Grote, P
wird ein Satellitentelefon gestellt . . .«
». .. was dann zufällig nicht funktioniert?«
Beim Frühstück erinnerte sich Martin daran, dass Simion am Vortag Behörden hatte besuchen wollen, um nach den Spuren von früheren Verwandten zu forschen.
»Sind Sie fündig geworden?«, fragte er, als der Amerikaner sich mit einem Teller Cornflakes und Joghurt zu ihm setzte und nachdenklich eine Kiwi wie ein gekochtes Ei auslöffelte.
»Es gibt Spuren, ja, ganz umsonst sind meine Anstrengungen nicht. Es gibt gewisse Kontakte, es ist nur schwer, mit den Behörden vernünftig zusammenzuarbeiten. Sie sind es nicht gewohnt, Auskünfte zu geben. Es gibt keinerlei Dienstleistungsmentalität. Man kommt sich vor wie ein Bittsteller. Und dann ist da dieses dauernde Misstrauen. Man braucht viel Geduld.« Er hatte sie anscheinend, denn er löffelte die Kiwi so geschickt aus, dass nur noch die dünne haarige Haut in seiner Hand zurückblieb. »In der kommunistischen Zeit sind die Melderegister anders geführt worden, vieles wurde nach dem Umbruch – eine Wende will ich das nicht unbedingt nennen – verlegt, man findet es nicht. Und an die interessanten Archive kommt man nicht dran.«
»Haben Sie es mal mit Kirchenbüchern oder Taufregistern versucht? Die Pfaffen haben wieder Hochkonjunktur. Überall werden neue Kirchen gebaut, Glaube statt Brot, Beten statt Mitbestimmung. Beides zusammen wäre mir ja recht . . .«
»Habe ich gesehen, überall, das Volk findet zum Glauben zurück.«
Darauf konnte Martin nur mit Sarkasmus antworten: »Was anderes bleibt ihnen sonst auch nicht übrig. Zu beißen gibt es ja nicht so viel.«
»Ist doch alles da.« Simion zeigte mit dem Löffel in der Hand auf das reichlich ausgestattete Büfett des Fünf-Sterne-Hotels.
Diese Amis sind zu komisch, dachte Martin, sie kapieren einfach nicht, wo auf der Welt sie sich befinden. Sie meinen, jeder muss so leben und denken wie sie. Simion ist sicher ein intelligenter Mensch, besonders bei diesem Beruf, andererseits macht er einen unbedarften Eindruck. Von einem Rumänen hatte sein Tischnachbar nichts an sich, obwohl Martin nicht sagen konnte, wodurch ein Rumäne sich auszeichnete.
Was er bis jetzt zu spüren bekommen hatte, waren Distanz, Misstrauen, Unfreundlichkeit und Desinteresse – fast hätte er die Grobheit vergessen, aber das hatte sicher weniger mit der Mentalität zu tun als mit den Polizeiorganen. Das lag in der Natur der Sache. Allerdings taute Lucien langsam auf, seine Schwester hatte schnell Vertrauen geschöpft, und auch Josef Teubner war ein durchaus angenehmer Zeitgenosse.
Der Dolmetscher kam pünktlich. Martin machte ihn mit Simion bekannt und merkte schnell, dass die beiden sich nicht leiden konnten. Als Teubner hörte, dass der Amerikaner mit von der Partie sein würde, zog er kaum merklich ein Gesicht. Es gefiel ihm ganz und gar nicht. Das fehlte noch. Als Simion dann erklärte, dass er im eigenen Wagen hinterherfahren und nur dann und wann auf ein Weingut mitkommen würde, konnte Martin dem Dolmetscher ansehen, dass er halbwegs versöhnt war.
»Dass unser neuer Reisebegleiter heute zu uns stößt, hätten Sie mir ruhig vorher sagen können«, meinte Simionbissig, als Teubner zum Frühstücksbüfett gegangen war, und machte keinen Hehl aus seiner Verstimmung. »Geben sie den Ausländern noch immer Spitzel mit? Da sind wir nie ungestört, Martin, das finde ich schade. Kein persönliches Wort kann man reden, ohne dass der Fremde mithört. Was wissen Sie von ihm?«
Martin stand der Sinn nicht nach Erklärungen, er drängte zum Aufbruch. Sollten die beiden sehen, wie sie miteinander zurechtkamen. Der eine begleitete ihn freiwillig, und der andere wurde für seine Arbeit bezahlt. Würde Simion ihn stören, würde er die Reise jederzeit ohne ihn fortsetzen. Teubner war wichtiger, der konnte ihm helfen, aber auch in seinem Fall war er nicht bereit, Zugeständnisse zu machen. Zur Not konnte er sich selbst mit Englisch oder Französisch behelfen, in Siebenbürgen eventuell sogar mit Deutsch. Die meisten Winzer, so die bisherige Erfahrung, sprachen zumindest eine Fremdsprache.
»Wir sollten aufbrechen«, sagte Teubner, wohl auch um das angespannte Schweigen am Frühstückstisch zu beenden. »Bis nach Odobeşti sind es zweihundert Kilometer, dafür brauchen wir mindestens vier Stunden.«
Martin hielt das für übertrieben.
»Sie werden es erleben«, lachte Teubner. »Sie kennen unsere Straßen nicht. Sind Sie mal zehn Kilometer
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