Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
Vom Netzwerk:
Access der Allgemeinheit zukommen lassen wollen. Einige der von ihm
entwickelten Verfahren wertete Seefelder als Genieleistungen.
    Einige kritische Anmerkungen in den Zeitungen zeugten vom
hohen Sachverstand der Autoren. Insgesamt waren die Beiträge aber eher positiv,
sie würden vor allem politische Freiräume schaffen. Die Wirtschaftsmedien
fokussierten auf die ökonomischen Fakten. SBT wurde seit langem als ein
möglicher Shootingstar am Parkett gehandelt. Nach den sensationellen
Lizenzverträgen der vergangenen Woche fieberten Anleger jetzt dem Börsengang
des Unternehmens entgegen.
    Den Erfolg verdankte SBT den gewaltigen Bioressourcen,
die in den vergangenen Jahren erschlossen werden konnten. Laufend wurden neue
Biopatente für isolierte Substanzen, die eine pharmazeutische Nutzung
ermöglichen könnten, angemeldet und zugelassen. Einige sehr vielversprechende
Zulassungen standen unmittelbar bevor, und dies sogar bei den kritischen
europäischen Patentwächtern. Sie hatten die Schlagzahl der Anmeldungen und
Zulassungsverfahren so erhöht, dass Gegner der Bioscience kaum mehr in der Lage
waren, wirklich substanzielle Einwände vorzutragen oder gar in öffentlichen
Protest münden zu lassen. SBT war gut aufgestellt, und dies langfristig und
weltweit.
    Die Erfolge des Unternehmens beflügelten auch First
International Pharma oder FIP, wie der Kurzname des Konzerns lautete, den
derzeit größten Abnehmer und Nutznießer der Lizenzen. In wenigen Stunden würde
die Börse in New York eröffnen, und sie hätten Klarheit, wie die Wall Street
FIPs Entwicklung nach den sensationellen Produktankündigungen in der
vergangenen Woche bewertete. Hongkong, Singapur und Tokio hatten sehr positiv
reagiert, Frankfurt, Paris und London waren zunächst zögerlicher gewesen, dann
waren die Kurse dort aber auch deutlich gestiegen.
    Christoph Seefelder gönnte sich nach der Lektüre dieses
Montagmorgens ein Lächeln. Er faltete die letzte Zeitung, die er
durchgearbeitet hatte, sorgfältig zusammen und widmete sich noch einmal der
Notiz, die ihn über Anselm Bernhards Besuch informiert hatte. Merkwürdiger
Name, dachte er, gar nicht so passend für einen Koch. Er würde Valerie anrufen
müssen. Überraschungsbesuche waren ihm zuwider und er hatte nicht das leiseste
Bedürfnis mit diesem Mann zu sprechen, selbst wenn der im Auftrag von Valerie
kam und vielleicht sogar ihr derzeitiger Liebhaber sein sollte.
    Er lächelte ein weiteres Mal, überzeugt davon, dass jeder
andere Mann nach ihm bei Valerie nur Bedauern auslösen könnte. Nachdem sie
seine Geliebte gewesen war, scheiterte auch Ed Baumann bei seinem Bemühen, mit
ihr zu schlafen. Überhaupt hatte der in den letzten Monaten eine eher klägliche
Rolle gespielt. Die diffuse Idee, das Wissen über heimische Heilpflanzen in
eine Stiftung einzubringen, die aller Welt diese Kenntnisse detailliert und
praktisch kostenfrei zur Verfügung stellen sollte, war eins dieser kläglichen
Unterfangen. Ed konnte oder wollte einfach nicht die enormen Chancen erkennen,
die erst in der systematischen und kontrollierten Nutzung des Potenzials lagen,
das heimische, bisher wenig bekannte oder falsch beurteilte Pflanzen boten.
Dabei hatte er doch Pauline Bouchet selbst entdeckt, ihr enormes Wissen erkannt
und ihn damit vertraut gemacht.
    Seefelder sann einen Moment über die derzeitigen Optionen
nach und beschloss dann, noch einmal seine Notizen über die Gespräche mit
Baumann und die Entwürfe für die geplante Stiftung durchzusehen. Der kurze
Eindruck, den er von Pauline Bouchets Aufzeichnungen gewonnen hatte,
rechtfertigte diesen Aufwand. Die Sammlung enthielt detaillierte Aussagen über
Heilpflanzen der Provence, zu deren Fundstellen, zur Gewinnung einzelner
Wirkstoffe, zu Rezepturen und deren Wirkung. Ein Kompendium der
Pflanzenheilkunde, das eine Fülle pharmakologisch nutzbaren Wissens enthielt.
Es wäre möglich, eine Vielzahl wirksamer Substanzen zu isolieren und mit der
nötigen strategischen Vorgehensweise zu patentieren.
     
Alain verliert Zeit
    Der Wald umgab ihn wie dunkle Mauern, die auf beiden
Seiten die enge Landstraße säumten. Hier fanden kaum zwei Fahrzeuge
nebeneinander Platz. Zwischen den Bäumen klammerte sich nach dem gestrigen
Unwetter, wattig und diffus, die Feuchtigkeit des Morgens. Eine unwirkliche
Szenerie und doch von atemberaubender Schönheit. Von dem schier
undurchdringlichen Urwald ging ein intensiver Duft modernden Holzes aus, der
die schaurige Stimmung dieser

Weitere Kostenlose Bücher