Grün. Le vert de la Provence
Sophie verweigerten ihm den Kontakt zu ihr.
Fährte im Dickicht
„Wo stecken die Köter?“ Adrien Grimaldi strich das
schweißnasse Haar aus der Stirn. Aus dem Dickicht hörte er entfernt das
langgezogene Jaulen, das die Hunde bei der Jagd anschlugen. Vielleicht hatten
sie die Spur eines Hasen aufgenommen und hetzten das Tier jetzt durch das
Unterholz. Vielleicht hatten sie aber auch eine Wildsau oder einen Eber
entdeckt. Adrien fluchte. Wenn sie ein Wildschwein in seine Richtung trieben,
wäre das ein echtes Problem, jetzt, wo er keine Flinte dabei hatte und allein
auf diesem Parkplatz war. Dabei hatte er nur angehalten, weil der alte Eric
pissen musste. „Der Köter hat es wie ich an der Prostata, muss laufend pissen,
ohne dass dabei richtig was rauskommt. Scheiß Alter!“
Der Hund hatte so erbärmlich gewinselt, dass Adrien
schließlich angehalten und die Hunde von der Ladefläche des Toyota
heruntergelassen hatte. Der alte Eric hatte nur kurz das Bein gehoben, dann
waren sie sofort losgerannt. Der junge Flou-Flou voran, Eric hinterher.
Flou-Flou – wer war bloß auf diesen schwachsinnigen Namen gekommen? Bestimmt
die Enkel. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, aber plötzlich hatte der
Hund Flou-Flou geheißen. Eric war ein guter Name für einen Jagdhund. Kurz und
scharf, man konnte ihn in den Wald hineinbrüllen, aber Flou-Flou, das kam nur schwer
über die Lippen. Jetzt rief er beide Namen, hörte aber weiterhin nur das
Jaulen. Die Hunde bewegten sich dabei aber nicht von der Stelle. Irgendetwas
mussten sie entdeckt haben, was nicht vor ihnen floh. Eric war alt und langsam
geworden, konnte auch nicht mehr so gut die Spur aufnehmen wie der junge Hund,
aber er war schlau und erfahren. Ein exzellenter Jagdhund, dem kaum eine Beute
entwischte. Wenn der Hund jetzt auf sein Rufen nicht hörte, musste er wohl oder
übel den beiden ins Dickicht folgen. Es war bei der Hitze schon kaum
erträglich, unbeweglich im Auto zu sitzen. Der Gedanke daran, den Berghang
hinunter den Hunden zu folgen und wieder hinaufzuklettern, war für Adrien ein
Albtraum. Aber es half nichts, die Hunde würden von allein kaum zurückkommen.
Vom Parkplatz aus führte ein schmaler Trampelpfad ins
Dickicht. Er kannte den Weg und war ihm bei der Jagd schon einige Male hinunter
in das Tal gefolgt. Tatsächlich waren es ausschließlich die Männer aus der
Umgebung, die den Pfad beim Jagen in das Buschwerk getreten hatten. Allerdings
lebten nicht mehr viele in den Dörfern entlang der alten Passstraße, die noch
körperlich zur Jagd in der Lage waren. Die Orte entvölkerten sich nach und
nach, die Höfe verfielen. Seit die neue Straße den Marktflecken Prades mit der
Ebene verband, war die ganze Gegend entlang der alten Route vom Rest der Welt
abgeschnitten. Ein vergessenes Land, mit vergessenen Käffern und vergessenen
Menschen. Nicht einmal die Engländer, Niederländer oder Deutschen, die sonst
jede noch so verfallene provenzalische Ruine zu Höchstpreisen kauften, hatten
an den alten Häusern Interesse.
Er selbst war auf den elterlichen Hof seiner Frau in der
Ebene gezogen und hatte den Weinbau dort übernommen. Sein eigener Hof hier oben
am Pass stand leer. Gelegentlich, wie an diesem Tag, fuhr er hinauf, um die
Gebäude zu inspizieren, immer in der Hoffnung, dass sie eines Tages doch noch
als Urlaubsimmobilien einen finanzstarken Abnehmer finden würden.
Die Stelle, an der er gehalten hatte, war ideal geeignet
für die Jagd und auch ohne Allradfahrzeug gut zu erreichen. Unterhalb gab es
eine kleine Sumpfstelle, die Wildschweinen als Suhle diente und die in den
trockenen Monaten alle Waldtiere anlockte. Dort erlegtes Wild konnte
verhältnismäßig einfach zurück zu einem parkenden Fahrzeug gebracht werden. Er
hatte hier schon einige Wildschweine erlegt und einen beachtlichen
Fleischvorrat damit geschaffen. Allerdings war er nie bei einer dermaßen
unerträglichen Hitze hier unterwegs gewesen. Unter seinen Füßen krachten dürre
Zweige und vertrocknetes Laub, selbst das Moos hatte eine brüchige, völlig
verdorrte Konsistenz angenommen. Ein einziger Funke, ein winziges Stückchen
Glas könnte diesen Zunder in ein flammendes Inferno verwandeln, das in
kürzester Zeit den Berg, ja die ganze Region zu einer Aschelandschaft werden
ließe. Adrien schauderte bei dem Gedanken, von einer Feuersbrunst überrollt zu
werden.
Das Jaulen der Hunde kam von einer Stelle, die vielleicht
zwanzig Meter tiefer lag als das Niveau der Straße. Der
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