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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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in den Hals
stechen und versuchen, die Halsschlagader zu durchtrennen.“
    Sie klang sachlich, ruhig und distanziert. Es schien ihr
ernst zu sein. Offensichtlich hatte sie ihre Verteidigungsszenarien mehrfach
durchdacht und verinnerlicht. „Wann sind dir diese Überlegungen gekommen?“
    „Vorhin. Ich hatte grade Engler gebeten zu gehen, da
wurde mir klar, dass die Terrassentüren noch offen standen und ich allein war.
Von draußen waren Geräusche zu hören. Ich habe in dem Moment absolut damit
gerechnet, meinem Mörder zu begegnen.“
    „Und?“
    „Es war Alain. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht. Wir
haben geredet und mögliche Strategien entwickelt. Danach habe ich erst einmal
gekotzt vor Angst und mich dann für meine Verteidigung eingerichtet.“ Valerie
öffnete die Augen ganz. Anselm interpretierte aus einem leichten Heben ihrer
Augenbrauen, dass sie die momentane Situation ratlos machte. Er trat einen
Schritt nach vorn, auf ihr Bett zu, dann noch einen. Er bemühte sich, ganz
entspannt zu wirken.
    „Kannst du damit umgehen?“, fragte er mit einer
angedeuteten Kopfbewegung in Richtung der Flinte. Seine Frage sollte Erstaunen
ausdrücken, aber da gab es wieder einmal die Sprachbarriere und Valerie entnahm
der Frage etwas Bedrohliches.
    „Lass es nicht darauf ankommen.“ Sie ließ den Lauf der
Flinte hochschnellen, bis er in das Schloss einrastete und richtete dann die
Waffe blitzschnell auf Anselm.
    „Vorsicht, Vorsicht. Ich komm dir nicht zu nahe, wenn du
mir immer noch nicht glaubst, dass ich nicht der Mörder des Käsehändlers bin.“
Sie sahen sich unschlüssig an. „Willst du die Jagdsaison eröffnen und mich dann
ausgestopft über den Kamin hängen?“
    „Die Jagdsaison wurde schon vor einiger Zeit eröffnet!“
Valerie klang zynisch. „Die Jäger gierten nach Beute. Und ausgerechnet mein
Edgar war der erste, der der Gier erlag.“
    „Er erlag einer Blondine!“
    „Edgars bevorzugter Beute!“
    Wieder sahen sie sich schweigend an. Anselm realisierte,
dass er dehydriert war. Seit dem grauenhaften Kaffee im Kommissariat hatte er
nichts mehr getrunken. Er dachte an Wasser, an kaltes Bier und er wollte
endlich diese qualvolle Unterhaltung beenden. „Du hast meine Frage noch nicht
beantwortet.“
    „Ob ich sie erschossen habe? Was willst du hören? Dass
ich es nicht war, damit ich in deinen Augen eine der Guten bin? Oder möchtest
du dich lieber weiter gruseln, mit einer Mörderin geschlafen zu haben?“
    „Die Wahrheit!“
    „Mach dich nicht lächerlich! Ich habe die kleine Nutte in
meinen Gedanken so oft und so lustvoll getötet, dass ich es nicht einmal selber
sagen kann, ob ich sie erschossen habe, oder ob jemand anderes dies als eine
Facette seines teuflischen Plans gespielt hat. Ich weiß nur eines ganz genau:
Ich bin die Nächste, die er erschießt, oder der er die Kehle durchtrennt, oder
die er Gott weiß wie abschlachtet.“
    „Dann haben wir ja das gleiche Schicksal. Vidal hat mir
diese Perspektive nämlich auch eröffnet.“
    Valerie richtete sich auf, kreuzte die Beine und hockte
sich auf ihre Füße. Die Flinte legte sie auf das Bett, hielt aber weiter die
Hand am Abzug. „Soll ich dir glauben?“
    „Glaub, was du willst. Momentan bin ich aber deutlich zu
erschöpft, um dich zu vergewaltigen und zu töten. Wenn du weiter darauf
wartest, in mir den Killer zu entdecken, wirst du dich noch etwas gedulden
müssen. “ Er kratzte sich die Kopfhaut und zog eine entnervte Grimasse. „Und
außerdem habe ich den ganzen Tag lang noch nichts gegessen und ich verdurste
gleich. Nimm deine Knarre mit und komm mit nach unten. Dann reden wir beim Essen
weiter.“
    Valerie warf die Taschenlampe, ihre Turnschuhe, das
Messer und die Patronen in die Umhängetasche und schulterte die wieder
abgeknickte Flinte. Mit einem entschiedenen Handgriff zog sie den
Reißverschluss der Shorts hoch und sah Anselm aus weit aufgerissenen Augen an.
„Ich hatte eigentlich damit gerechnet, jetzt schon tot zu sein und mir ums
Essen deshalb weniger Gedanken gemacht. Also, gehen wir nach unten und geben
dem Killer eine Chance.“
     
    Anselm fragte nach Engler und war erstaunt, dass Valerie
ihn nicht sonderlich mochte. „Engler ist okay, ein wenig aufgesetzt, aber okay.
Und ein Genie als Berater. Er hat die wahnsinnigsten Ideen für erfolgreiche
Buchserien und Investments. Ed verdankt ihm unheimlich viel und ich auch. Es
war Englers Idee, meinen Kochbüchern einen mehr feuilletonistischen Stil

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