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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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vertrauliche Gespräche, und der Amerikaner war schmollend abgezogen.
    Ana Cristina war eine gut, ja sehr gut aussehende Frau, der die Männer im Hotel, inklusive des Personals, schmachtende Blicke hinterherwarfen. Sie war eine Augenweide, aber Martin interessierte es nicht im Geringsten. Die schönste Frau war Charlotte.
    »Der Russe ist zudringlich geworden«, hatte Ana Christina gesagt. »Früher haben wir sie auf Abstand gehalten, ich wusste nie, weshalb, heute weiß ich es. Seitdem die Grenzenoffen sind, seit sie meinen, unser Land aufkaufen zu können, fallen sie regelrecht ein. Und sie glauben auch, die Menschen kaufen zu können. Da haben sie sich getäuscht!« Stolz hatte sie ihren Kopf in den Nacken geworfen, das schwere schwarze Haar mit dem rötlichen Schimmer hatte dabei ihren Kopf umwölkt.
    Sie täuschen sich nicht, dachte Martin in Hinsicht auf die Russen. Er dachte an die dramatisch gestiegenen Preise der toskanischen Weine zum Beispiel. Wenn Antinori oder Barolo auf dem Etikett stand, zahlten Russen jeden Preis, beim Brunello war es nicht anders als bei den Bordelaiser Weinen. Wenn ein Russe oder eine Russin beim Einkaufen ein Röllchen Scheine aus der Tasche zog, bekamen alle Verkäufer leuchtende Augen; die Überheblichkeit der Neureichen stieß sie ab, aber ihr Geld nahmen sie gern.
    Martin hatte man noch kein entsprechendes Angebot in Bezug auf seinen Pechant gemacht, außerdem belieferte er nur einzelne Weinhändler und keine Großhändler. Damit behielt er einigermaßen die Kontrolle über seinen Wein. Das hatte bereits Gaston so gehalten, als Martin seine Weine auf dem deutschen Markt vertrieben hatte. Es bereitete mehr Arbeit, aber Charlotte und er waren sich darin einig.
    Charlotte – er hatte an sie gedacht, als sie am Morgen aufgebrochen waren, und er versuchte sie sich vorzustellen, wie sie in der Karawane von weißen Geländewagen mit den Experten der UN im Tschad unterwegs war   ... was für eine Katastrophe. Er konnte sie nicht erreichen, und sie hatte gestern nicht angerufen. Sie fehlte ihm, er hatte Sehnsucht. Auch fünf Jahre, nachdem er sie kennengelernt hatte, verzehrte er sich immer noch nach ihr. Wenn sie verreist war, dachte er beim Einschlafen an sie, stellte sich vor, wie sie neben ihm lag, ihr Kopf an seiner Schulter, und beim Aufwachen musste er feststellen, dass er auf ihrer Seite des Bettes lag und ihr Kopfkissen zerwühlt hatte. Zwei Wochenwar er mindestens noch in Rumänien unterwegs, bis er sie wiedersah. Der Flug nach Hause würde kurz sein, sie würde ihn am Flughafen erwarten   ... Außerdem konnte er Jacques und seinem Schwiegervater Jérôme nicht länger die Verantwortung für das Weingut aufhalsen, es war die Zeit der Blüte, und besorgt hatte er am Morgen wie immer den Wetterbericht für Saint-Émilion im Internet studiert und kurz mit seinem Schwiegervater telefoniert. Zu Hause war alles in Ordnung. Martin stellte überrascht fest, wie er die Tage zählte. Das hatte er bislang noch nie getan.
    Sicher hatte es nicht länger als eine Sekunde gedauert. Er hatte den entgegenkommenden Lastwagen spät gesehen; seit sie die Stadt Bacǎu hinter sich gelassen hatten, war die Strecke hügelig und voller Kurven. Als hinter dem Lastwagen ein zweiter hervorbrach und nicht wieder dahinter einscherte, sondern größer wurde und bedrohlich auf ihn zuraste, war Martin zuerst verblüfft, dann stellte sich schieres Entsetzen ein. Der zweite Lastwagen blieb auf der Überholspur – hier gab es keine Möglichkeit zum Ausweichen, kein Entkommen. Der Tod raste auf sie zu, Ana Cristina schrie, dann sah Martin die Lücke zwischen den Bäumen.
    Er schaltete jeden Gedanken ab, sah nur die Weide hinter der Lücke, und der Wagen raste zwischen den Bäumen hindurch, sprang über Ackerfurchen und zog eine breite Spur durchs hohe Gras, bis er im weichen Boden stehen blieb. Martin war völlig ruhig, er öffnete die Tür und setzte die Füße auf den Boden.
    Ana Cristina sah ihn bleich an. Beim Anzünden der Zigarette zerbrach sie ein Streichholz nach dem anderen, bis sie mit zitternden Fingern in ihrer ledernen Umhängetasche ihr goldenes Feuerzeug fand. Als sie etwas sagen wollte, winkte Martin ab, sie sollte verdammt noch mal den Mund halten, er wollte kein Wort hören, nicht ein einziges, das sagte er zwar nicht, aber es lag in seiner Geste. Das eben war keinMordversuch gewesen, aber da hatte der Fahrer seinen Tod im Straßengraben billigend in Kauf genommen.
    Ein Bauer zog sie mit

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