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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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zu der Stelle gezogen, an der sie gefunden wurde. Hinterkopf, Nacken
und Schultern sehen übel aus. Sonst gibt es keine Abschürfungen, was darauf
schließen lässt, dass sie zu dem Zeitpunkt noch bekleidet war.“ Er zeigte mit
dem Stift auf kreisrunde Druckstellen und kurze, längliche Abschürfungen an den
Fußknöcheln. „Hier hat jemand kräftig zugepackt. Die Abdrücke zeigen ein
deutliches Rillenprofil und wir haben Abrieb von Gummi gefunden, beides vielleicht
von Gartenhandschuhen. Die Tote ist energisch und mit viel Kraftaufwand gezogen
und am Fundort entkleidet worden.“
    „Todeszeitpunkt?“
    „Schwer zu sagen. Bei den Temperaturen gelten andere
Gesetzmäßigkeiten als sonst. Vermutlich wurde sie gestern am Vormittag getötet.
Wir haben Spuren von Staub an ihren Knien gefunden. Die könnten sich in die
Haut eingedrückt haben, als sie zu Boden fiel. Dies könnte uns Anhaltspunkte
für den Tatort geben. Ich gehe davon aus, dass sie nicht weit transportiert
worden ist, sondern wahrscheinlich vom Tatort direkt zur Fundstelle gezogen
wurde.“
    „Fingerabdrücke?“
    „Derzeit noch nichts! Wie frisch gebadet. Alles, was wir
jetzt schon konkret über sie wissen, ist, dass die Brüste das Werk eines
talentierten Chirurgen sind, und dass sie wenig Sport getrieben, dafür aber
eine tadellose Figur gehabt hat.“
    Vidal strich sich mit den Fingern genervt durchs Haar.
„Blutgruppe? DNA? Krankheiten? Gefärbte Haare? Operationsspuren? Hautreste vom
Täter unter den Fingernägeln? Falsche Zähne? Nagellack?“
    Der Pathologe hob abwehrend die Hände. „Ich habe die
Leiche erst seit einer knappen Stunde hier! Sie bekommen die Daten so schnell
es geht.“
    Vidal nickte missmutig, drehte sich um und ging. Er fuhr
in die Rue Saint Roch und blätterte den Stapel Papiere durch, der sich auf
seinem Schreibtisch angesammelt hatte. Die Tote war bislang nicht als vermisst
gemeldet, es gab noch keine Zeugen und keine Sachverhalte, die mit dem Mord
auch nur ansatzweise in einen Zusammenhang zu bringen waren. Spätestens am
Abend müssten sie der Presse etwas zu dem Mord berichten. Aber was? Die
Öffentlichkeit verlangte umgehende Klärung und die Sicherheit, dass dies ein
einmaliges Verbrechen war, dass der Täter bereits gefunden und für niemanden
mehr etwas zu befürchten war. Davon waren sie noch sehr weit entfernt. Immerhin
boten die Medien eine Möglichkeit, das Gesicht einer toten jungen Frau zu
zeigen, die irgendjemandem aufgefallen sein musste. Sie war zu attraktiv
gewesen, um übersehen zu werden: in Hotels, Clubs, Restaurants, Boutiquen. Jede
kleine Information würde sie weiterbringen, bislang traten sie allerdings auf
der Stelle.
    Er selbst hatte Adrien Grimaldi eine Stunde lang intensiv
verhört, dabei aber keinerlei verwertbare Information erhalten. Mehr und mehr
war der Alte von seinem Erlebnis eingeholt worden. Der Schock stellte sich bei
ihm mit Verzögerung ein, dafür aber sehr nachhaltig.
     
    Vidal trommelte eine Weile leise mit den Fingern auf die
Schreibtischplatte und starrte auf das Fenster, durch das dumpf der Verkehrslärm
drang und sich mit dem monotonen Brummen des Ventilators verband, den er neben
seinen Arbeitsplatz aufgestellt hatte.
    Auf seinem Schreibtisch lag noch die dünne Akte des Falls
Baumann. Die Witwe hatte ihn am Vorabend überraschend angerufen und berichtet,
dass die Hausangestellten den Toten in den Pool geworfen hätten, um es wie
einen Unfall aussehen zu lassen und ihr die Wahrheit zu ersparen, dass ihr Mann
beim Fremdgehen einem Herzinfarkt erlegen war. Tatsächlich war im Laufe des
Tages die Haushälterin im commissariat central erschienen, um diese
Aussage zu bestätigen.
    Geschlechtsverkehr mit Todesfolge, schrieb er in die Akte
und gab sie einem jungen Kollegen. „Sieh bitte durch die Unterlagen, ob noch
irgendwas unternommen werden muss. Wenn nicht, sorg dafür, dass die Leiche für
die Überführung nach Deutschland freigegeben wird.“ Der Kollege sah nur kurz
auf und nahm dann die wenigen Papiere aus der Akte und blätterte sie durch.
„Sehr spannend!“, sagte er. „Da hätte ich auch gleich Altenpfleger werden
können.“
     
Beunruhigende Nachricht
    Anselm ging zum dritten Mal an den Regalen in der
Bibliothek entlang, Buchrücken um Buchrücken betrachtend. „ A Curious Herbal fehlt”, sagte er zu Valerie. Sie war ihm außergewöhnlich unkonzentriert
erschienen, als er in die Bastide zurückgekommen war. Jetzt schien sie
aufmerksamer zu verfolgen, was er

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