gar eine Drohung – trat Martin auf die Straße. Vom nächsten Internetcafé aus, einer dunklen und verrauchten unterirdischen Bude, schickte er die Adresse der Agentur an Sichel nach Frankfurt. Der sollte sehen, was er darüber herausfand.
    Als Martin sich im Polizeipräsidium nach den beiden Kriminalpolizisten erkundigte, die bei ihm im Hotelzimmer gewesen waren, wurde ihm die Auskunft verweigert. Man verweigerte ihm auch die Auskunft darüber, weshalb man ihm die Auskunft verweigere. Er bekam noch nicht einmal einen Beamten zu sehen, sondern wurde in einem schäbigenWarteraum mit Plakaten gegen die Korruption, die das Land und seinen Fortschritt schädige, von einem stoischen Pförtner abgefertigt. Worauf die mehr oder minder einfachen Leute warteten, die sich auf Bänken um einen Tisch herum gruppiert hatten, ob sie Opfer, Täter oder Zeugen waren, erschloss sich weder aus ihren Worten noch aus ihrem Verhalten oder der Weise, wie sie von den Beamten angesprochen wurden.
    Als er jedoch heftiger darauf drängte, zumindest am Telefon mit jemandem aus der Abteilung für Diebstahl reden zu dürfen, gab ihm eine freundliche Frauenstimme auf Englisch endlich Auskunft: »Reichen Sie Ihre Anfrage bitte schriftlich ein!«
    »Und wann kann ich mit der Antwort rechnen?«
    »Wir behalten uns vor, Ihre Anfrage gar nicht zu beantworten, falls der Sachverhalt als geheim eingestuft wird.«
    »Und wovon hängt das ab?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Als er sich dann noch dummerweise nach Sofia erkundigte, wurde der Telefonhörer an einen Mann übergeben, der ihn aufforderte, den Pförtner ans Telefon zu rufen. Die beiden sprachen kurz miteinander, der Gesichtsausdruck des Pförtners veränderte sich, Spannung ließ ihn den Kopf zwischen die Schultern ziehen, die Gestalt ging in eine Angriffsstellung über. Er legte den Hörer beiseite und kam aus seinem Pförtnerkäfig.
    »Sie bleiben hier! Sie gehen nicht weg! Sie setzen sich sofort hin!« Er zeigte auf die Bank am Tisch mit der zerkratzten Resopalplatte. »Hinsetzen und warten.«
    Martin war überzeugt, dass man ihn von jetzt an für in hohem Grade verdächtig hielt. Zwei bewaffnete Uniformierte erschienen im Warteraum, einer begann mit dem Pförtner ein Gespräch, der andere ließ Martin nicht aus den Augen. Als er aufstand, um dagegen zu protestieren, dass man ihn hier festhielt, rückten die beiden bedrohlich nahe,er hätte handgreiflich werden müssen, um an ihnen vorbeizukommen. Es sah aus, als warteten sie nur darauf.
    »Das ist Freiheitsberaubung, dazu haben Sie kein Recht.« Kaum hatte Martin den Satz ausgesprochen, wurde ihm die Lächerlichkeit der Worte bewusst. Sie würden ihn auch keinen Anwalt rufen lassen, er dachte dabei an die Anwälte der Agentur, die Mihail Streja empfohlen hatte.
    »Hinsetzen! Warten!« Der Pförtner wiederholte sich, einer der Polizisten versuchte, die englischen Worte nachzusprechen, was in einem bedeutungslosen Stammeln endete.
    Martin hatte das Gefühl, in eine Falle gegangen zu sein, und nur aus Dummheit oder Überheblichkeit? Er hatte keinerlei Vorstellung, was man ihm wegen seiner Frage nach Sofia vorwerfen oder womit er sich strafbar gemacht haben könnte. Allein sich nach einem Verkehrsopfer zu erkundigen konnte keine Straftat sein, oder?
    Wer war Sofia wirklich gewesen? Worin war sie verstrickt gewesen, dass die bloße Nachfrage sogar ihm Schwierigkeiten einbrachte? Ihr Bruder musste das aufklären. Aber dazu musste Martin erst einmal hier raus.
    Nach anderthalb Stunden ließen sie ihn gehen. »Sie können sich beschweren, wenn Sie wollen«, sagte der Pförtner höhnisch, »schreiben Sie einen Brief.«
    Es war das erste Mal, dass Martin daran dachte, weshalb der Autor Bram Stoker Rumänien als AOC, als
Appellation d’Origine Contrôlée,
in seinem Roman bezeichnet hatte. Das hier war das Ursprungsgebiet des Grafen Dracula. In Bran stand das Schloss, das die

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