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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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nun
einmal.“
    „Verständlich. Aber was wird jetzt aus dem Verlag?
Bleibst du in Köln oder wird Eds Tochter dort die Frau Baumann, die den Verlag
repräsentiert?“
    „Ich bin Französin und Deutschland ist mir immer etwas
fremd geblieben. Ich denke, ich werde auf lange Sicht hier bleiben. Vielleicht
eröffne ich eine Galerie oder einen Antiquitätenhandel. Mal schauen.“
    „Magst du was essen?“, fragte Anselm, das Thema beendend,
„ich mache mir Sandwichs.“
    „Ja, sei so lieb.“ Valerie hatte wieder ein leichtes
Gurren angeschlagen. Die Coolness der ersten Tage war aber einer Unsicherheit
gewichen, die sie kaum verbergen konnte. Mehrmals erwähnte sie ihre Migräne,
während beide auf der Terrasse die Sandwichs aßen. Nach dem letzten Bissen
stand sie unvermittelt auf. „Ich muss mich hinlegen.“ An der Terrassentür
drehte sie sich noch einmal um. „Was machst du morgen?“
    „Ich fahre nach Avignon. Vielleicht kann ich etwas mehr
über die verschwundenen Bücher in Erfahrung bringen. Und ich will versuchen,
einen der Kontakte ausfindig zu machen, die in Eds Moleskineaufgelistet
sind.“
    „Nimmst du mich mit? Ich glaube, ich kann momentan nicht
gut allein in diesem Haus sein.“
     
    Anselm blieb nach dem kleinen Imbiss noch eine Weile auf
der Terrasse sitzen, ging dann aber schließlich hinein. Noch einmal sah er sich
die Bibliothek an und versuchte, Eds Vorlieben zu ergründen. Das komplette
Verlagsprogramm war dort wie eine Werbepräsentation ausgestellt, zudem sehr
viel Literatur und Bildbände über die Provence und aus der Provence. Eine ganze
Reihe von Büchern bezog sich auf die Vichy-Zeit und die ersten Nachkriegsjahre.
Eine klare Präferenz war aber nicht zu erkennen. Schließlich ging er in sein
Zimmer und zappte lustlos durch das französische Senderangebot.
    Die Fernsehprogramme waren allesamt wenig erheiternd. Er
verharrte bei einer Nachrichtensendung, in der sekundenlang Kommissar Vidal auf
einer Pressekonferenz zu sehen war. „Gibt es schon Hinweise auf den Täter?“
„Nein.“ „Weiß man etwas über das Opfer?“ „Eine junge Frau, Anfang zwanzig,
blond, circa einsachtundsiebzig. Vermutlich keine Französin. Wir versuchen
fieberhaft, ihre Identität zu klären. Interpol ist eingeschaltet. Es gibt eine
Sonderkommission. Mehr steht zur Stunde nicht fest.“ Ein Foto wurde eingeblendet
mit dem Porträt der Frau, post mortem aufgenommen und stark retuschiert, um
einen möglichst lebensnahen Eindruck zu vermitteln. Die Moderatorin sprach zu
dem Beitrag einen Abspann. Die Bevölkerung sei aufgerufen, etwaige
Beobachtungen, die mit dem Fall der Toten, die an der alten Passstraße zwischen
Prades und der Ebene gefunden worden ist, in Zusammenhang stehen könnten,
direkt der Police nationale in Avignon zu melden.
    Die Fernsehnachricht traf Anselm wie ein Schlag. Eine
junge Frau, die ganz und gar Eds Beuteschema entsprach, war ermordet und nur
wenige Kilometer von der Bastide entfernt aufgefunden worden. Bedrückender war
sogar noch, dass die Frau auch der Beschreibung entsprach, die Valerie von Eds
Tochter gegeben hatte. Für einen Zufall waren die Fakten zu überwältigend.
    Von der Halle her hörte er jetzt leise Schritte von
nackten Füßen auf Steinfliesen. Er lauschte einen Moment, ob die Schritte sich
nähern würden, das Geräusch verstummte aber. Hatte Valerie die gleichen
Nachrichten gesehen und war zu ihm geschlichen, um seine Reaktion zu
belauschen? Er öffnete die Tür, sah aber keine Valerie. Hatte er sich die
Geräusche eingebildet?
    Was wäre, wenn es sich bei der Toten tatsächlich um Eds
Tochter handelte? Er wäre dann mitten in einen Mordfall verstrickt, allein mit
der Witwe seines vor vier Tagen auf mysteriöse Weise ums Leben gekommenen
Verlegers in dessen Haus. Wäre Valerie zu einem Mord an ihrer Stieftochter
fähig? Konnte sie töten? War Eds Tod vielleicht auch kein Unfall gewesen? „Ich
muss dringend mehr Fakten haben“, murmelte er zu sich selbst. Einen
verlässlichen Zugang zu solchen Informationen konnte Thomas Engler bieten, Eds
Mann für alle Fälle. Der würde aber um diese Uhrzeit joggen, bevor er, von
beständiger Unruhe getrieben, in Clubs oder auf Partys ging.
     
    Tatsächlich erreichte er Engler in Bruchstücken
sprechend, zwischen denen hechelndes Luftholen erklang. Er war im
Stadtwaldgürtel von Köln unterwegs. „Wo bist du?“
    „Ich bin in der Provence“, antwortete Anselm, „bei
Valerie Baumann.“
    „Scheiße noch mal, tickst du

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