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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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tatsächlich wissen, was ich davon halte. Und mir war’s vollkommen piepegal. Was ich ihm so nicht sagte, man wirkt ja schnell kalt und lieblos, wenn einem so etwas Wichtiges egal ist. Aber Kinder sind mir nicht sonderlich wichtig, also, ich glaube derzeit nicht, dass ich eins will. Ich sagte ihm, das müsse er wissen. Aber er hatte wohl erwartet, ich würde ihm leidenschaftlich abraten, er wirkte irgendwie enttäuscht. Wir aßen und tranken, und dann wollte er noch mal, aber ich war sowas von nicht mehr in Stimmung. Aber ehrlich gesagt, so richtig in Stimmung war ich bei Felix schon lang nicht mehr. Ich fand den einmal unglaublich toll, aber jetzt kann ich nicht einmal mehr genau sagen warum. Jetzt ist er gerade noch besser als gar keiner.
    Als Felix weg war, hab ich sofort mein iPhone gesucht, aber da war nichts, keine Nachricht. Am nächsten Tag auch nicht und nicht am übernächsten. Ich hab John natürlich auf Facebook ausgecheckt, und es gibt ihn tatsächlich. Also, es gibt mehrere, aber er war leicht zu identifizieren. John Gruber, Netzwerk Austria, und ein Profilfoto von ihm, auf dem er die Haare sehr schön hat. Zu schön, wenn du mich fragst. Hat ungefähr  400 Freunde. Aber ich habe ihm keine Freundschaftsanfrage geschickt. Ich meine, wozu? Damit ich ihm dabei zuschauen kann, wie er sich nicht für mich interessiert und mich vergessen hat? Soll ich vielleicht Statusmeldungen mit versteckten Hints schreiben, die er dann ignoriert oder gar nicht bemerkt? Bloß nicht. Ich habe das bei Jürgen gehabt, es war immer schmerzvoll, ihn online zu sehen, ohne dass er mich jemals angechattet hätte. Oder mir eine Nachricht schickte. Oder irgendetwas von mir kommentierte. Es war furchtbar, immer zu wissen, was er tut, wo er ist, mit wem er redet, wohin er fährt, wen er trifft, Jürgen schreibt da ja jeden Scheiß rein. Und es ist mir immer noch nicht ganz gleichgültig, wenn ich ihn online sehe, ich hab ihn drei Mal verborgen und dann doch wieder hervorgeholt, aber jetzt ist er endgültig unsichtbar. Ich wollte das mit John auf keinen Fall. Und der würde ja wohl kaum hineinschreiben, wie es ihm geht, also ehrlich. Aber ich habe mir seine Fotos angesehen, die hat er für Fremde nicht gesperrt: Ein paar von irgendeinem Strand, schönes Haus, Olivenbäume, Kinder, andere Leute, sah nach Familie aus. Und viele mit ausgestrecktem Arm geknipste Selbstporträts, ein paar davon mit Freunden zusammen, auch Frauen, und auf zwei oder dreien sieht er hübsch bedient aus, meine Herren. Aber geaddet habe ich John nicht. Er mich auch nicht.
    Er ließ überhaupt nichts hören. Ich meine, ich verstand das; er hat vermutlich Krebs und hat hoffentlich etwas dagegen unternommen. Ich dachte mir sowieso, dass der meistens was anderes im Kopf hat als eine Frau, mit der er zufällig einmal geschlafen hat. Das wird dem, dachte ich, im Moment ziemlich egal sein. Und ich wollte, dass es mir auch egal ist, aber ich hatte nicht so viel, das mich gerade beschäftigte, und es war mir einfach lange nicht egal. Ich machte mir Sorgen um ihn. Und ich dachte die ganze Zeit: Das ist nicht vorbei. Das ist noch nicht vorbei. Ich konnte mit Felix überhaupt nicht mehr schlafen, ohne an John zu denken. Irgendwann ließ ich es sein, auf eine Nachricht zu warten. Und dann dachte ich nicht mehr so oft an ihn. Und dann fast gar nicht mehr. Und an einem Tag dann praktisch kein einziges Mal. Und glaubst du’s, am nächsten Morgen hatte ich eine SM S von ihm, abgeschickt um  4  Uhr  22 in der Früh: miss u, john aus wien.
    Ich konnte es nicht fassen. Die spüren das, die Kerle, wenn man sie endgültig wegräumt, das kriegen die irgendwie spitz, und das geht dann natürlich gar nicht. Mein Impuls war antworten. Aber ich rief erst Ruth an, und Ruth sagte, auf keinen Fall. Auf keinen Fall antwortest du dem jetzt. Der hat dich so lange ignoriert, den ignorierst du jetzt auch, dem antwortest du unter keinen Umständen, das hast du nicht nötig. Schon klar, aber ich war so froh, dass der noch da war, und ich wollte ihm sagen: Ich bin auch noch da, ich wollte, dass er aufwacht und eine Nachricht von mir auf seinem Handy findet und sich freut und froh ist, dass er sich für seinen besoffenen Kontrollverlust nicht zu genieren braucht. Plus er ist krank ... Ich bin uncool in diesen Dingen. Aber Ruth sagte, diesmal nicht. Ruth hatte frei und wir saßen schon am Vormittag im Galão und tranken Gemüsesäfte und ich war saunervös, ich weiß auch nicht, warum der mich

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