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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Außerdem finden sich immer Menschen, die dabei helfen, die ein soziales Gewissenhaben, denen Ceauşescu nicht jede Art von Mitmenschlichkeit ausgetrieben hat. Aber unsere Gegenwart produziert leider genauso viele Wölfe, nur bellen die anders, leiser. Sie nennen das Wirtschaftswachstum, nachhaltige Entwicklung und Globalisierung. Früher kamen die Wölfe aus dem Osten, heute kommen sie von Westen.«
    Damit meint sie wahrscheinlich mich, dachte Martin. »Und wieso wollen Sie mir dann helfen?«
    »Vielleicht helfen Sie uns. Lucien war der Ansicht, dass Sie weder zu den Wölfen noch zu den Heuschrecken gehören.«
    Es war gut, dass er hinter ihr eine Treppe hinabging und sie sein Gesicht nicht sah. Er war sich längst nicht mehr sicher, ob er nicht doch im Auftrag gefräßiger Tiere unterwegs war.
    Er beobachtete die Studenten in der Cafeteria. Sie waren ärmlicher gekleidet als in Bordeaux, und sie waren ernster. Sie hatten weniger vor sich auf den Tellern, die Portionen waren kleiner, und manche teilten sich ein Stück Kuchen oder nippten am Kaffee der anderen.
    »Sie beobachten genau«, meinte Miriam, »doch der Augenschein trügt oft.«
    »Aber die Nase nicht«, entgegnete Martin und sah sie offen an.
    Sie lächelte zurück. »Haben Sie Kinder?«
    »Nein, aber ich habe . . .« Er stutzte, er hatte sagen wollen, dass er Gastons Kinder fast wie eigene betrachtete, besonders Daniel. Aber auch ihr gegenüber durfte er das Versteckspiel nicht aufgeben. »Ich habe einen Neffen und eine Nichte.« Er rührte mit dem Plastikstäbchen in seinem Kaffee, der hier, wie sogar in den besten Cafés, die Teelöffel ersetzte.
    »Aber Sie hätten gern Kinder gehabt?«
    »Ich nehme an, dass Sie welche haben, Madame Vasilescu.«
    »Zwillinge, sie sind zwölf Jahre alt, zwei Mädchen.«
    »Und was machen die den ganzen Tag ohne Sie?«
    »Vormittags sind sie in der Schule, und sonst ist mein Mann zu Hause.«
    »Er ist selbstständig, Freiberufler?«
    »Nein, arbeitslos.« Ihr schien der Nusskuchen heute nicht zu schmecken.
    »Alle reden davon, dass ein Mangel an Arbeitskräften besteht.«
    »Das gilt nur für Menschen, die nicht mitdenken. Nur Linientreue wird belohnt.«
    »Und was ist mit Ihnen? Bequem sind Sie nicht gerade.«
    »Werden Sie nicht zu persönlich? Wir sollten aufbrechen, um meinen Freund zu besuchen und mit ihm weiterreden. Ich kann mich nur zwei Stunden freimachen. Wir wollen zu Dan, er wird sich freuen . . .«
    Mit ihrer Hilfe gelangten sie innerhalb von fünf Minuten zu Martins Wagen und in einer halben Stunde zu Dan. Unterwegs kamen sie an einer Synagoge vorbei, »der einzigen von hundertsiebenundzwanzig im Land, die unsere Vorfahren stehen gelassen haben.« Die Art, wie Miriam es vorbrachte, verriet mehr Unverständnis als Abscheu.
    »1941 hat es hier das erste große Massaker gegeben, achttausend Juden haben sie umgebracht, sie wurden im Hof des Polizeipräsidiums zusammengetrieben und erschossen, einfach so, und die Bevölkerung hat mitgemacht, nicht die Gestapo, sondern sogenannte einfache Leute. Eine gleich große Gruppe wurde auf Viehwagen verladen und so lange in der Gegend herumgefahren, bis alle darin tot waren. Es wurde verbreitet, dass die Juden für die Bombardierungen der Stadt durch die Russen verantwortlich seien – dabei hat Rumänien Russland angegriffen, zusammen mit den Nazis. Mich ärgert es, wenn es heißt, die Deutschen hätten   ... Alle waren dabei, in ganz Osteuropa. Rumänen haben hundertsechzigtausend Juden ermordet – kann man das verstehen? Können Sie das verstehen? Nein. Hundertsechzigtausend? Das ist nur eine Zahl, und Zahlen kann man nicht verstehen.Zahlen kann man nur addieren und multiplizieren   ... so wie ich in meinem Beruf mit Zahlen hantiere. Sagt man das so, mit Zahlen hantieren?«
    Dan, ein glatzköpfiger Mittfünfziger, der sich Industrieberater nannte und sich mit kleinen Aufträgen über Wasser hielt, bestätigte weitgehend die Ansichten Luciens hinsichtlich der Verfahrensweise bei Landerwerb und Investitionsvorhaben. Es gab Fälle, die liefen völlig glatt, da war keinerlei Korruption im Spiel, niemand hielt die Hand auf.
    »Aber kaum sind staatliche Stellen im Spiel, beginnt der Ärger. Fußangeln, Selbstschussanlagen und Fettnäpfchen befinden sich überall. Sie müssen höllisch aufpassen, um nichts falsch zu machen. Wir Rumänen sagen nie Nein, aber wir sagen auch nie Ja. Man merkt es am Klang und daran, ob es funktioniert. Bis zu einem gewissen Punkt läuft alles

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