Grün. Le vert de la Provence
nicht richtig? Was machst du
da? Mann, Baumann ist grade mal vier Tage tot und du besuchst seine Witwe.
Fickst du sie?“
„Quatsch! Sie hat mich gebeten, ihr bei einigen Dingen
hier zu helfen. Es scheint ziemlich problematisch zu sein, einen Toten von
einem EU-Land ins andere zu verfrachten. Ich bin Dienstag hier angekommen. Wie
läuft es im Verlag? Großes Entsetzen?“
„Großes Chaos, wenn du es genau wissen willst. Dort ist
sofort der Kampf um Eds Nachfolge entbrannt. Und um seine Autoren. Die lieben
Mitbewerber haben nicht lange gezögert, die Wackelkandidaten, die nur Eds wegen
dem Verlag die Treue gehalten haben, anzubaggern. Die ersten sind bereits
abgesprungen. Dazu dreht langsam auch die Journaille voll auf. Die wildesten
Spekulationen um Eds Tod machen die Runde. Im Verlag werden alle permanent um
Statements und Interviews angefragt.“
„Wer macht dort das Rennen?“
„Alles ist offen. Formal ist das zunächst geregelt, aber
Eds Tochter hat den Handschuh geworfen. Die hatte am Dienstag dort einen
gigantischen Auftritt. Es gab einen Riesenkrach, der mit einem Eklat endete.
Man hat ihr Hausverbot erteilt. Daraufhin ging nachmittags ein Anwaltsschreiben
ein, dem, soweit meine Informationen reichen, später noch eine einstweilige
Verfügung folgte. Die Mitarbeiter sind die Doofen, die nicht wissen, was sie
erwartet. Ich weiß es auch nicht! Die Verlagsleitung und die Gesellschafter
führen ihren Krieg unter sich. Was plant Valerie?”
„Zunächst nur, Eds Leiche zu überführen und ihn in Köln
zu beerdigen. Mehr konnte ich von ihr nicht erfahren.“
„Was ist das Problem mit der Leiche? Hier heißt es
offiziell, er sei an einem Herzinfarkt gestorben. Es gibt aber auch Gerüchte
ohne Ende. Es wird sogar Mord in mehreren Spielvarianten kolportiert, und Sex.
Und du bist da jetzt mittendrin. Genaugenommen beneide ich dich. Muss spannend
sein. Und dann noch mit Valerie in einem Haus. Krimi live!“
„Das Ganze ist eher bedrückend als spannend. Weiß man,
was Eds Tochter jetzt macht? Ich meine, hat jemand Kontakt zu ihr? Ich würde
gerne einige Dinge mit ihr besprechen, sie ist schließlich als Tochter seine
nächste Verwandte. Hast du zufällig ihre Telefonnummer?“
„Die Telefonnummer habe ich nicht, kann ich aber in
Erfahrung bringen. Heimlich! Offiziell ist es den Mitarbeitern untersagt, mit
ihr Kontakt zu halten. Seit ihrem Auftritt im Verlag hat auch keiner mehr etwas
von ihr gehört. Nicht mal die Medien haben sie vors Mikro oder vor die Kamera
gekriegt. Vermutlich haben ihre Anwälte ihr zur absoluten Zurückhaltung geraten.
Ich rufe dich an.“ Der letzte Laut, den Anselm hörte, war ein zischendes Atmen,
dann war die Verbindung beendet.
Freitag, 20. August
Stochern im Nebel
„Wir haben brauchbare DNA an der Toten gefunden! Kleine
Spuren von Haut unter einem Fingernagel und Abrieb von Hautfett am Nacken.
Beides von unterschiedlichen Personen“, Vidal zog eine müde Grimasse. Gauthier
hatte um zwei Uhr morgens das Kommissariat verlassen, war nach Hause gefahren,
hatte einige Stunden geschlafen, geduscht und war dann wieder zurückgekommen.
Vidal hatte die Nacht im Kommissariat verbracht. Gauthier fand, er sähe aus wie
ein Penner. „Schon Zeugen?“, fragte Gauthier.
„Nichts. Wenn sie jemand erkannt haben sollte, möchte man
das offensichtlich nicht an die große Glocke hängen. Wir haben aber
mittlerweile schon eine ganze Reihe von Details. Es konnten Spuren von Koks
festgestellt werden, sie hat am Morgen ihrer Ermordung zum Frühstück Tee
getrunken und ein Stück Baguette mit Diätmarmelade gegessen. Himbeere. Die
Nacht muss aufreibend gewesen sein, an den Füßen gibt es leichte Schürfspuren
und Druckstellen, die auf langes Tanzen hinweisen. Sie hatte noch relativ viel
Alkohol im Blut und wird vermutlich nicht lange geschlafen haben, bevor sie das
Date mit ihrem Mörder hatte.“
„Vielleicht hat der ja mit ihr zusammen die wenigen
Stunden geschlafen? Gab es Spermaspuren?“
„Sie hat, wenn, ein gut funktionierendes Bidet und ein
Calvin-Klein-Duschgel benutzt. Keine Spermaspuren. An ihrem Hals fehlt eine
Kette mit Nickelanteilen. Modeschmuck also. Und sie hat geraucht. Viel zu viel
sogar. Und, ach ja, sie war naturblond.“
„Bleibt die Frage, was sie zu dieser desolaten Stelle am
Pass geführt hat? Und wie sie dort hingekommen ist? Und mit wem?“
„Ich war nach der Pressekonferenz noch einmal da oben.
Das ist wirklich der Arsch der Welt. Und gut gewählt für
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