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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Geduld.
    »Was wollen Sie wissen? Wollen Sie wissen, dass hier mit etwa zweitausendeinhundert Sonnenstunden zu rechnen ist? Der traditionelle Cotnari ist weiß, es ist eine Cuvée. Sie setzt sich aus Rebsorten zusammen, die Sie in Deutschland nicht kennen werden. Grasă, Fetească Albă, Frâncuşă und Busuioacă. Die Weine werden meistens einzeln für sich gekeltert und ausgebaut und erst vor der Klärung vermählt, das heißt assembliert.«
    Martin war angenehm überrascht. »Wunderbar, dass Sie so viel von Wein verstehen, das macht die Arbeit leichter – und für uns angenehmer.« Er lächelte sie zum ersten Mal an, und sie lächelte dankbar zurück. In der Gesellschaft von Josef Teubner hätte er sich wohler gefühlt, mit ihm hätte er eine gute Zeit verleben und das Land kennenlernen können, zu Teubner hatte er rasch Vertrauen gefasst. Aber Ana Cristina gegenüber würde er distanziert bleiben. Wo sie herkam, was sie früher gemacht hatte und wie sie über die Dinge des Lebens dachte, ging ihn nichts an. Es war entspannend, dass sie ihre Ansichten über Sozialismus und Kapitalismus nicht vor sich hertrug.
    Während er ruhig den weit geschwungenen Kurven der Landstraße folgte – die Weingärten reichten hier bereits bis an die Straße, manche schienen aufgegeben, andere wieder waren in perfektem Zustand   –, fragte Martin sich, wo sie übernachten würden. Er hoffte, entweder heute Abend oder morgen früh wieder laufen zu können. Er brauchte das Laufen, es befreite ihn, sein Kopf wurde klar, er dachte dabei zwar an nichts Konkretes, aber bereits bei der Dusche danach merkte er, dass sich die Gedanken sortiert hatten, und mancher Knoten löste sich von allein. Den Versuch am Morgen hatte er nach einigen hundert Metern aufgeben müssen, anderenfalls hätten ihm die Straßenköter Focşanis die Waden zerfetzt, und mit einem Knüppel oder einem Stein in der Hand zu laufen und sich damit die Biester vom Leib zu halten machte wenig Freude.
    Schließlich bogen sie von der Hauptstraße ab, die weiter nach Iaşi führte, jetzt gab es nur noch eine schmale Allee, wie Martin sie aus Frankreich kannte und aus seiner Kindheit, von Sonntagsausflügen im Vogelsberg. Die schwarzen und mit Holzschindeln gedeckten Holzhäuser der Bauern und ihre finstere Armut gemahnten ihn daran, wo er sich befand. Dann tauchte links eine Kneipe auf, das Haus schien im Rohbau stecken geblieben zu sein, oder dem Besitzer war das Geld ausgegangen. Auf dem Schotterplatz davor parkten einige Wagen, Männer unterhielten sich an ihre Autos gelehnt, und um die schmutzigen Pfützen kurvten Jungen mit ihren Rädern. Es ging auf Feierabend zu, und die Männer trafen sich zum Bier hier, was Martin schmerzlich an seine Billard-Kneipe erinnerte. Daneben führte eine gerade Straße den leicht ansteigenden Hügel hinauf zum Kamm, rechts davon lag die Kellerei inmitten der Weinberge.
    Simion wartete vor dem Portal, der Amerikaner kam ärgerlich zur Fahrertür. »Zwei Stunden haben Sie mich warten lassen, ich hatte nicht einmal eine gute Ausrede, weshalb Sie nicht gekommen sind. Wieso haben Sie IhrMobiltelefon nicht eingeschaltet?« Dann stutzte Simion, er sah den Schmutz am Wagen, der über die Türen bis an die Scheiben reichte. »Was ist passiert?« Er blickte Ana Cristina an. »Dass Sie mir nicht unsere Schönheit in Gefahr bringen.« Er ging zu ihr und legte ihr den Arm um die Schultern, was sie lächelnd gestattete. »Alles okay?«
    »Ich glaube, unsere Dame kann ganz gut auf sich selbst aufpassen, wie wir gestern gesehen haben.«
    Simions Schmeichelei kam bei Ana Cristina besser an. »Mister Bongers hat in beispielhafter Weise reagiert. Wenn er nicht so gute Nerven hätte, dann   ... Er hat uns das Leben gerettet.« Ihr Englisch war ausgezeichnet.
    »War’s so schlimm?«
    »Unsinn«, sagte Martin, dem das Geschwätz auf den Geist ging. Seine Laune hatte sich in dem Maß verschlechtert, wie sich der Himmel zugezogen hatte. »Es gab nur einen Ausweg, und den habe ich genommen. Und Sie, Mister Marc, haben Sie uns die Arbeit abgenommen und bereits alle Weine verkostet? Wo ist das Protokoll?«
    Simion sah ihn entgeistert an. »Das meinen Sie nicht ernst, oder?«
    »Was wollen Sie?«, fragte Martin, dessen Laune auf den Nullpunkt sank. »Wollen Sie rumspielen oder ernsthaft mitmachen? Das Zeug dazu hätten Sie. In einer Woche mache ich einen guten Verkoster aus Ihnen. Also, sperren Sie die Nase auf, da kommen unsere Gastgeber.«
    Simion strahlte. Aber

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