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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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hinter einem Pferdefuhrwerk hergezockelt? Es gibt keine Umgehungsstraßen. Wir müssen mitten durch jede Ortschaft. Versuchen Sie hinter uns zu bleiben, Mister Simion, was auch passiert. Außerdem sind wir ja verbunden.« Er tippte auf sein Mobiltelefon. Er klang schon etwas aufgeräumter, Martin glaubte, dass Teubner mit der Situation besser umzugehen verstand. Er musste diplomatisch sein, er konnte sich seine Kunden nicht aussuchen, anders als Martin, der sich als Winzer in der glücklichen Lage sah, dass die Händler mehr von seinem Wein haben wollten, als er liefern konnte. Aber leider war er hier nicht als Produzent seltenerBordelaiser Garagenweine unterwegs. Er sollte Teubner bitten, Simion bei seinen familiären Nachforschungen ein wenig unter die Arme zu greifen, als Beitrag zur Entspannung.
    »Die Löcher, Mister Simion, die Löcher«, sagte Teubner ernst. »Achten Sie auf Schlaglöcher. Die sind metertief. Was fahren Sie für einen Wagen?«
    Es war ein großer schwarzer Ford Geländewagen – was hätte ein Amerikaner auch sonst fahren sollen? »Einen Japaner«, meinte Teubner lapidar, als er neben Martin saß und ihm den Weg nach Nordosten aus der Stadt wies. »Die kaufen alles in Japan – neuerdings in China.«
    Mit Teubner im Wagen fühlte Martin sich wesentlich wohler. Er bekam gesagt, wohin er zu fahren hatte, und konnte sich auf den Verkehr konzentrieren. Es war entspannend, nicht alles selbst entscheiden zu müssen. In der Stadt fuhr man gesittet, aber kaum hatten sie die Außenbezirke erreicht, ging der Tanz los. Was er am Straßenrand sah, schockierte ihn heute weniger als auf der Fahrt nach Constanţa, er nahm die Armut wahr, den Verfall und das Neue, die Aldi- und Obi-Architektur der Vorstadt.
    Der Verkehr war heftig, die Schnellstraße ging in eine Landstraße über, und die bestand nur aus zwei Spuren sowie einer Standspur auf jeder Seite. Martin grauste bei riskanten Überholmanövern, ihn schauderte, wenn jemand im letzten Moment vor dem Zusammenprall einscherte und ihn so schnitt, dass er heftig in die Bremsen treten oder auf die Standspur ausweichen musste, wo die Pferdewagen zockelten. Offenbar war er der Einzige, der sich sorgte, für Teubners Geschmack fuhr er zu langsam. Und kurz darauf klingelte Martins Mobiltelefon.
    Simion war dran. »Sie fahren mir zu langsam. Wir treffen uns im Hotel in Focşani.« Genau in diesem Moment überholte er, das Telefon am Ohr, wie Martin sah, dann war er weit voraus und rasch außer Sicht. Simion hatte keine Hemmungen,sich dem chaotischen Fahrstil anzupassen. Die typisch ruhige amerikanische Fahrweise der Highways, wie Martin sie kannte, war das nicht. Er wich entsetzt einem Lkw im letzten Moment aus, der ihm auf seiner Spur entgegenkam und ihn auf den Standstreifen zwang, was Teubner völlig kalt ließ.
    »Sie haben keine Nerven, Herr Bongers. Sie müssen sich anpassen.«
    Teubners Kritik an seiner defensiven Fahrweise war absolut überflüssig, andererseits war es für Martin geradezu eine Erlösung, dem Dolmetscher auf Deutsch zu antworten: »Mich anpassen? Das ist nicht mein Stil!«
    Es war ein Fehler gewesen, diesen Auftrag anzunehmen, nur war er nicht der Mensch, der ein gegebenes Versprechen brach. Die jüngsten Erfahrungen in den Ministerien hatten jedoch einen positiven Aspekt: Er war Charlotte nähergekommen; er verstand sie besser denn je und weshalb sie die Arbeit als Staatssekretärin im Ministerium für Entwicklungshilfe hingeschmissen hatte.
    »Was sind Sie so schweigsam geworden?«, fragte Teubner in die Stille des monotonen Brummens. Draußen zog eine fruchtbare Landschaft vorbei, rechts die Ebene der Walachei, links zeichnete sich im Glast des Mittags ein Höhenzug ab – die Ausläufer der Karpaten. Auf sie war Martin gespannt, es sollte ein wildes und schönes Gebirge sein, und an den südöstlichen Ausläufern wuchsen die besten Rebsorten.
    »Ich habe gestern meinen Großvater angerufen und ihn nach dem Wein gefragt, den Sie mir genannt hatten, nach dem Zodiac.« Teubner wollte reden.
    »Tatsächlich? Was hat Ihr Großvater gesagt?«
    »Er erinnert sich dunkel. Es sei lange her, meinte er, aber es hat mal einen Wein mit diesem Namen gegeben, in den Siebzigerjahren – in Zusammenhang mit einem deutschstämmigen Winzer. Er hat nur davon gehört, ihn aber nie zuGesicht bekommen. Die guten Tropfen waren den Bonzen vorbehalten. Das Volk, für das sie angeblich da waren, hat nie was davon gesehen, geschweige denn getrunken.«
    Nach

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